Fieber R50.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

erhöhte Körpertemperatur; Febris; Fieberzustand; Status febrilis

Erstbeschreiber

Die Erstbeschreibung eines Fieberkrampfes geht bereits auf Hippokrates zurück: „Anfälle treten bei Kindern auf, wenn akutes Fieber eintritt; diese Anfälle treten meistens bei Kindern auf, die sehr jung sind bis zum 7. Lebensjahr. Ältere Kinder und Erwachsene sind nicht gleichermaßen von Anfällen und Fieber betroffen, es sei denn, ein schlimmes Ereignis ist vorausgegangen.” (Kurlemann 2021).

Die mittlere Normaltemperatur von 37 Grad C wurde im 19. Jahrhundert erstmals von Carl Wunderlich, einem Leipziger Arzt festgelegt. Dieser ließ bei 25.000 Patienten mehrmals die axilläre Temperatur messen und veranschaulichte dieses in einer sog. „Fieberkurve“ (Torossian 2019).

 

Definition

Unter Fieber versteht man eine Erhöhung der Körpertemperatur, die über das normale Maß der Tagesschwankungen hinausgeht und zu einer Erhöhung des hypothetischen Sollwertes führt (Kasper 2015). Fieber stellt lediglich ein Symptom einer Erkrankung dar und beeinflusst möglicherweise die Abwehrmechanismen des Körpers günstig (Weihrauch 2022).

Einteilung

Man spricht von subfebrilen Temperaturen bei < 38 Grad C aurikulär oder rektal und von febrilen bei > 38 Grad C aurikulär oder rektal (Herold 2022). Die oral gemessene Temperatur liegt meistens ca. 0,5 Grad C niedriger (Schlosser 2022).

Bei Menschen > 60 – 65 Jahren ist die normale Körpertemperatur insgesamt erniedrigt. Hier spricht man bereits von Fieber bei

- einmalig gemessener oraler Temperatur von > 37,8 Grad C

- mehrfach oral gemessener Temperatur von ≥ 37,2 Grad C

- rektal gemessener Temperatur von ≥ 37,5 Grad C

- einem Anstieg von 1,1 Grad C oberhalb der individuellen Basistemperatur (Runge 2018).

Fieber kann akut, chronisch und rezidivierend verlaufen (Runge 2018). Ein mehr als 1 – 2 Wochen anhaltendes Fieber erfordert stets eine Abklärung (Battegay 2013).

Man differenziert zwischen verschiedenen Fiebertypen:

  • Kontinua: Hierbei kann es zu Tagesschwankungen bis zu 1 Grad C kommen (Herold 2022). Man findet dieses vorzugsweise bei bakteriellen Infekten wie z. B. Typhus abdominalis, Pneumonie, Erysipel etc. (Runge 2018)
  • Remittierendes Fieber: Die Tagesschwankungen betragen hierbei 1 – 2 Grad C (Herold 2022). Die Temperatur kehrt jedoch nicht zum Ausgangsniveau zurück. Diese Form des Fiebers findet sich überwiegend bei Infektionen (Runge 2018).
  • Intermittierendes Fieber: Es bestehen hierbei starke Tagesschwankungen von > 2 Grad C (Herold 2022). Intermittierendes Fieber findet sich häufig bei z. B. Neoplasien und Sepsis (Runge 2018).
  • Zweigipflig: Zweigipfliges Fieber, auch als Febris recurrens bezeichnet, ist durch unterschiedlich lange fieberfreie Intervalle gekennzeichnet (Runge 2018). Es kann durch Komplikationen bakterieller oder viraler Infekte entstehen (Herold 2022).
  • Undulierend: Darunter versteht man unregelmäßige Phasen mit an- und absteigenden Temperaturen, die durch afebrile Phasen unterbrochen werden. Typischerweise findet man diese Fieberform bei Brucellose und M. Hodgkin (Runge 2018).
  • Ephemera: Auch als sog. Eintagesfieber bezeichnet. Es kann z. B. nach Bluttransfusionen, i. v. Gabe bestimmter Medikamente und bei milden respiratorischen Infektionen auftreten (Runge 2018).
  • Fieber bei einer Malariaerkrankung: Hierbei bestehen anfallsartige Fieberschübe, die durch die periodische Freisetzung der Erreger ins Blut entstehen. Je nach Plasmodienart treten unterschiedliche Verläufe des Fiebers auf (Runge 2018) : Malaria quartana 2 fieberfreie Tage, Malaria tertiana 1 fieberfreier Tag, Malaria tropica bzw. bei Mischformen unregelmäßiges Fieber (Herold 2022).
  • Septisches Fieber: Von einem septischen Fieber spricht man bei hohen Körpertemperaturen mit oder ohne Schüttelfrost (Herold 2022).

