Gen-Ontologie

Die „Gene Ontology (GO)“ ist eine große Bioinformatik-Initiative zur Vereinheitlichung des Vokabulars der Biowissenschaften, speziell zur Darstellung von Gen- und Genproduktattributen über alle Spezies hinweg. Konkret zielt das Projekt darauf ab biologisches Wissen übersichtlich darzustellen. Im Einzelnen  ist geplant:

• das Vokabular von Gen- und Genproduktattributen zu pflegen und weiterzuentwickeln
• Gene und Genprodukte zu erläutern und Annotationsdaten zu assimilieren und öffentlich zugängig zu machen
• die nötigen Werkzeuge für den einfachen Zugang zu allen Aspekten der vom Projekt bereitgestellten Daten bereitzustellen und die funktionale Interpretation von experimentellen Daten unter Verwendung der GO zu ermöglichen.

In der Biologie und verwandten Bereichen gibt es keine universelle Standardterminologie. Die Verwendung von Begriffen kann spezifisch für eine Art sein.Sie kann spezifisch für ein Forschungsgebiet oder sogar eine bestimmte Forschungsgruppe sein. Damit wird die Kommunikation und die gemeinsame Nutzung von Daten erschwert.

Das Gene Ontology-Projekt bietet eine Ontologie mit definierten Begriffen, die die Eigenschaften von Genprodukten darstellen. Die Ontologie deckt drei Domänen ab:

• zelluläre Komponente, die Teile einer Zelle oder ihrer extrazellulären Umgebung;
• molekulare Funktion, die elementaren Aktivitäten eines Genprodukts auf molekularer Ebene, wie z. B. Bindung oder Katalyse;
• biologischer Prozess, Vorgänge oder Sätze von molekularen Ereignissen mit einem definierten Anfang und Ende, die für das Funktionieren von integrierten lebenden Einheiten relevant sind: Zellen, Gewebe, Organe und Organismen.

Jeder GO-Begriff innerhalb der Ontologie hat einen Begriffsnamen, der ein Wort oder eine Wortfolge sein kann, eine eindeutige alphanumerische Bezeichnung, eine Definition mit zitierten Quellen und eine Ontologie, die die Domäne angibt, zu der er gehört. Begriffe können auch Synonyme haben, die als genau äquivalent zum Begriffsnamen, breiter, enger oder verwandt eingestuft werden; Verweise auf äquivalente Konzepte in anderen Datenbanken; und Kommentare zur Bedeutung oder Verwendung des Begriffs. Das GO-Vokabular ist artenneutral aufgebaut und enthält Begriffe, die für Prokaryoten und Eukaryoten, ein- und mehrzellige Organismen gelten.

Beispiel

• id: GO:0000016
• name: lactase activity
• namespace: molecular_function
• def: "Catalysis of the reaction: lactose + H2O = D-glucose + D-galactose." [EC:3.2.1.108]
• synonym: "lactase-phlorizin hydrolase activity" BROAD [EC:3.2.1.108]
• synonym: "lactose galactohydrolase activity" EXACT [EC:3.2.1.108]
• xref: EC:3.2.1.108
• xref: MetaCyc:LACTASE-RXN
• xref: Reactome:20536
• is_a: GO:0004553 ! hydrolase activity, hydrolyzing O-glycosyl compounds

Während sich die Gen-Nomenklatur auf die Gene und Genprodukte konzentriert, konzentriert sich die Gene Ontology auf die Funktion der Gene und Genprodukte. Sie verwendet darüberhinaus eine Auszeichnungssprache, um die Daten (nicht nur der Gene und ihrer Produkte, sondern auch ihre Funktionen) maschinenlesbar zu machen. Damit sollen diese Informationen über alle Arten hinweg vereinheitlicht werden.

Die GO-Ontologie und die Annotationsdateien sind auf der GO-Website in einer Reihe von Formaten frei verfügbar oder können mit dem GO-Browser AmiGO online abgerufen werden. Das Gene Ontology-Projekt bietet auch herunterladbare Zuordnungen seiner Begriffe zu anderen Klassifikationssystemen an.

1. The Gene Ontology Consortium (January 2008). "The Gene Ontology project in 2008". Nucleic Acids Research. 36(Database issue): D440–444.
2. Dessimoz Ch et al. (2017) The Gene Ontology Handbook. Methods in Molecular Biology. doi:10.1007/978-1-4939-3743-1.
3. Gaudet P et al. (2017) Primer on the Gene Ontology. The Gene Ontology Handbook. Methods in Molecular Biology. 1446: 25–37.