Funktionelle Proteinurie

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

benigne Proteinurie; inkonstante Proteinurie; passagere leichte Proteinurie; Vorübergehende Proteinurie

Erstbeschreiber

Die erste Bestimmung von Gesamteiweiß im Urin gelang Cotugno (1736 – 1822) im Jahre 1797 durch Fällung mit Salpetersäure. Er nannte das nachgewiesene Protein: „albam massam tenerrimo iam coacto ovi albumine persimilem“ (dichte weiße Substanz wie das Eiweiß eines gekochten Eis). Daraus leitete sich später der Begriff „Albumin“ ab (Gressner 2013; Hofmann 2001).

Die orthostatischen Proteinurie beschrieb als Erster Teissier im Jahre 1899 (Kluthe 2013).

Definition

Unter einer funktionellen Proteinurie versteht man das Auftreten einer sowohl tagsüber als auch nachts bestehenden Eiweißausscheidung im Urin von < 1 g / d, die unter gewissen Bedingungen (s. „Ätiologie“) auftritt. Falls die Proteinurie nachts nicht auftritt, entspricht dies einer sog. „orthostatischen Proteinurie“ (Herold 2022).

Das Phänomen der funktionellen Proteinurie ist beim betroffenen Individuum jederzeit reproduzierbar (Kluthe 2013).

Überwiegend im angelsächsischen Raum wird die orthostatische Proteinurie als eine Unterform der physiologischen Proteinurie gesehen (Bökenkamp 2020).

Einteilung

Eine physiologische Proteinurie kann auftreten als:

  • febrile Proteinurie 
  • orthostatische Proteinurie
  • Belastungsproteinurie 

Um diese physiologischen Proteinurien weitgehend auszuschließen, sollte man bei der Frage nach einer Proteinurie möglichst Morgenurin verwenden (Bökenkamp 2020).

Eine pathologische Proteinurie findet sich in erster Linie auf Grund 

  • übermäßiger Durchlässigkeit für Proteine im Bereich der glomerulären Schranke
  • gestörter Rückresorption der Proteine im proximalen Tubulus (Bökenkamp 2020)

Näheres s. Proteinurie

Vorkommen

Laut NHANES- III Studie fand sich bei nicht ausgesuchten Probanden in der Allgemeinbevölkerung eine Mikroalbuminurie bei 8,3 % und eine Makroalbuminurie bei 1,3 %. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in der PREVEND- Studie beschrieben. 

In Letzterer fanden sich zusätzlich Aussagen zu einer Mikro- Albuminurie von 10 – 20 mg / l (unterhalb der gültigen Grenzwerte): Diese lag bei der Gesamtgruppe bei 16,6 %. Bei Hypertonikern trat sie 11,5 % häufiger auf als bei Gesunden und bei Diabetikern sogar 16,4 % häufiger (Koziolek 2009).

Ätiologie

Folgende Ursachen können zu einer sekundären Störung der Nierenfunktion oder Nierendurchblutung führen (Dirksen 2006) und damit eine funktionelle Proteinurie auslösen: 

(Koziolek 2009)

Pathophysiologie

Dem Gefäßendothel der Kapillaren liegt im Bereich der Glomeruli eine funktionelle Schutzschicht auf, die sog. ESL = endothelial surface layer. Diese verhindert die Passage von Plasmaproteinen und Erythrozyten.

Unter hämodynamischen Veränderungen wie z. B. Druck, Blutfluss etc. wird die Funktion dieser Schutzschicht gestört und es kommt zum Auftreten einer Hämaturie bzw. Proteinurie (Schurek 2018).

 

 

Diagnostik

Bei klinischem V. a. eine prärenale Proteinurie ist insbesondere der Ausschluss einer pathologischen Proteinurie wichtig:

  • Anamnese:

Hierbei sollten eine vorbekannte Nierenerkrankung, Diabetes mellitusarterielle Hypertonie, bestehende Schwangerschaft erfragt werden. 

  • klinische Untersuchung:
  • Kontrolluntersuchung des Urinsediments
  • Quantifizierung der Proteinurie im 24 h- Urin
  • qualitative Untersuchung der Proteine
  • weitere Untersuchungen bei pathologischen Befunden (Kribben 2000)

 

Die funktionelle Proteinurie lässt sich im Labor beim Versuchstier durch z. B. eine Angiotensin- Infusion nachweisen (Schurek 2018).

 

 

Labor

  • Albumin:

Normal 8 – 10 mg / 24 h

Funktionelle Proteinurie 30 – 300 mg / 24 h

Pathologische Proteinurie > 300 mg / 24 h

 

  • Albumin / Kreatinin:

Normal < 30 mg / g

Funktionelle Proteinurie 30 – 300 mg / g

Pathologische Proteinurie > 300 mg / g (Kasper 2015)

Typisch für die funktionelle Proteinurie sind fehlende Veränderungen des Harnsediments (Mader 2013)

Differentialdiagnose

  • tubuläre Proteinurie
  • präglomeruläre Proteinurie
  • glomeruläre Proteinurie
  • postrenale Proteinurie
  • Bence- Jones- Proteinurie (Leps 2003)

s. a. Proteinurie

Prognose

Da die funktionelle Proteinurie nicht pathologisch ist, bedarf sie keiner Therapie. Die Prognose ist von daher gut.

 

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bökenkamp A (2020) Proteinuria – take a closer look! Pediatric Nephrology (35) 533 - 541
  2. Gressner A M et al. (2013) Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 38
  3. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 600
  4. Hofmann W et al. (2001) Harnuntersuchungen zur differenzierten Diagnostik einer Proteinurie: Bekanntes und Neues zu Teststreifen und Harnproteinen. Dtsch Arztebl 98 (12): A 756 / B 618 / C 578
  5. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1834
  6. Kluthe R et al. (2013) Nieren- und Hochdruckkrankheiten: Internistische Begutachtung von R. Kluthe und N. Szczeponik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 80
  7. Koziolek M J et al. (2009) Mikroalbuminurie und Albuminurie: Differentialdiagnose und therapeutische Konsequenzen. Dtsch Med Wochenschr (134) 1681 - 1685
  8. Kribben A et al. (2000) Diagnostisches Vorgehen bei Proteiurie. Der Urologe (6) 519 - 521
  9. Manski D (2019) Das Urologielehrbuch. Dirk Manski Verlag 74
  10. Leps W et al. (2003) GK3 Original- Prüfungsfragen mit Kommentar. Schwarze Reihe: Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 561
  11. Mader F H (2013) Allgemeinmedizin und Praxis: Anleitung in Diagnostik, Therapie und Betreuung Facharztprüfung Allgemeinmedizin. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 264
  12. Schurek H J et al. (2018) Zum Verständnis der funktionellen Proteinurie und Mikrohämaturie. Nieren- und Hochdruckkrankheiten (47) 1 - 9
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