 

Vorkommen/Epidemiologie

Fieber zählt zu den häufigen Symptomen während einer Erkrankung (Schlosser 2022).

Ätiopathogenese

Als Auslöser von Fieber kommen unterschiedliche Erkrankungen in Frage wie z. B.:

- Infektionen (> 50 %) wie z. B. Infektionskrankheiten, Tuberkulose, bakterielle Endokarditis, Pyelonephritis (Herold 2022)

- Autoimmunerkrankungen (ca. 15 %) wie z. B. Vaskulitiden und Kollagenosen (Herold 2022)

- Malignome (ca. 7 %) wie z. B. Nierenzellkarzinom, Hodgkin- / Non- Hodgkin- Lymphome, Tumoren des Magen- Darm- Traktes (Herold 2022)

- Drug- Fever bzw. Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptom (DRESS):

Hierbei handelt es sich um ein durch Medikamente ausgelöstes Fieber. In Frage kommen beim Drug- Fever insbesondere Allopurinol und Antiepileptika. Hierbei tritt das Fieber ca. 3 – 4 Wochen nach Beginn der Medikamenteneinnahme auf (Herold 2022).

Ein DRESS können insbesondere Carbamazepin und Phenytoin auslösen. Nach Beginn des DRESS kann es einige Wochen später zur Reaktivierung von Virusinfektionen kommen (Herold 2022).

- Postinfarkt- Fieber:

Vor der Zeit der Koronarintervention traten bei 25 – 50 % der Patienten Postinfarkt- Fieber auf. Unklar ist auch weiterhin, ob die Infarktgröße mit der Höhe der Körpertemperatur korreliert. Laut einer Studie von Naito et al. aus dem Jahre 2007 stellt eine Temperaturerhöhung von ≥ 38 Grad C ein erhöhtes Risiko für z. B. eine Aneurysmabildung, verminderte linksventrikuläre Pumpfunktion und Re- Hospitalisierung durch eine Herzinsuffizienz dar (Smid 2018).

- Postoperatives Fieber:

Durch den Postaggregationsstoffwechsel kann es postoperativ zu einer Temperaturerhöhung kommen. Normalerweise tritt am 2. - 3. Tag eine Normalisierung ein. Falls es zu Temperaturerhöhungen über diesen Zeitraum hinweg kommt, insbesondere in Begleitung mit einer Leukozytose, sollte umgehend eine Abklärung erfolgen (Schumpelik 2010), da das Fieber dann durch Wundinfektionen, nosokomiale Pneumonien, Harnwegsinfekte (durch Blasenkatheter), tiefe Venenthrombosen oder Thromboembolien verursacht werden kann (Herold 2022).

- Andere Ursachen wie z. B. Hyperthyreose etc. 

