Harnleitersteine N20.1

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Harnleitersteinleiden; Konkrement im Ureter; Ureterolithiasis

Definition

Harnleitersteine – auch als Ureterolithiasis bezeichnet – entstehen durch ein Steinleiden im Bereich der Niere. Sobald das Konkrement die Niere verlassen hat, tritt dieses in den Harnleiter ein und wird als Harnleiterstein bezeichnet (Manski 2019).

Einteilung

Vorkommen/Epidemiologie

Die Häufigkeit von Harnleitersteinen wurde im Jahre 1890 von Güterbock noch als ein seltenes Ereignis beschrieben. Morris fand nur 8 einschlägige Beobachtungen in der Londoner Pathologie und in der Sammlung des „Musée Dupuytren“ ist lediglich ein einziger Fall beschrieben.

Im Jahre 1956 zeigten Boyce et al. bei einer Krankenhausstudie in den USA, dass 0,1 % der Gesamtbevölkerung wegen eines Harnleitersteins stationär aufgenommen werden musste. 

Einer Studie in Uppsala und Stockholm von 1970 – 1975 zeigt bereits eine Inzidenz des Harnsteinleidens bei Frauen von 0,5 % und bei Männern zwischen 1 % - 3 % mit einer Rezidivquote von 42, 5 % bei Frauen und 42 % - 52 % bei Männern.

(Bach 2013)

Die Prävalenz des Nierensteinleidens liegt heutzutage zwischen 5 % (z. B. in Deutschland) und 15 % in Ländern mit heißem, trockenem Klima (dem sog. „Harnsteingürtel der Erde“). Das männliche Geschlecht ist etwas öfter als das weibliche Geschlecht betroffen (1,3 : 1). Näheres, insbesondere Risikofaktoren s. Nephrolithiasis (Herold 2020).

Ätiopathogenese

Pathophysiologie

Klinisches Bild

Harnleitersteine können zu einer akuten Kolik führen mit folgenden Symptomen:

  • plötzlich einsetzende stärkste auf- und abschwellende Schmerzen im Bereich der Flanke mit Ausstrahlung:
    • in den Oberbauch oder Rücken bei Obstruktion im proximalen Teil des Ureters 
    • in den Mittel- und Unterbauch bei Obstruktion am Beckenübergang des Ureters
    • in die Leiste, den ipsilateralen Hoden bzw. die ipsilateralen Schamlippen bei Obstruktion im unteren Bereich des Ureters
  • Hämaturie: bei 90 % besteht eine Mikrohämaturie, eine Makrohämaturie findet sich bei 1 / 3 der Fälle 
  • Dysurie
  • Pollakisurie (Manski 2019)
  • Blasentenesmen
  • motorische Unruhe des Patienten (typisches Symptom)
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • reflektorischer Subileus mit Stuhl- und Windverhalt (Kasper 2015)

Diagnostik

Mit Hilfe des Stone- Score lässt sich die Wahrscheinlichkeit für eine Kolik der Niere bzw. der ableitenden Harnwege berechnen:

  • Sex: männlich (2 Punkte)
  • Timing: kurze Dauer der Schmerzen (> 24 h: 0 Punkte, 6 – 24 h: 1 Punkt, < 6 h: 3 Punkte)
  • Origin: kein Farbiger (Farbiger: 0 Punkte, kein Farbiger: 3 Punkte)
  • Nausea: es bestehen Übelkeit bzw. Erbrechen (nur Übelkeit: 1, nur Erbrechen: 2)
  • Erythrozyturia: (Mikrohämaturie: 3 Punkte)

 

Auswertung (Moore 2014):

  • geringe Wahrscheinlichkeit bei 0 – 5 Punkten
  • moderate Wahrscheinlichkeit bei 6 – 9 Punkten
  • hohe Wahrscheinlichkeit bei 10 – 13 Punkten

 

Bildgebung

Sonographie

Das proximale Uretersegment lässt sich i. d. R. sonographisch noch beurteilen, tiefer sitzende Konkremente können aber nicht mehr dargestellt werden (Kasper 2015).

Röntgen 

In der Abdomenübersichtsaufnahme lassen sich Konkremente im Ureter oftmals darstellen. Die Abdomenübersicht wirdaber bevorzugt in der Therapiekontrolle bzw. Nachsorge eingesetzt, nicht so sehr in der Diagnostik (Seitz 2020).

Computertomographie

Die CT zählt im Rahmen der Diagnostik von Uretersteinen durch seine hohe Sensitivität und Spezifität zur sog. Standarddiagnostik (Seitz 2020).

