Synonym(e)
Erstbeschreiber
Die Peritonealdialyse findet seit den 60er Jahren als intermittierende Form klinikgebunden Anwendung (Geberth 2011). Im Jahre 1976 beschrieben Moncrief und Popovitch erstmals eine kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse. Wenig später, 1978 ermöglichte die von Oreopoulos beschriebene CAPD ein Verfahren der Dauerdialysebehandlung und legte damit den Grundstein für die in der heutigen Form im häuslichen Bereich durchgeführte CAPD (Hepp 2009).
Definition
Die kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) zählt zu den Formen der Peritonealdialyse (PD). Sie ist die einzige nicht maschinell unterstützte Form der PD (Herold 2020). Der Antrieb erfolgt hierbei durch die Schwerkraft (Kuhlmann 2015).
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Vorkommen
Die CAPD ist mit 65 % (Hepp 2009) die am häufigsten verbreitete Form der Peritonealdialyse (Kuhlmann 2015).
Pathophysiologie
Das Bauchfell stellt bei der CAPD die Dialysemembran dar.
Durch die Kapillaren des Peritoneums reichern sich mittels Diffusion Substanzen aus dem Blut in der Dialyselösung an und werden eliminiert.
Kleinmolekulare Teile können entweder diffundieren oder durch Konvektion in die Dialyselösung bzw. Peritonealhöhle transportiert werden.
Großmolekulare Teile verlassen durch Konvektion die Kapillaren. Hierfür ist i. d. R. eine längere Verweildauer des Dialysats erforderlich, die bei der CAPD gegeben ist (Geberth 2011).
Das Wasser hingegen wird in erster Linie osmotisch durch die hypertone Dialyselösung entzogen (Moor 2018).
Die Clearanceleistungen durch die CAPD liegen im:
- kleinmolekularen Bereich deutlich über denen der Hämofiltration (HF)
- mittelmolekularen Bereich über dem der Hämodialyse (HD). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der überwiegende Teil der CAPD- Patienten noch über eine renale Restfunktion verfügen, durch die ebenfalls mittelmolekulare Teile ausgeschieden werden können (Keller 2010) (Streicher 1982).
Komplikation(en)
Bei der PD generell können folgende Komplikationen auftreten:
-
CAPD- assoziierte Peritonitis (tritt durch die lange Verweildauer des Dialysats häufiger auf als bei anderen Formen der Peritonealdialyse)
- die Kontamination kann intraluminal, periluminal (entlang des Katheters [Geberth 2011]) oder gastrointestinal erfolgen
- überwiegend durch grampositive Keime (besonders Staphylokokken) verursacht
- die Patienten klagen über abdominelle Schmerzen, trübes Dialysat; im Dialysat findet sich ein laborchemischer Nachweis von > 100 Leukozyten / µg mit > 50 % Granulozyten und positive Dialysatkulturen
- die Therapie besteht aus Breitbandantibiotika nach Antibiogramm, Verabreichung bevorzugt intraperitoneal, ansonsten i. v.
- die Dosis sollte dabei der renalen Restfunktion angepasst werden
- Therapiedauer mindestens 2 Wochen, bei S. aureus, Enterokokken, gramnegativen Erregern mindestens 3 Wochen
- wegen der Gefahr von Adhäsionen und Katheterobstruktionen sollte intraperitoneal Heparin verabreicht werden
- exit- side- Infektionen
- hierbei kommt es zu einer eitrigen Sekretion mit oder ohne Rötung, Schwellung und Krusten
- die Diagnose erfolgt klinisch
- die systemische Antibiose sollte entsprechend dem Abstrich bzw. Antibiogramm erfolgen (Kuhlmann 2015)
- Tunnelinfektionen
- hierbei treten Infektionen der Bauchwand im Bereich des den Katheter umgebenden Gewebes auf mit Schwellung, Rötung, Schmerzen und eitrigem Sekret (Kuhlmann 2015)
- die Angaben zur Häufigkeit der exit- side Infektionen bzw. Tunnelinfektionen schwanken zwischen 0,1 % - 1 % Episoden / Jahr
- die Diagnosestellung erfolgt sonographisch (echoarmes Areal um den Katheter und / oder die Muffe)
- nach Keimabstrich erfolgt eine dem Antibiogramm angepasste antibiotische Behandlung
- die Verlaufskontrolle sollte ebenfalls sonographisch erfolgen (Herold 2020).
Das früher zur Vermeidung einer Tunnelinfektion übliche Auftragen von Silbernitrat wird inzwischen nicht mehr empfohlen, da Silbernitrat das Kathetermaterial angreift (Kasper 2015).
