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Fibromyalgie-Syndrom, primäresM79.90
Synonym(e)
Definition
Oftmals schwierig zu diagnostizierende rheumatologische Erkrankung (Formenkreis: Weichteilrheumatismus), einhergehend mit diffusem, multilokulärem, chronischem Schmerzsyndrom mit typischen Schmerzpunkten (tender points). Meist vegetative oder funktionelle Störungen.
Vorkommen/Epidemiologie
Nicht auf bestimmte soziologische und ethnische Gruppen beschränkt. Ca. 0,7 bis 3,2% der Bevölkerung sind von dieser Krankheit betroffen. w:m=9:1; familiäre Häufung (genetische Dispostion + psychosoziale Aspekte); Risikofaktoren sind assoziierte rheumatische Erkrankungen (>50%)
Ätiopathogenese
Manifestation
Am häufigsten bei Frauen zwischen 30 und 60 Jahren aber auch bei älteren Patienten.
Lokalisation
Klinisches Bild
Starke Schmerzen im Bereich von Sehnen (insbes. an Tender points) und Muskeln. Schmerzen sind oft großflächig, können aber auch bei manchen Betroffenen punktgenau lokalisiert werden. Die Schmerzqualität wird häufig als reißend und ziehend beschrieben. Die Patienten haben oft das Gefühl, die schmerzhaften Weichteile seien diffus geschwollen; kleine Verdichtungen des Unterhautfettgewebes werden als schmerzhafte Knötchen empfunden. Häufig schwierige vegetative (kalte Akren, Xerostomie, Hyperhidrosis, Tremor) oder funktionelle Symptome (Schlafstörungen, Abgeschlagenheit, Dysästhesien, Migräne, Globusgefühl, Steifigkeitsgefühl, gastrointestinale Beschwerden, Atem- und Herzbeschwerden).
Fibromyalgie und Psoriasis-Arthritis (PsA): Alsawy N et al. (2021) stellten bei 38,3 % von 60 Patienten mit PsA eine Fibromyalgie fest. Andere Studien zeigten, dass die Prävalenz von Fibromyalgie bei PsA zwischen 17 % und 64 % liegt. PsA-Patienten mit Fibromyalgie sind überwiegend weiblich, und leiden häufiger unter einer symmetrischen Polyarthritis als Patienten ohne Fibrom yalgie. Auch weisen die Fibromyalgie-Patienten signifikant höhere Werte für Enthesopathien, eine schlechtere Schlafqualität, größere Müdigkeit und eine geringere Lebensqualität auf (Littlejohn GO 2021; Ulutatar F et al. 2021). Bei den objektiven Messwerten für die Krankheitsaktivität, wie dem C-reaktiven Protein, der Anzahl der geschwollenen Gelenke und der Anzahl der Daktylitis, werden jedoch keine Unterschiede zwischen den Gruppen nachgewiesen (Littlejohn GO 2021).
Diagnose
- Kriterien gemäß ACR: Schmerzsymptomatik in mindestens 3 Körperregionen (Unterteilung linke/rechte Körperseite, ober- und unterhalb der Gürtellinie) über mindestens 3 Monate mit 11 schmerzhaften von 18 getesteten Tenderpoints.
- Tenderpoints:
- Occiput bds. (Sehnenansätze der subocc. Muskeln)
- Ligamenta transversaria C5-C7 bds.
- M. trapezius am Schultersattel bds.
- M. Supraspinatus bds. am mittleren Rand der Spina Scapulae
- Knochen-Knorpelgrenze der 2. Rippe bds.
- Epicondylus lateralis Ellenbogen bds.
- Crista iliaca bds.
- Trochanter major bds.
- Pes anserinus an den Knien bds.
- Palpationen der Tenderpoints müssen mit großer Druckkraft (ca. 4 kg) ausgeführt werden. Der Patient muss zur Verifizierung eines positiven Tenderpunktes bestätigen, dass Schmerzen empfunden wurden. Zur Verifizierung des Fibromyalgie Syndromes kann der Befund durch die Palpation nicht druckschmerzhafter Kontrollpunkte erhärtet werden.
- Druckindolente Kontrollpunkte:
- Stirnmitte, 2 cm supraorbital
- Clavicula - Übergang laterales/mittleres Drittel
- Unterarmmitte, zwischen Speiche und Elle dorsal, 5 cm oberhalb des Handgelenks
- Daumennagel
- Thenarmitte (Daumenballen)
- M. biceps femoris (Mitte Oberschenkel)
- Tuber calcanei (Übergang von der Ferse zur Fußsohle).
Differentialdiagnose
Entzündliche und degenerative Wirbelsäulen- und Gelenkleiden wie Polymyalgia rheumatica
Myopathien
Chronic-fatigue-Syndrom
Pannikulose (knotige schmerzhafte Verhärtungen)
Pannikulitiden im Rahmen von Pankreaserkrnankungen oder einer Sarkoidose
Psychosen
Therapie
Schwierig zu therapierendes Krankheitsbild. Therapieansätze mit psychosomatischer Therapie, physikalischen Anwendungen und einer intensiven Patientenschulung stehen im Vordergrund.
Medikamentös können Antidepressiva (z.B. Amitriptylin 10-50 mg/Tag) eine Besserung bringen. Zur Schlafinduktion kann z.B. 1-2 mg Flunitrazepam (Rohypnol) gegeben werden.
Schmerztherapie (s.a. Stufenschema I-III der WHO): Bei schweren Schüben kann zusätzlich 1-2mal/Tag 40 mg Prothipendyl (Dominal forte) in Kombination mit Stufe I Medikamenten versucht werden.
Bei gastrointestinalen Nebenwirkungen Gabe von Cyclooxygenase (COX-2)-Inhibitoren ( Coxibe) anstelle von Stufe I Therapeutika, z.B. Celecoxib (Celebrex) 200-400 mg/Tag p.o.
Verlauf/Prognose
Naturheilkunde
Hinweis(e)
Literatur
- Alsawy N et al. (2021) Fibromyalgia in patients with psoriatic arthritis: impact on disease activity indices, fatigue and health related quality of life. Int J Rheum Dis 24: 189- 196.
- Doherty M, Jones A. (1995) ABC of rheumatology. Fibromyalgia syndrome. Br Med J 310: 386-369
- Ehrlich GE (2003) Fibromyalgia, a virtual disease. Clin Rheumatol 22: 8-11
- Littlejohn GO (2021) Fibromyalgia and psoriatic arthritis: Partners together. Int J Rheum Dis 24:141-143.
- Ulutatar F et al. (2021) Fibromyalgia in patients with psoriatic arthritis: relationship with enthesopathy, sleep, fatigue and quality of life. Int J Rheum Dis 24: 183- 188.
- Van Houdenhove B (2003) Fibromyalgia: a challenge for modern medicine. Clin Rheumatol 22: 1-5
- Fitzcharles MA, Boulos P (2003) Inaccuracy in the diagnosis of fibromyalgia syndrome: analysis of referrals Rheumatology (Oxford) 42: 263-267