- Fieber unklarer Genese (Herold 2022):

Vom Fieber unklarer Genese (FUO = fever of unknown origin) spricht man, wenn mehrfach Temperaturen ≥ 38,2 Grad C gemessen werden und dieses über 2 – 3 Wochen anhält, dessen Ursache trotz einwöchiger intensiver Abklärung laut Petersdorf und Beeson (1961) nicht geklärt werden kann. Inzwischen spricht man in einer revidierten Version von:

- Nosokomialem FUO:

Die Ursachen des klassischen Fiebers unklarer Genese (FUO) sind ca.:

- 25 % durch Infektionen

- 10 – 15 % durch Malignome

- 40 % durch Autoimmunopathien, Kollagenosen oder Sonstiges

- 20 – 25 % bleiben letztlich ungeklärt (Weihrauch 2022)

Bei hospitalisierten Patienten finden sich insbesondere infizierte intravasale Katheter, Harnwegsinfektionen, Pneumonie, Sinusitis, Lungenembolie, tiefe Venenthrombose oder eine Reaktivierung einer Herpes- simplex- Infektion bzw. einer Zytomegalie- Infektion sein (Herold 2022).

- FUO bei neutropenischen Patienten:

Hierbei liegt während oder nach einer Zytostatikatherapie die Zahl der neutrophilen Granulozyten zwischen 500 – 1.000 / µl. Man findet das bei bis zu 75 % der Patienten. Bei ca. 50 % bleibt die Ursache unklar. Auch in diesen ungeklärten Fällen sollte man eine Infektion vermuten. Am häufigsten sind Keime wie z. B. Staphylokokken, Streptokokken, gramnegative Bakterien oder Pilze der Auslöser (Herold 2022).

- FUO ohne Neutropenie:

Diese findet sich oftmals bei Abszessen, Endokarditis, HIV- Infektion, opportunistischen Infektionen und Tuberkulose (Herold 2022).

- HIV- assoziiertem FUO:

Sobald die CD4- Lymphozyten < 200 / µl liegen, können opportunistische Infektionen auftreten wie z. B. Mykobakterien, P. jirovecii etc. (Herold 2022).

 

Pathophysiologie

Der Hypothalamus steuert die Körpertemperatur. Neurone im präoptischen vorderen und im hinteren Hypothalamus empfangen Signale zur Temperatursteuerung aus:

- peripheren Nerven (diese übermitteln Informationen der Kälte- und Wärmerezeptoren der Haut)

- Blut, welches die Region umspült (Kasper 2015)

Exogene Pyrogene und pyrogene Zytokine können zu einer Veränderung des Sollwertes führen (Smid 2018).

- Exogene Pyrogene:

Diese stammen aus mikrobakteriellen Toxinen wie z. B. grampositive und gramnegative Bakterien sowie Viren etc.

- Pyrogene Zytokine (veraltete Bezeichnung: endogene Pyrogene):

Diese entstehen im Körper bei inflammatorischen Prozessen (Smid 2018).

Zu ihnen zählen z. B. IL- 1, IL- 6, Tumor- Nekrose- Faktor (TNF), Interferone (insbesondere Interferon alpha)

(Kasper 2015)

Zytokine führen zu einer Anhebung des hypothetischen Sollwertes im Hypothalamus. Dieses aktiviert die Neuronen im vasomotorischen Zentrum und führt über eine Vasokonstriktion in den Extremitäten zu einer Verringerung des Wärmeverlustes durch die Haut. In diesem Stadium kann es zu Schüttelfrost kommen, um dadurch die Wärmeproduktion der Muskeln zu erhöhen. Auch die Leber trägt zur Wärmeproduktion bei, ebenso das Anziehen wärmerer Kleidung, Wärmflasche etc. bei Frösteln. Die Prozesse der Wärmeproduktion und Wärmeerhaltung laufen so lange weiter bis das Blut, das durch die Neuronen des Hypothalamus fließt, der Temperatur der neuen Thermostateinstellung entspricht. Ist diese Temperatur erreicht, hält der Hypothalamus die vorgesehene Temperatur.