- ungewollte Gewichtszunahme durch Überwässerung
- metabolische Störungen
- eine Hyperkaliämie findet sich bei der Peritonealdialyse allerdings nur sehr selten, da die Dialysat- Lösungen kaliumfrei sind (Kasper 2015).
Therapie
Für die CAPD wird ca. 2 Wochen vor Beginn der Dialyse chirurgisch, laparoskopisch oder perkutan mittels Seldinger- Technik ein Katheter in die Bauchhöhle implantiert (Geberth 2011).
Indikationen:
- Patienten mit infektiösen Erkrankungen wie z. B. Hepatitis C, HIV etc.
- ältere Patienten (Hepp 2009).
Vorteile:
- Unabhängigkeit von Klinikzeiten etc.
- für den Patienten stellt die CAPD eine schonende Form der Behandlung dar
- die Restfunktion der Nieren bleibt länger erhalten
- es bestehen nur geringe Einschränkungen bei der Trinkmenge (Hepp 2009)
- die CAPD ist kostengünstiger als die Hämodialyse (HD)
- ist für Diabetiker mit gewissen Vorteilen verbunden wie z. B.:
- stabilere Blutzuckereinstellung
- weniger Hypoglykämien (Hörl 2004)
Nachtteile:
- das technische Überleben (damit wird der Zeitraum bezeichnet, in der die CAPD ohne Wechsel auf eine andere Dialyseform durchgeführt werden kann) schwankt zwischen 63 % - 71 % nach 5 Jahren und ist damit geringer als bei der HD
- zeitaufwändige Dialysatwechsel mehrmals täglich
- besondere Nachteile bei Diabetikern:
- Resorption der Glukose mit dadurch erhöhtem Insulinbedarf
- höhere Rate an Katheterinfektionen als bei der APD
- Verschlechterung des Lipidstoffwechsels möglich (Hörl 2004)
Kontraindikationen der Peritonealdialyse sind z. B.:
- bestehende Erkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für eine Peritonitis aufweisen
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
- COPD
- nicht kurierbare Hernien
- Eiweißmangel
- Psychosen (Herold 2020) anamnestisch bekannte Divertikulitis
- Körpergewicht > 90 kg
- Mangel an hygienischem Verhalten
- Schwierigkeiten bei der Materiallagerung (z. B. durch beengte Wohnverhältnisse)
- Colostoma
- Nephrostoma
- hoher renaler Eiweißverlust mit Malnutrition
- zahlreiche Voroperationen mit Verwachsungsbauch
- sehr große Zystennieren (Hepp 2009)
Durchführung:
Bei der klassischen CAPD finden pro Tag 4 – 5 Wechsel des Dialysats statt, tagsüber i. d. R. alle 4 h, nachts nach 8 h (Geberth 2011). Es ist möglich, dieses Schema den individuellen Bedürfnissen in gewisser Weise anzupassen (Schärer 2002). Da zwischenzeitlich keine vollständige Entleerung erfolgt, ist die Bauchhöhle bei der CAPD ständig mit Dialysat gefüllt (Geberth 2011).
Das Dialysat selbst besteht häufig aus glukosehaltigen Lösungen mit einer niedrigen Konzentration von Glukoseabbauprodukten, sog. Glucose Degradation Products = GDPs (Herold 2020).
Bei der CAPD werden höhere Volumina verwendet als bei der automatisierten Peritonealdialys ( APD). Die Verweildauer des Dialysats liegt zwischen 4 – 10 h und ist damit länger als bei der APD (Kuhlmann 2015). Durch die längere Verweildauer können höhermolekulare Teile besser eliminiert werden (Geberth 2011).
Die CAPD wird mitunter in Kombination mit der APD eingesetzt (Kasper 2015)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Geberth S et al. (2011) Praxis der Dialyse nach den Leitlinien NKF KDOQITM, KDIGO, EDTA, DGfN. Springer Verlag 187
- Hepp W et al. (2009) Dialyseshunts: Grundlagen – Chirurgie – Komplikationen. Steinkopff Verlag 48 - 62
- Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 645
- Hörl W H et al. (2004) Dialyseverfahren in Klinik und Praxis: Technik und Klinik. Thieme Verlag 98 - 99
- Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1824
- Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2243
- Keller C K et al. (2010) Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 250 - 255
- Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 713, 830 – 831
- Moor V (2018) Effektivität und Verlauf der peritonealen und renalen Natrium- und Phosphat-Elimination bei Peritonealdialyse-Patienten an der Universitätsklinik Tübingen. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Eberhard Karls Universität zu Tübingen
- Schärer K et al. (2002) Pädiatrische Nephrologie Springer Verlag 396 - 397
- Streicher E et al. (1982) Die adäquate Dialyse. Springer Verlag 43 - 55