Labor

Urinuntersuchung auf:

  • Mikro- oder Makrohämaturie
  • Leukozyturie
  • Nitrit
  • Protein
  • Glukose
  • Sediment (Bakterien, Kristalle)
  • Anlegen einer Kultur zur Keimdifferenzierung und Anlegen eines Antibiogramms
  • 24h- Sammelurin:
    • Harnsäure (bei Uratsteinen erhöht)
    • Kalzium (bei primärem Hyperparathyreoidismus erhöht)
    • Oxalat
    • Zystin
    • Phosphat
    • Dihydroxyadenin (DHA) bei Kindern 

(Herold 2020 / Schmelz 2006)

Blutuntersuchung(Herold 2020):

  • Blutgasanalyse
  • kleines Blutbild
  • Elektrolyte
  • CRP
  • Kreatinin
  • Harnstoff
  • Harnsäure
  • PTT und INR bei wahrscheinlicher Intervention (Seitz 2020)
  • Analyse abgegangener Konkremente

 

 

Differentialdiagnose

  • Nierenerkrankungen:
    • Tumoren im Bereich der ableitenden Harnwege und der Nieren (Sonographie)
    • ureterale Obstruktionen durch z. B. Blutgerinnsel, Strukturen (Sonographie)
    • Niereninfarkt (tritt am häufigsten bei Patienten mit Vorhofflimmern auf; es bestehen laborchemiscch eine Hämaturie, Proteinurie, sehr hohe LDL bei allenfalls geringen Veränderungen von GOT und AP; Diagnose durch Farbdopplersonographie
  • extrarenale Erkrankungen:
    • Appendizitis (meistens schleichender Beginn, Druckschmerz McBurney- Punkt, Temperaturdifferenz zwischen rektal, axillär)
    • stielgedrehte Ovarialzyste (Sonographie, gynäkologische Untersuchung)
    • Extrauteringravidität (Beta- HCG im Urin erhöht, Sonographie, gynäkologische Untersuchung)
    • Adnexitis (Sonographie, gynäkologische Untersuchung)
    • Hodentorsion (die Diagnose muss innerhalb von 6 h gestellt sein, da ansonsten ein Hodenverlust droht; Diagnose durch Farbdoppler)
    • Gallenkolik (Schmerzausstrahlung in die rechte Schulter, Sonographie)
    • Pankreatitis (Amylase und Lipase erhöht, Abdomen weich)
    • Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas (Ultraschall, CT- Angiographie [Debus 2018])
    • Ileus (beim mechanischen: auskultatorisch keine Darmgeräusche, eventuelle Bruchpforten ausschließen, Abdomen- Sonographie bzw. Abdomen- Röntgenaufnahme)
    • chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Anamnese) 
    • Mesenterialinfarkt [Kuhlmann 2015] (Alter, Serumlaktat erhöht, Blut bei der rektalen Untersuchung am Fingerling, Diagnose durch biphasische Kontrastmittel- CT)
    • Divertikulitis (Anamnese, abdomineller Tastbefund)
    • LWS- Syndrom 
    • lumbaler Herpes zoster 

 

Komplikation(en)

  • Harnwegsinfekt (HWI), da dieser zur Urosepsis führen kann. Beim HWI handelt es sich um die wichtigste und auch häufigste Komplikation (Herold 2020). Frühsymptome einer Urosepsis sind:
    • Tachypnoe (> 20 Atemzüge / min)
    • Tachykardie (> 90 Schläge / min)
    • Hyperthermie (> 38 ° C)
    • Hypothermie (< 36 ° C, in Abwechslung mit Fieberschüben) (Schmelz 2006)
  • Fornixruptur durch Drucksteigerung im Nierenbeckenkelchsystem (Herold 2020)
  • Harnstau
  • Urinom
  • Hydronephrose
  • Nierenabszess
  • Niereninsuffizienz bis hin zum Funktionsverlust der Niere  (Manski 2019)

Therapie

1. Spontanabgang eines Konkrementes:

Bei einer Steingröße < 5 mm (Herold 2020) sollte – unter regelmäßiger Kontrolle der Körpertemperatur und des Urins – der Spontanabgang abgewartet werden. In ca. 90 % gehen diese Steine spontan ab (Herold 2020).