Sobald der hypothalamische Sollwert wieder nach unten korrigiert wird z. B. durch Einnahme fiebersenkender Medikamente oder durch eine Verringerung der Pyrogen- Konzentration, kommt es zu einer Gefäßerweiterung und Schwitzen, um die Temperatur dem neuen Sollwert anzupassen. (Kasper 2015).

Manifestation

Die normale orale Körpertemperatur wird in der frühen Kindheit festgelegt. Im Alter ist die Fähigkeit, Fieber zu entwickeln (stark) herabgesetzt, so dass selbst bei schweren Infektionen nur geringes Fieber auftreten kann (Kasper 2015),

Klinisches Bild

Klinische Leitsymptome bei Auftreten von Fieber können sein:

- Respiratorische Symptome wie z. B. Husten, Dyspnoe, Auswurf etc.

- Abdominale Symptome wie z. B. Diarrhoe, Schmerzen etc.

- Urogenitale Syndrome wie z. B. Flankenschmerzen, Pollakisurie, Dysurie etc.

- Enzephalitische oder meningitische Symptome wie z. B. Meningismus, Kopfschmerzen etc. (Herold 2022)

Das Symptom Fieber kann mit zusätzlichen Symptomen auftreten, die diagnostische Hinweise geben können wie z. B. mit:

- Hauterscheinungen

- Lymphadenopathie

- Gelenkschmerzen

- neurologischen Symptomen

- Hepatomegalie

- Splenomegalie (Runge 2018)

Diagnostik

Anamnestisch wichtig ist die Chronologie der Ereignisse, die dem Fieber vorausgingen, außerdem der Kontakt zu eventuell infizierten Personen (Kasper 2015), Auslandsreisen, Kontakt zu Tieren, Einnahme von Medikamenten etc. (Herold 2022).

Die Überwachung der Körpertemperatur sollte stets an der selben Stelle erfolgen z. B. immer im Mund, Trommelfell, Rektum (Kasper 2015).

Es ist dabei zu beachten, dass bei folgenden Patienten lediglich eine abgeschwächte Fieberreaktion möglich ist:

- Neugeborenen

- älteren Menschen (bei 20 – 30 % sind selbst bei schweren Infektionen Fieberreaktionen nur vermindert oder gar nicht nachweisbar [Battegay 2013])

- Patienten mit chronischen Leber- oder Nierenversagen

- nach Einnahme von

       - Glukokortikoiden

      - Antizytokinen (Kasper 2015)

Außerdem sollten Leitsymptome erfragt werden wie z. B. Husten, Dyspnoe, Auswurf, Dysurie, Pollakisurie, Schmerzen, Übelkeit, Diarrhoe, Schmerzen in den Knochen oder Gelenken, Kopfschmerzen etc. (Herold 2022).

Da die Duke- Kriterien (s. d.) eine hohe Spezifität für eine Endokarditis aufweisen, sollten diese ebenfalls angewandt werden (Mourad 2003).

 

Bildgebung

Röntgen Thorax

Hierbei können sich Hinweise finden auf:

- Infiltrate

- Erguss

- Raumforderung

- vergrößerte Lymphknoten (Runge 2018)

 

Abdomensonographie

Hinweise auf:

- Leberabszess

- Cholezystitis

- Pankreatitis

- Raumforderung

- Harnaufstau

- Bestimmung der Milzgröße (Runge 2018)

 

EKG

Zum Nachweis kardialer Auffälligkeiten (Runge 2018)

 

Falls es Hinweise auf Beteiligung anderer Organsysteme gibt, sollten diesbezügliche Untersuchungen erfolgen (Runge 2018)

 

Labor

- Differentialblutbild

Eine Leukozytose ist typisch für eine bakterielle Infektion, eine Leukopenie für Virusinfektionen, Brucellosen, Typhus, bei Z. n. Zytostatika oder Immunsuppressiva und nach vermehrtem peripheren Verbrauch von Granulozyten (Herold 2022).

- C- reaktives Protein

- Erythrozytensedimentationsrate (Kasper 2015)

- Transaminasen

Falls die Transaminasen erhöht sind, sollte eine Hepatitisserologie erwogen werden (Runge 2018).

