Synonym(e)
Definition
Dihydrocodein ist ein halbsynthetischer Opioidrezeptor-Agonist, das zur Gruppe der Antitussivsa, bzw. der schwach wirksamen Opioid-Analgetika gehört. Chemisch ist es mit dem Codein nahe verwandt. Dihydrocodein wird oral, etwa als Retard-Tablette (60, 90 oder 120 mg des Wirkstoffs enthaltend), verabreicht. Dihydrocodein unterliegt nicht der der BTMV.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Dihydrocodein ist ein partieller Opioidrezeptor-Agonist, mit deutlich schwächerer analgetischer Wirkung als Morphin. 60 mg DHC entsprechen 10 mg Morphin. Aus der partiell agonistischen Wirkung ergibt sich ein Ceiling-Effekt (ab einer gewissen Dosis kann durch Dosissteigerung keine höhere analgetische Wirkung mehr erreicht werden). Die Potenz von Dihydrocodein wie auch von Codein und Tramadol wird stark vom Genotyp des Cytochrom-P450-Isoenzyms CYP2D6 beeinflusst, der von Mensch zu Mensch stark variiert. Dies erklärt Berichte über Über- oder Unterdosierungen nach Verabreichung von Standarddosen der beiden Medikamente.
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Pharmakokinetik
Dihydrocodein) wirkt mild analgetisch und wird rasch aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert, wobei die Plasmahalbwertszeit etwa 3–4,5 Stunden beträgt. Im Organismus wird die Substanz in Dihydromorphin umgewandelt, das sich durch ein vergleichsweise hohes Suchtpotential auszeichnet. Die Elimination erfolgt vorwiegend extrarenal.
Indikation
Sogenannte schwache Opioid-Analgetika werden häufig zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt, oder wenn sich Paracetamol oder ein nichtsteroidaler Entzündungshemmer (NSAID) als unzureichend erweisen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Dihydrocodein darf nicht während der Schwangerschaft angewendet werden, da keine Erfahrungen über die Sicherheit einer solchen Anwendung vorliegen. Für verwandte Wirkstoffe gibt es Hinweise auf Fehlbildungen beim Menschen, Wachstumsverzögerung beim Feten und Verkürzung der Schwangerschaftsdauer.
Unerwünschte Wirkungen
Nebenwirkungen bestehen in Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit, Stimmungsschwankungen. Die Kontraktion der glatten Muskulatur kann zu Obstipation, Kontraktion des Harnleiters und Hemmung des Miktionsreflexes führen.
UAWs der Haut: selten. Einzelfallbeschreibungen beziehen sich auf eine AGEP (Nakai N et al. 2014 und ein Erythema multiforme (Matsuzawa Yet al. 2010). Häufiger sind Pruritus, unspezifische Erytheme und generalisierte Dermatitiden (Els C et al. 2017).
Überdosierungssymptome zeigen sich in Schläfrigkeit, Stupor oder Koma, langsamer Atemfrequenz, Zyanose, Blutdruckabfall und Schock. Zunächst kommt es zu stecknadelkopfgroßen Pupillen, danach zunehmender Hypoxämie, dann Pupillendilatation, Sistieren der Urinausscheidung, Abfall der Körpertemperatur, kalter schweißiger Haut und herabgesetztem Muskeltonus.
Wechselwirkungen
MAO-Hemmstoffe: Dihydrocodein soll nicht während einer Therapie oder innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung einer Therapie mit MAO-Hemmstoffen (z.B. Tranylcypromin) angewendet werden. Es kann zur Verstärkung der zentralnervösen Wirkungen bzw. zum Auftreten anderer unerwünschter Wirkungen in nicht vorhersehbarem Ausmaß kommen.
Zentraldämpfende Arzneimittel: Die gleichzeitige Gabe von Dihydrocodein und Sedativa/Hypnotika, Psychopharmaka (z.B. Phenothiazine wie Chlorpromazin, Thioridazin oder Perphenazin;
Antidepressiva wie Imipramin, Opipramol oder Amitryptilin) oder sedierend wirkenden Antihistaminika (z.B. Promethazin, Meclozin) kann zu einer Verstärkung der sedierenden und atemdepressiven Wirkung führen.