Der Spontanabgang ist allerdings abhängig von der Lage der Steine (Schmelz 2006):

  • proximaler Harnleiter: 25 %
  • mittlerer Harnleiter: 45 %
  • distaler Harnleiter: > 70 %
  • Beschleunigung des Steinabgangs

Durch eine medikamentöse expulsive Therapie (MET) mit Alphablockern und Kalziumkanalblockern kann die Ausscheidungsrate erhöht und die Geschwindigkeit des Steinabgangs beschleunigt werden (Seitz 2020).

Dosierungsempfehlung: z. B. Tamsulosin 1 x 0,4 mg / d (Truß 2005) oder Nifedipin 40 mg – 60 mg / d (Kuhlmann 2015)

Unterstützend wirken dabei außerdem:

  • viel trinken
  • lokale Applikation von Wärme 
  • Bewegung

Falls Fieber und / oder eine Anurie auftreten, sollte der Patient unverzüglich einer stationären Behandlung zugeführt werden (Herold 2020).

2. Schmerztherapie bei Auftreten einer Kolik:

Bei einer akuten Kolik steht die analgetische Behandlung im Vordergrund. 

Hierzu eignen sich (Seitz 2020):

  • Metamizol: 1 g – 2 g i. v. ist das Mittel der 1. Wahl, da es zusätzlich eine spasmolytische und antinozizeptive Wirkung auf den Harnleiter hat
  • Paracetamol: 1 g i. v. 
  • Diclofenac: 75 mg / kg KG i. v. 
  • Morphin: 0,1 mg / kg KG i. v. 

Bei einer geplanten extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) ist ASS wegen der Gefahr eines Nierenhämatoms kontraindiziert.

In einer randomisierten Studie zeigte sich die Kombination von Paracetamol und Diclofenac zur Schmerzbekämpfung der Gabe von Morphin überlegen (Seitz 2020).

3. Harnableitung:

Patienten, die einen Harnstau und Infektionszeichen aufweisen, sind ein medizinischer Notfall, bei dem die sofortige Entlastung durch Ureterschienung oder perkutane Nephrostomie plus einer Antibiose (entsprechend dem Antibiogramm) erfolgen muss (Kuhlmann 2015).

Die Indikation zur Harnableitung ist gegeben bei:

  • hochgradiger Obstruktion mit konsekutiver Harnstauungsniere 
  • steigenden Retentionswerten (Hinweis auf ein postrenales Nierenversagen)
  • medikamentös nicht beherrschbaren Koliken

Die Durchführung der Ureterschienung kann erfolgen als:

  • transurethrale Einlage einer DJ- Harnleiterschiene 
  • als perkutane Nephrostomie

Beide Verfahren sind hinsichtlich der Harnableitung als gleichwertig anzusehen

Bei der Harnleiterschienung unterscheidet man zwischen folgenden Kathetern:

  • Ableitung vom Ureter aus dem Körper wie z. B. beim:
    • Mono- J- Katheter 
    • Ureterkatheter (UK)
  • durch im Körper versenkbare Ureterschienen wie z. B. beim:
    • Doppel- J- Katheter 

Die Ausleitung der Ureterschienen kann transurethral, transkutan, transvesikal bzw. über ein Urostoma (TUUC, Ileum- Conduit) erfolgen (Hofmann 2018).

  • Durchführung der transurethralen Harnleiterschienung: Vor dem Eingriff wird ein sog. „single- shot“ periinterventionelle Antibiotikaprophylaxe verabreicht z. B. Levofloxacin 500 mg p. o. oder Sultamicillin 750 mg p. o.. Außerdem wird die Stenose retrograd dargestellt und radiologisch dokumentiert, da nach Einlage der Schiene eine Bestimmung der Ätiologie der Stenose nicht mehr möglich ist. Der Eingriff selbst erfolgt i. d. R. in Lokalanästhesie in Steinschnittlage. Einführen des Zystoskops unter Sicht und Darstellung des betroffenen Ostiums.  Der Ureterkatheter wird mit Führungsdraht (der sog. „inneren Seele“) so weit eingeführt, bis die Spitze gerade eben vor der Optik erscheint. Vorsichtiges Vorschieben des Katheters in den Ureter bis ca. 1 cm. Anschließend erfolgt die Entfernung der inneren Seele. Der Katheter wird zur Verhinderung einer Bläschenbildung mit 3 – 5 ml NaCl 0,9 % kontinuierlich gespült (bei stoßweiser Applikation besteht die Gefahr von erneuten Koliken).  Nach Einlage eines i. d. R. 0,035- inch großen Polytetrafluorethylen beschichteten Drahtes oder eines weichen Doppel- J- Drahtes erfolgt ein weiteres Vorschieben des Katheters bis über das Hindernis hinaus (eventuell ist hierfür ein Kontrastmittelstoß erforderlich). Sobald der Draht das Nierenbecken erreicht hat, sollte das flexible Ende in eine Kelchgruppe positioniert werden, um eine etwaige Dislozierung zu vermeiden. Ein Auswechseln des Katheters ist – sofern überhaupt erforderlich - nach 3 bis spätestens 6 Monaten erforderlich, da der Katheter ansonsten inkrustieren kann (Hofmann 2018).  Unter der Harnleiterschiene kann es zu Beschwerden kommen wie z. B.:
  • Harndrang
  • Pollakisurie
  • Flanken- bzw. Unterbauchschmerzen
  • leichte Makrohämaturie