- Bilirubin

- Kreatinin

- Harnstoff

- Elektrolyte

- Laktatdehydrogenase (LDH)

- BSG

- Urinanalyse

- Blutkulturen

- Lumbalpunktion bei Hinweisen auf entzündliche Veränderungen im Bereich des ZNS (Runge 2018)

- Rheumaserologie

- TSH basal (Herold 2022)

 

 

Differentialdiagnose

  • Normvarianten der Körpertemperatur:

Hierbei handelt es sich um eine physiologische Temperaturerhöhung. Sie erreicht im Allgemeinen maximale Werte bis 37,9 Grad C (Battegay 2013).

Normvarianten können auftreten bei z. B.:

- Frauen in der 2. Zyklushälfte

- nach einem opulenten Mahl

- nach körperlichen Anstrengungen (Battegay 2013)

 

  • Hyperthermie:

Bei einer Hyperthermie findet sich eine Erhöhung der Körpertemperatur, es besteht aber keine Erhöhung des Sollwertes (Smid 2018). Es handelt sich hierbei um einen unkontrollierten Anstieg der Körpertemperatur, bei der die Möglichkeit des Körpers Wärme abzugeben überschritten wurde (Runge 2018).

Die Hyperthermie kann exogen verursacht sein durch z. B. Sonnenbad (Kasper 2015), Heizkissen, Sauna, heißes Wannenbad oder endogen durch z. B. starke Muskelarbeit. Gleichzeitig ist die Wärmeabgabe des Körpers gestört durch z. B. hohe Lufttemperaturen mit hoher Luftfeuchtigkeit, ungeeignete Kleidung etc. (Battegay 2013).

Die Körperkerntemperatur kann Werte > 40 Grad C erreichen, zusätzlich treten dabei i. d. R. neurologische Symptome auf (Smid 2018). Die Haut ist typischerweise am gesamten Körper heiß, aber trocken. Die Hyperthermie spricht nicht auf fiebersenkende Medikamente an und kann rasch zum Tode führen (Kasper 2015).

 

  • Maligne Hyperthermie:

Hierbei handelt es sich um eine seltene hereditäre Erkrankung mit autosomal- dominantem Erbgang. Sie führt zu einer Hyperthermie während einer Narkose, insbesondere bei Gabe von Halothan und Succinylcholin (Battegay 2013).

 

  • Hyperpyrexie:

Unter einer Hyperpyrexie versteht man Temperaturen von > 41,5 Grad C. Die Ursache können z. B. schwere Infektionen sein. Am häufigsten tritt sie jedoch im Rahmen von Blutungen im ZNS auf (Kasper 2015).

 

  • Hypothalamisches Fieber:

Dieser Begriff wird verwendet, um das Ansteigen der Körpertemperatur auf Grund einer hypothalamischen Fehlfunktion durch z. B. Tumor, Blutung, lokales Trauma oder intrinsischer Fehlfunktion zu beschreiben (Kasper 2015).

Komplikation(en)

  • Dehydratation:

Der Flüssigkeitsbedarf steigt pro 1 Grad C um 0,5 - 1,0 l / 24 h (Herold 2022).

  • Erhöhter Sauerstoffbedarf:

Der Sauerstoffbedarf steigt bei Auftreten von Fieber ebenfalls an, eine Temperaturerhöhung um 1 Grad C erhöht den Sauerstoffbedarf um 12 – 13 % (Schumpelik 2010).

  • Fieberkrampf

Der Fieberkrampf (FK) ist eine altersabhängige Antwort des noch unreifen ZNS auf die Erhöhung der Körpertemperatur. Genetische Gründe spielen ebenfalls eine Rolle. Ein Fieberkrampf tritt bei 2 – 5 % der Kinder zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 6. Lebensjahr (mit einem Gipfel um das 2. Lebensjahr herum) auf. Sie zählen zu den häufigsten provozierten epileptischen Anfällen. Wichtig ist die Abgrenzung der benignen FK von einem Epilepsie- Syndrom (Kurlemann 2021).