Alkohol: Dihydrocodein vermindert zusammen mit Alkohol die psychomotorische Leistungsfähigkeit stärker als die Einzelkomponenten. Daher sollte Alkohol während der Behandlung mit DHC Mundipharma vermieden werden.
Partielle Opioid-Agonisten/Antagonisten: Die Kombination von partiellen Opioid-Agonisten/Antagonisten (z.B. Buprenorphin, Pentacozin) und Dihydrocodein kann zu einer Wirkungsabschwächung von DHC Mundipharma führen.
Antitussiva: Die Wirkung von Antitussiva kann bei gleichzeitiger Gabe von DHC Mundipharma verstärkt werden.
Expektorantien oder Sekretolytika: Wegen der hustendämpfenden Wirkung von DHC Mundipharma kann es zu einem Sekretstau bei einer gleichzeitigen Gabe von Expektorantien oder Sekretolytika kommen.
Sildenafil: Die gleichzeitige Einnahme von Dihydrocodein und Sildenafil kann in Einzelfällen zu Erektionen führen, die nach dem Geschlechtsverkehr weiter anhalten.
Cimetidin und andere Arzneimittel, die den Leberstoffwechsel beeinflussen: Unter Morphinbehandlung wurde eine Hemmung des Morphin-Abbaus beobachtet. Dies führte zu erhöhten Plasmakonzentrationen von Morphin. Für Dihydrocodein ist eine derartige Wechselwirkung nicht auszuschließen.
Kontraindikation
Kontraindikationen zur Verordnung sind extreme Fettsucht und eingeschränkte Lungenfunktion.
Präparate
Monopräparate: Codidol® (A), Codicontin® (CH), DHC Mundipharma ® (D), Dehace® (A), Dicodin® (F), Paracodin ® (D, A, CH), Tiamon ® (D)
Kombinationspräparate: Escotussin® (CH), Makatussin comp. ® (CH)
Hinweis(e)
Dihydrocodein hat ähnlich wie andere stark wirksame Opioidrezeptoragonisten ein Abhängigkeitspotenzial. Eine längerfristige Anwendung kann zu physischer und psychischer Abhängigkeit sowie Toleranz führen. Bei vorbestehender Opioidabhängigkeit (auch solche in Remission) ist mit schnellen Rückfällen zu rechnen. Dihydrocodein wird von Heroinabhängigen als Ersatzstoff betrachtet. Auch Abhängige von Alkohol oder Sedativa neigen zu Missbrauch und Abhängigkeit von Dihydrocodein. Bei anamnestischem oder bestehendem Alkohol-, Drogen-, oder Arzneimittelmissbrauch ist Dihydrocodein nur mit besonderer Vorsicht zu verordnen.
Die Behandlung von Husten und Schmerzzuständen darf bei Opiatabhängigen nicht mit Codein oder Dihydrocodein enthaltenden Arzneimitteln durchgeführt werden. Es sind Nicht-Opiate unter den Antitussiva bzw. andere wirksame Analgetika zu wählen. Die Behandlung von Schmerzzuständen bei Opiatabhängigen erfordert große Erfahrung und Spezialwissen.
Dihydrocodein kann in Proben von Barthaaren bereits 1 Tag nach oraler Aufnahme nachgewiesen werden. Die maximale Konzentration kann 6 Tage nach der oralen Aufnahme gemessen werden (Ramírez Fernández MDM et al. 2019)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Els C et al. (2017) Adverse events associated with medium- and long-term use of opioids for chronic non-cancer pain: an overview of Cochrane Reviews. Cochrane Database Syst Rev 10:CD012509.
- Estrada JL et al. (2001) Generalized eczema due to codeine. Contact Dermatitis. 44:185.
- Leppert W et al. (2016) Dihydrocodeine: safety concerns. Expert Rev Clin Pharmacol 9:9-12.
- Matsuzawa Yet al. (2010) Erythema multiforme major putatively induced by dihydrocodeine phosphate. Clin Exp Dermatol 35:673-674.
- Nakai N et al. (2014) Acute generalized exanthematous pustulosis caused by dihydrocodeine phosphate in a patient with psoriasis vulgaris and a heterozygous IL36RN mutation. JAMA Dermatol 151:311-315.
- Ramírez Fernández MDM et al. (2019) Time course detection of dihydrocodeine in body hair after a single dose. Forensic Sci Int 302:109864.