Diese Symptome können mit einem Alphablocker behandelt werden (Seitz 2020). Dosierungsempfehlung: z. B. Tamsulosin 1 x 0,4 mg / d

(Hofmann 2018 / Truß 2005)

Operative Therapie

1. Endourologische Eingriffe zur Steinentfernung: Vor einem Eingriff muss geklärt werden:

  • Besteht ein Harnwegsinfekt? Falls ja, ist umgehend die Einleitung einer Antibiose entsprechend dem Antibiogramm erforderlich.
  • Absetzen einer eventuell bestehenden Antikoagulation. Falls die Low- dose- Behandlung mit ASS nicht unterbrochen werden kann, ist es möglich, diese nach Risikoabwägung für eine Ureterorenoskopie (URS) fortzusetzen (Seitz 2020; Hofmann 2018)

Für den endourologischen Eingriff stehen die Ureterorenoskopie (URS), die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL), laparoskopische bzw. offene Verfahren und die Chemolitholyse zur Verfügung (Seitz 2020).

Indikationen für eine interventionelle Therapie sind:

  • Obstruktion mit Anurie
  • Obstruktion mit bestehendem fieberhaften Harnwegsinfekt
  • Obstruktion einer Einzelniere
  • Obstruktion bei Z. n. Nierentransplantation
  • bilaterale Obstruktion
  • Steingröße ≥ 5 mm
  • unkontrollierbare Schmerzen 

Ausführliche Angaben zu endourologischen Eingriffen s. Nephrolithiasis

1.1. Ureterorenoskopie (URS): Bei mittleren und distalen Uretersteinen stellt die URS das Mittel der Wahl dar. Aber auch proximale Konkremente sind inzwischen - durch Weiterentwicklung der Instrumente – oftmals mit Hilfe der URS behandelbar (Manski 2019).

Als Hilfsmittel stehen für die Ureterorenoskopie Ultraschall-, Laser-, pneumatische und elektrohydraulische Lithotripsie sowie Körbchen und Zangen zur Verfügung (Herold 2020).

Indikationen:

  • im proximalen Harnleiter:
    • Konkremente > 10 mm (gleichwertig zur ESWL)
    • Konkremente ≤ 10 mm (2. Empfehlung)
  • im mittleren und distalen Harnleiter:
    • Konkremente (1. Empfehlung) (Seitz 2020)

Komplikationen:

  • Fieber
  • persistierende Hämaturie
  • Nierenkolik
  • Ureterperforation (2 % - 4 %)
  • Ureterabriss (< 1%)
  • Verletzung der Uretermukosa
  • postinterventionell auftretende Harnleiterstrikturen (1 % - 3 %) (Kuhlmann 2015)

Schwerwiegende Komplikationen sind allerdings nur selten, sie treten bei < 1 % (Seitz 2020).

Die Erfolgsrate beträgt für:

  • proximale Harnleitersteine: 60 % - 90 %
  • distale Harnleitersteine: 90 % - 100 % (Schmelz 2006) 

Näheres s. Ureterorenoskopie

1.2. Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL): Voraussetzung für eine ESWL ist die radiologische Ortung des Konkrementes. 

Vor Beginn der Behandlung sollte (Seitz 2020) eine innere Harnschiene (Splint) eingelegt werden, damit die Steinfragmente schmerzlos den Harnleiter passieren können (Herold 2020). 

Ein etwaig bestehender Harnwegsinfekt muss vor Therapiebeginn antibiotisch abgedeckt sein, ebenso sollte eine ausreichende Analgesie während der gesamten Dauer der ESWL gewährleistet sein (Seitz 2020).

