Hämatokrit

Die erste Untersuchungsmöglichkeit zur Bestimmung des Hämatokrits stammt von Paul M. Wintrobe (1901 – 1986). Er entwickelte das sog. „Wintrobe- Hämatokritröhrchen“ (Kushner 2007). Diese Messmethode, mitunter auch als „Makrohämatokrit“ bezeichnet, diente als Grundlage der daraufhin entwickelten Referenzmessungen (Bain 1997).

Einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Hämatokrit und arterieller Hypertonie wurde erstmals 1905 von Gaisböck beschrieben (Middeke 2005).

Unter einem Hämatokrit versteht man den prozentualen Volumenanteil der im Blut zirkulierenden zellulären Elemente. Da die Erythrozyten normalerweise ca. 96 % der im Blut zirkulierenden Elemente ausmachen, entspricht der Hämatokrit im wesentlichen dem Anteil an Erythrozyten (Herold 2022).

Man differenziert zwischen der Bestimmung des Makro- und Mikrohämatokrit. Der Makrohämatokrit stellt die klassische Originalmethode von Maxwell Wintrobe zur Hämatokritmessung dar. Hierbei wird 1 ml Blut für 30 – 60 min zentrifugiert. Für die Routinearbeit ist diese Methode aber zu langsam und mühsam.

Man entwickelte deshalb die Bestimmung des Mikrohämatokrits, bei der eine kleine Menge Blut durch Kapillarwirkung in ein nicht- graduiertes Röhrchen gesaugt wird und anschließend für 5 – 10 min zentrifugiert wird (Bain 1997).

 

Zur Bestimmung des Hämatokrits wird ein mit Antikoagulantien (z. B. EDTA) versetztes Blut hochtourig zentrifugiert (Mahlberg 2005).

 

Normwerte:

Der mittlere Hämatokritwert liegt bei Männern bei ca. 47 % (plus / minus 7 %) und bei Frauen bei 42 % (plus / minus 5 %).

(Kasper 2015)

 

Erhöhter Hämatokrit bei:

- Polyglobulie

Nach längerem Aufenthalt in großen Höhen erfolgt eine Steigerung der Erythrozytenproduktion auf Grund des Sauerstoffmangels (Emminger 2005). Dies kann auch bei starken Rauchern durch den verminderten O2- Gehalt im Gewebe auftreten (Dörner 2006)

- Dehydratation

- Polyzythämie (Dörner 2006)

- Neugeborenen (Mahlberg 2005)

 

Erniedrigter Hämatokrit bei:

- Hyperhydratation (Dörner 2006)

- Anämien (Mahlberg 2005)

 

Falsch erhöhter Hämatokrit bei:

- Leukozytose > 100.000 / µl (Müller 2023)

 

Falsch niedriger Hämatokrit bei:

- fragmentierten Erythrozyten

- Sphärozytose

- Kälteagglutininen (Müller 2023)

 

Der Hämatokrit stellt die wichtigste Determinante der Viskosität von Vollblut dar und ist 3 x so hoch wie die Viskosität von Blutplasma (Marino 2008). Der im Venenblut gemessene Hämatokrit liegt i. d. R. 2 % höher als der im Kapillarblut gemessene Wert (Dörner 2006) und der im arteriellen Blut gemessene Wert ist etwas niedriger als der im venösem Blut (Mahlberg 2005).

 

Indikationen zur Bestimmung des Hämatokrit:

- Polyglobulie

- Anämie (Dörner 2006)

Der Hämatokrit wird berechnet und ist deshalb bei einer Anämie weniger nützlich als der Hämoglobinwert, der direkt gemessen wird (Kasper 2015).

- zur Diagnostik von Störungen des Wasserhaushaltes

- zur Bestimmung des Erythrozyten- Index MCHC

- als Alternative zur Hämoglobinbestimmung (Dörner 2006)

 

Bei einem zu hohen Hämatokrit kommt es zu einer Erhöhung der Blutviskosität, die eine höhere Schubspannung des Herzens erfordert. Dies kann bis hin zum Herzversagen führen (Haber 2018).

1. Bain B J, Huhn D (1997) Roche Grundkurs hämatologische Morphologie. Blackwell Wissenschafts- Verlag Berlin / Wien / Oxford / Edinburgh / Boston / London / Melbourne / Paris / Tokio 18
2. Dörner K, Deutel T, Förner R, Haschke- Becher E, Heppner H J, Kiehntopf M, Klingmüller D, Löffler H, Lütjohann D, Madlener K, Pötzsch B, Sommer R (2006) Klinische Chemie und Hämatologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 183, 256, 257
3. Emminger H (2005) Physikum EXAKT: Das gesamte Prüfungswissen für die 1. ÄP. Georg Thieme Verlag Stuttgart 459
4. Haber P (2018) Leitfaden zur medizinischen Trainingsberatung: Rehabilitation bis Leistungssport. Springer Verlag Deutschland 61
5. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 28
6. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 392 – 393
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10. Middeke M (2005) Referenzreihe Kardiologie (RRK): Arterielle Hypertonie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 63
11. Müller M (2023) Labormedizin: Mikrobiologie, klinische Chemie, Infektiologie, Transfusionsmedizin in Frage und Antwort. BoD- Books on Demand 768