Es gibt keine ausreichend belegten Studien darüber, dass der prophylaktische Einsatz von Antipyretika einen Fieberkrampf verhindern kann (Marek 2021).

Therapie allgemein

Die kausale Therapie richtet sich in erster Linie nach der Ursache des Fiebers (Runge 2018).

Eine routinemäßige Senkung ist insbesondere bei unklarem Fieber nicht indiziert. Es gibt aber Situationen, in denen die Senkung der Körpertemperatur von vitaler Bedeutung sein kann, das sind z. B.:

- maligne Hyperthermie

- Hitzschlag

- Grand- Mal- Epilepsie

- sonstigen Erkrankungen des ZNS

- ältere Patienten

- Patienten mit vorbestehender:

        - Herzinsuffizienz

        - koronarer Herzkrankheit

        - Schwangerschaft

Bei dieser Patientengruppe ließ sich bislang durch Fiebersenkung kein schädlicher Einfluss auf die Infektionsabwehr nachweisen (Weihrauch 2022).

 

  • Symptomatische Therapie:

Bei allen Patienten mit Fieber sollten symptomatische Maßnahmen erfolgen in Form von:

- ausreichender Substitution von Flüssigkeit (Runge 2018). Der Flüssigkeitsbedarf steigt pro 1 Grad C um 0,5 - 1,0 l / 24 h (Herold 2022).

- Entfernen wärmender Decken und übermäßiger Bekleidung (Weihrauch 2022)

- ggf. Antipyretika

Hier eignen sich insbesondere Inhibitoren der Cyclooxygenase wie z. B. Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure

- nicht lebensnotwendige Medikamente sollten wegen der Möglichkeit eines drug- fevers umgehend abgesetzt werden (Herold 2022)

- Wadenwickel:

Diese sind bei bestehender Kontraindikation gegen Antipyretika immer indiziert. Bei allen anderen Patienten mit Erhöhung des Temperatursollwertes hat sich gezeigt, dass Wadenwickel – solange der Sollwert der Temperatur noch erhöht ist - nicht sehr effektiv sind, die periphere Vasokonstriktion und den Schüttelfrost sogar verstärken und i. d. R. subjektiv als unangenehm empfunden werden. In Studien zeigte sich die Kombination von Wadenwickeln und Antipyretika der alleinigen Antipyretikagabe nicht überlegen (Weihrauch 2022).

Lediglich bei Hyperthermien ohne Erhöhung des Temperatursollwertes sind Wadenwickel weiterhin indiziert (Weihrauch 2022)

 

  • Fieber bei Viruserkrankungen:

Der überwiegende Teil der Fiebererkrankungen tritt im Rahmen selbstlimitierter Infektionen (insbesondere Virusinfektionen) auf. Der Einsatz fiebersenkender Medikamente ist hierbei weder schädlich, noch verzögert er die Heilung (Kasper 2015).

 

  • Fieber bei bakteriellen Erkrankungen:

Bei bakteriellen Erkrankungen kann das Zurückhalten antipyretischer Medikamente hilfreich sein, um die Wirksamkeit der Antibiotika zu bewerten, insbesondere wenn keine positiven Kulturen vorliegen (Kasper 2015).

 

  • Fieber bei Autoimmunerkrankungen bzw. autoinflammatorischen Erkrankungen:

Hierbei kann das Fieber durch Antizytokine gesenkt werden, obwohl das Fieber bei autoinflammatorischen Erkrankungen durch Interleukin- 1beta ausgelöst wird (Kasper 2015).

 

  • Postinfarkt- Fieber:

Die frühzeitige Gabe eines Betablockers kann laut Herlitz (2008) einen Fieberanstieg verhindern. Die Notwendigkeit einer symptomatischen Therapie mittels Antipyretika wurde in Studien bislang nicht systematisch untersucht (Smid 2018).