Indikationen sind:

  • im proximalen Harnleiter 
    • Konkremente > 10 mm (gleichwertig zur URS)
    • Konkremente von  ≤ 10 mm (1. Empfehlung)
  • im mittleren und distalen Harnleiter 
    • Konkremente (2. Empfehlung) (Seitz 2020)

Die Ortung prävesikaler Steine ist technisch oftmals erschwert (Manski 2019)

Kontraindikationen sind:

  • bestehende Antikoagulation (eine Behandlung mit ASS kann u. U. bei sorgfältiger Indikationsprüfung fortgeführt werden)
  • Gerinnungsstörung
  • nicht behandelte Harnwegsinfekte
  • Schwangerschaft
  • Aneurysma in der Fokuszone
  • schwere Nephrokalzinose 
  • Obstruktion distal des Steines 
  • Pankreatitis
  • nicht eingestellte arterielle Hypertonie (Seitz 2020)

Komplikationen können sein: 

  • Hautsuffusion
  • subkapsuläres Nierenhämatom 
  • durch Restfragmente verursachte Koliken und Stauungen  (Herold 2020)
  • Sepsis

Die Rate schwerwiegender Komplikationen wie z. B. Hämatom, Sepsis etc. ist gering (Seitz 2020).

Die Erfolgsrate liegt bei 90 % (Herold 2020).

1.3. Offene Steinoperation (Ureterotomie): Heutzutage werden laparoskopische oder offene Verfahren nur noch in Ausnahmefällen angewandt, z. B. bei zusätzlich bestehenden anatomischen Veränderungen, die der Korrektur bedürfen oder bei sehr großen Harnleitersteinen (Seitz 2020).

Die Ureterotomie erfolgt i. d. R. laparoskopisch (Manski 2019).

1.4. Chemolitholyse: Eine Chemolitholyse sollte ausschließlich als Erstlinien- Therapie bei Harnsäuresteinen eingesetzt werden. 

Der pH des Urins wird dabei mittels Natriumbikarbonat oder Kaliumcitrat (Kuhlmann 2015) auf einen Wert zwischen 7,0 – 7,2 adjustiert. Parallel dazu erfolgt eine Behandlung mit Allopurinol (z. B. 300 mg / d).

Eine längerfristige Chemolitholyse ist wegen des Risikos einer Kalziumphosphatsteinbildung zu vermeiden (Seitz 2020).

Verlauf/Prognose

Die Prognose einer Harnleiterkolik ist gut. Bis zu 90 % der Konkremente gehen ohnehin spontan ab (Herold 2020). 

Das Rezidivrisiko liegt unbehandelt bei insgesamt 50 %, ist aber stark abhängig von der jeweiligen Steinart (s. Harnsteinarten). Durch eine entsprechende Metaphylaxe lässt sich dieses Risiko auf < 15 % senken (Kuhlmann 2015).

Durch das Auftreten von Nierensteinen verdoppelt sich das Risiko, eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln (Kuhlmann 2015).

Näheres s. Nephrolithiasis

Prophylaxe

Die Metaphylaxe umfasst präventive Maßnahmen, die eine erneute Nierensteinentwicklung verhindern sollen (Kuhlmann 2015). 

Die Grundlage für die Metaphylaxe bildet die Analyse der Harnsteinzusammensetzung, die bei jedem Nierenstein erfolgen sollte (Seitz 2020).

Man differenziert bei der Metaphylaxe allgemeine Maßnahmen für Patienten der Niedrigrisikogruppe und eine spezielle Metaphylaxe für Hochrisikogruppen.

(Herold 2020)

 

Für alle Harnsteinbilder gilt:

  • Erhöhung der Trinkmenge bis auf eine Urinvolumen von mindestens 2 l 
  • zirkadianes Trinken 
  • Apfel- und Grapefruitsaft meiden
  • Harndichte < 1,010 kg / l
  • ballaststoffreiche, ausgewogene (mediterrane) Ernährung
  • Kaliumzufuhr 1 – 1,2 g / d
  • Proteinbegrenzung auf 0,8 – 1,0 g / kg KG / d
  • Kochsalzzufuhr < 6 g / d
  • Regulierung des Körpergewichtes 
  • adäquate körperliche Bewegung
  • Stressbegrenzung

(Herold 2020 / Kasper 2015 / Kuhlmann 2015 / Schmelz 2006)

 

Zur Hochrisikogruppe zählen:

  • frühes Auftreten einer Lithiasis (bereits im Kindesalter)
  • familiäre Steinformation
  • Einzelniere 
  • bestimmte Steine wie:
    • brushithaltige
    • harnsäurehaltige
    • Infektsteine

(Seitz 2020)

Die Hochrisikogruppe umfasst ca. 25 % - 30 % der Harnsteinpatienten (Knoll 2016).

