HämoglobinurieR82.3

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Hämoglobinnachweis im Urin; Nachweis von Hämoglobin im Urin

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Erstbeschreiber

Im Jahre 1853 wies Teichmann als Erster Hämoglobin als salzsaures Hämatin im Urin nach (Guder 1989). 1858 beschrieb Heller einen Test zum Nachweis von Hämoglobin im Urin durch Alkalisieren und Erhitzen des Urins. Die noch heute gebräuchliche Benzidinprobe wurde 1904 von R. und O. Adler (Guder 1989) eingeführt und drei Jahre später die Konzeption des noch heute gebräuchlichen Teststreifens entwickelt (Hofmann 2001).

 

Definition

Unter einer Hämoglobinurie versteht man das Auftreten von Hämoglobin im Urin. Dies entsteht als Folge einer intravasalen Hämolyse (Herold 2022). Eine Hämoglobinurie tritt ab einem Plasmahämoglobinspiegel von > 150 mg / dl auf (Abdulla 2021).

 

Ätiopathogenese

Die Ursachen einer Hämoglobinurie können prärenale, renale und postrenale sein:

- 1. Prärenale Hämoglobinurie:

Hier kann die Hämolyse in vivo und in vitro erfolgen (Gressner 2019).

Eine intravasale Hämolyse findet sich bei:

- Inkompatibilität nach Transfusion

- mechanischer Zerstörung der Erythrozyten (Kasper 2015) z. B. nach langem Marschieren als Marsch- Hämoglobinurie (Herold 2022)

- mikroangiopathischer hämolytischer Anämie z. B. bei Patienten mit Herzklappenprothesen (Kasper 2015)

- bei hämolytischen Krisen im Rahmen einer hämolytischen Anämie

- bei einem Seifenabort (Herold 2022)

 

- 2. Renale Hämoglobinurie:

Diese kann durch Blutungen im Tubulussystem bei hypotonem Urins entstehen wie sie z. B. auftritt bei toxischen Schädigungen des Tubulussystems, Tuberkulose der Niere oder beim Nierenkarzinom (Gressner 2019).

 

- 3. Postrenale Hämoglobinurie:

Diese kann durch Blutungen in die ableitenden Harnwege mit darauf folgender Hämolyse während der Passage in die Blase bzw. in die Urinprobe in vitro entstehen. Eine weitere Möglichkeit der Hämoglobinurie stellt die Kontamination mit Blut aus der Scheide bzw. beim Mann durch Wunden am äußeren Genitale dar (Gressner 2019).

 

Pathophysiologie

Zu einer Hämoglobinurie kommt es, wenn die Haptoglobin- Kapazität im Serum erschöpft ist bzw. die tubuläre Schwelle für Hämoglobin überschritten wird (Scheurlen 1977).

Diagnostik

Zur Diagnostik einer Hämoglobinurie reichen kommerzielle Schnelltest zur Urindiagnostik nicht aus, da hiermit sowohl freies als auch an Erythrozyten gebundenes Hämoglobin nachgewiesen wird (Piechota 1999). Hämoglobin lässt sich ab einer Konzentration von 1 ml / l Urin nachweisen (Gressner 2019).

Die differentialdiagnostische Unterscheidung zwischen Erythrozyturie und Hämoglobinurie ist erst durch das Harnsediment möglich (Piechota 1999).

 

Labor

Zeichen einer Hämolyse lassen sich nachweisen durch:

- LDH erhöht

- Serumeisen deutlich erhöht

- indirektes Bilirubin erhöht

- Retikulozyten erhöht

- Hämoglobin erniedrigt

- Erythrozyten erniedrigt

- Hämatokrit erniedrigt

Außerdem spielt die Erythrozytenmorphologie eine Rolle (Knoche 2019).

Differentialdiagnose

- Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie

Hierbei handelt es sich um eine seltene hereditäre Erkrankung (Siegenthaler 2005).

- Hämaturie

Unter einer Hämaturie versteht man das Auftreten von Erythrozyten im Urin. Die Differenzierung erfolgt durch qualitativen und quantitativen mikroskopischen Nachweis (Bolenz 2018).

Bei einer Hämaturie werden Erythrozyten im Urin nachgewiesen, während bei einer Hämoglobinurie nicht in Erythrozyten gebundenes Hämoglobin nachweisbar ist (Scheurlen 1977).

- Artifizielle Hämoglobinurie

Die Zahl der Hämoglobinurien durch nachträglichen Verfall von Erythrozyten ist sehr groß. Von daher hat die Wertigkeit der Bedeutung einer Hämoglobinurie abgenommen (Gressner 2019).

Komplikation(en)

Je nach Ursache kann eine Hämoglobinurie führen zu:

- akutem Nierenversagen

- anaphylaktischem Schock

- Herz- Kreislaufstillstand (Rump 2003)

Literatur

  1. Abdulla W, Vogt S (2021) Praxisbuch Interdisziplinäre Intensivmedizin. Elsevier Urban und Fischer Verlag 316
  2. Bolenz C, Schröppel B, Eisenhardt A, Schmitz- Dräger B J, Grimm M O (2018) Abklärung der Hämaturie. Dtsch Arztebl Int (115) 801 – 807
  3. Gressner A M, Arndt T (2019) Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag Deutschland 1048
  4. Guder W G et al. (1989) Pathobiochemie und Funktionsdiagnostik der Niere. Merck-Symposium der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie Würzburg, 19.- 21. Oktober 1989. Springer-Verlag 8 - 11
  5. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 43, 602
  6. Hofmann W et al. (2001) Harnuntersuchungen zur differenzierten Diagnostik einer Proteinurie: Bekanntes und Neues zu Teststreifen und Harnproteinen. Dtsch Arztebl (98) 12 A: 756 / B: 618 / C: 578
  7. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 657, 657 t, 659, 660
  8. Knoche T, Rey J (2019) Lernkarten Innere Medizin. Elösevier Urban und Fischer Verlag 53
  9. Piechota H, Waldner M, Roth S (1999) Tips und Tricks für den Urologen: Problemlösungen von A bis Z. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 243
  10. Rump G, Braun R, Jahn U R, Krakowitzky P, Sibrowski W, van Aken H (2003) Transfusionsmedizin compact. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 148
  11. Scheurlen P G (1977) Systematische Differentialdiagnose innerer Erkrankungen unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 137
  12. Siegenthaler W (2005) Siegenthalers Differentialdiagnose: Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 419

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