 

  • Fieberkrampf:

Zur Therapie steht rektales Diazepam zur Verfügung (Kurlemann 2021).

 

  • Fieber unklarer Genese (FUO):
    • FUO bei neutropenischen Patienten: Die Behandlung mit einem Breitbandantibiotikum i. v. sollte so bald wie möglich erfolgen, da die Erfolgschancen höher sind, je früher die Therapie begonnen wird (Herold 2022).
    •  FUO ohne Neutropenie: Sofern die Patienten keine bedrohliche Symptomatik zeigen, sollten diese zunächst für 2 – 3 Tage beobachtet werden. In diesem Zeitraum kann das Fieber objektiviert werden. Falls auch nach dieser Zeit weiterhin Fieber besteht, ist eine ausführliche Diagnostik einzuleiten (Herold 2022).

 

Verlauf/Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Ursache des Fiebers.

Bei Fieber unklarer Genese zeigen mehrere Studien einen guten Verlauf mit einer spontanen Erholung zwischen 51 – 100 % an (Mourad 2003).

Hinweis(e)

Messungen mit einem Ohrthermometer sind zwar aussagekräftig, sie können aber variabler sein als orale bzw. rektale Messwerte (Kasper 2015).

Falls bei Beginn der Erkrankung, unter Immunsuppression oder Immunschwäche die serologische Untersuchung auf Antikörper negativ ist, schließt das die jeweilige Erkrankung nicht aus (Herold 2022).

Es gibt keine ausreichend belegten Studien darüber, dass der prophylaktische Einsatz von Antipyretika einen Fieberkrampf verhindern kann (Marek 2021).

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Battegay E et al. (2013) Siegenthalers Differentialdiagnose. Georg Thieme Verlag Stuttgart 111 - 113
  2. Herlitz J, Svensson L, Engdahl J, Silfverstolpe J (2008) Characteristics and outcome in out-of-hospital cardiac arrest when patients are found in a non-shockable rhythm. Resuscitation 76 (1) 31 - 36
  3. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 915 - 917
  4. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 123 – 126
  5. Kurlemann G, Muhle H et al. (2021) Fieberkrämpfe im Kindesalter. AWMF Leitlinie AWMF- Register- Nr. 022 – 005
  6. Marek I, Moritz K, Rascher W, Neubert A (2021) Fieber: Physiologie, Pathophysiologie, klinische Zeichen und Therapie. Monatsschrift Kinderheilkunde 169, 403 – 415
  7. Mourad O, Palda V, Detsky A S (2003) A Comprehensive Evidence-Based Approach to Fever of Unknown Origin. Arch Intern Med. 163 (5) 545 - 551
  8. Petersdorf R G, Beeson P B (1961) Fever of unexplaines origion: Report on 100 cases. Medicine 40 (1) 1 - 30
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  10. Schlosser S (2022) Fieber. In: Klare P, Treese C, Würstle S Mein erster Dienst Gastroenterologie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 67 – 74
  11. Schumpelik V, Bleese N, Mommsen U (2010) Kurzlehrbuch Chirurgie. Thieme Verlag Stuttgart 95
  12. Smid J, Scherner M O, Groschek T, Wippermann J, Braun- Dullaeus R C (2018) Kardiogene Ursachen von Fieber. Dtsch Artzebl Int 115. 193 – 199
  13. Torossian A, Becke K, Bein B, Bräuer A, Gantert D, Greif R, Höcker J, Horn E P, Kimberger O, Klar E, Nuhn P, Ruchholtz S, Schwappach D, Welk I, Wulf H (2019) S3 Leitlinie „Vermeidung von perioperativer Hypothermie“ Aktualisierung 2019.
  14. Weihrauch T R, Wolff H P et al. (2022) Internistische Therapie 2022 / 2023. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland 4 - 5

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