Bei diesen Patienten ist eine erweiterte, (Steinart-) spezifische metabolische Abklärung frühzeitig indiziert (Seitz 2020). Nicht selten findet sich bei der Klientel eine genetisch determinierte Steinbildung (Knoll 2016).

  • Brushithaltige Steine:
    • Bei anhaltend erhöhtem Urin- pH - ohne Nachweis eines Infektes – sollte L- Methionin zur Senkung des pHs auf Werte zwischen 5,8 und 6,2 verabreicht werden (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d) (Wendt- Nordahl 2014).
  • Harnsäurehaltige Steine:
    • Reine Harnsäuresteine:
      • Durch diätetische Maßnahmen wie z. B. Vermeidung purinhaltiger Speisen (z. B. Innereien, Bohnen, Erbsen, Spargel, Spinat etc.), durch Proteinrestriktion etc. lässt sich der Urin neutralisieren. Medikamentös kann der pH- Wert des Urins durch Kaliumcitrat (Dosierungsempfehlung: 3 g – 5 g / d) gesenkt werden (Kuhlmann 2015)
    • Ammonium- Uratsteine:
      • Medikamentöse Ansäuerung des Urins mit L- Methionin (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d) auf pH- Werte zwischen 5,8 – 6,2 (Seitz 2020)
  • Infektsteine:
    • Zur Ansäuerung des Urins kann man den Patienten anhalten, vermehrt Apfelsaft oder Preiselbeersaft zu trinken (Herold 2020) oder medikamentös Methionin (Dosierungsempfehlung: 500 mg 2 – 3 x / d) einsetzen (Kuhlmann 2015).

Näheres zur Metaphylaxe der Hochrisikogruppe s. Harnsteinarten und Nephrolithiasis.

Bei Patienten aus der Hochrisikogruppe kann durch entsprechende Maßnahmen bei 75 % weiteren Rezidiven vorgebeugt werden (Fisang 2015).

 

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bach D et al. (2013) Urolithiasis: Epidemiologie Allgemeine Kausal- und Formalgenese Diagnostik. Konservative, instrumentelle und operative Harnsteinentfernung. Springer Verlag 4
  2. Debus E S et al. (2018) S3-Leitlinie zu Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas.AWMF-Registernummer 004-14
  3. Ellinger K et al. (2011) Kursbuch Notfallmedizin: orientiert am bundeseinheitlichen Curriculum Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Deutscher Ärzte- Verlag 721 - 724
  4. Fisang C et al. (2015) Urolithiasis – interdisziplinäre Herausforderung in Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe. Dtsch Artzebl Int (112) 83 – 91 
  5. Güterbock P (1890) Die chirurgischen Krankheiten der Harnorgane für Aerzte und Studirende, Teil 4. Deuticke Verlag 828
  6. Hegele A et al. (2015) Urologie: Intensivkurs zur Weiterbildung. Thieme Verlag 476
  7. Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 658
  8. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 657 – 658
  9. Hofmann R (2018) Endoskopische Urologie: Atlas und Lehrbuch: Extras online. Springer Verlag 310
  10. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1866 1871
  11. Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2300
  12. Knoll T et al. (2016) Leitlinien zu Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis des Arbeitskreises „Harnsteine“ der Akademie der Deutschen Urologen und dem Arbeitskreis „Endourologie und Steinerkrankung“ der Österreichischen Gesellschaft für Urologie“. 
  13. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 577
  14. Manski D (2019) Das Urologielehrbuch. Dirk Manski Verlag 329
  15. Moore C L et al. (2014) Derivation and validation of a clinical prediction rule for uncomplicated ureteral stone—the STONE score: retrospective and prospective observational cohort studies. BMJ (348) g 2191
  16. Risler T et al. (2008) Facharzt Nephrologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag 878
  17. Schmelz H U et al. (2006) Facharztwissen Urologie: Differenzierte Diagnostik und Therapie. Springer Verlag 122 – 143
  18. Seitz C et al. (2020) S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis (AWMF Registernummer 043 – 025) 
  19. Truß M C et al. (2005) Pharmakotherapie in der Urologie. Springer Medizin Verlag 302
  20. Wendt- Nordahl G (2014) Metabolische Diagnostik und Prävention der Urolithiasis. Die Urologie 1 – 21 DOI 10.1007/978-3-642-41168-7_37-1

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