Bronchialatmen

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Hauchendes Atmen; pathologisches Bronchialatmen; Röhrenatmen

Erstbeschreiber

Der Pariser Arzt Rene Theophile Hyacinthe Laennec (1781 – 1826) rollte 1816 einige Schreibhefte zu einer notdürftigen Hörhilfe zusammen, um sein Ohr nicht auf die füllige Brust einer Patienten legen zu müssen. Zu seiner Überraschung hörte er die Herztöne laut und deutlich. Daraufhin drechselte er ein hölzernes Hörrohr, welches er „stethoscope“ (griechisch: Brustbetrachter) nannte. Im selben Jahr wurde Laennec Chefarzt einer Pariser Klinik, in der vorwiegend Lungenerkrankte lagen. Bei seinen Visiten benutzte er das Hörrohr regelmäßig und entwickelte so ein Vokabular für normale, abnormale und pathologische Geräusche (Schoon 2012). 

Definition

Unter Bronchialatmen versteht man eine besondere Form der Atmung, bei der die Alveolen sich nicht an der Atmung beteiligen (Edens 1920). 

Auskultatorisch klingt die Bronchialatmung wie ein scharfes „ch“, das durch sehr hohe Schwingungen zustande kommt. Es ist i. d. R. bei der Expiration besser auskultierbar. Vom Vesikuläratmen unterscheidet es sich durch seinen Klangcharakter, der Tonhöhe, nicht aber durch seine Lautstärke. (Neuhaus 2013).

Bronchialatmen führt zu einer Dämpfung bei der Perkussion und zu einer Verstärkung der Bronchophonie (Dahmer 2006). Außerdem ist das Exspirium verlängert (Lasserre 2002)

Sensitivität und Spezifität der Bronchialatmung hinsichtlich einer Pathologie sind allerdings gering (Herold 2022).

 

 

Einteilung

Bei den Atemgeräuschen differenziert man durch eine veränderte Vibrationszahl der Grundtöne zwischen:

  • Vesikuläratmung (normal) 120 Vibrationen pro Sekunde
  • bronchovesikulärer Atmung 250 – 500 Vibrationen pro Sekunde
  • Bronchialatmen ≥ 1.000 Vibrationen pro Sekunde (Dahmer 2006)

Die Hauptamplitude beim Bronchialatmen liegt meistens sogar zwischen 2.000 – 4.000 Hz (Neuhaus 2013).

Vorkommen

Bronchialatmen muss nicht grundsätzlich pathologisch sein: Bei Gesunden ist es über der Trachea und den Hauptbronchien auskultierbar (Lasserre 2002).

Es kann ansonsten als physikalisches Zeichen auftreten im Rahmen folgender Erkrankungen:

Ätiologie

Das Bronchialatmen entsteht dadurch, dass die darunterliegende Lunge luftleer geworden ist durch z. B. Infiltrate, Kavernen etc.

Es kommt so zu Schwingungen des Tracheobronchialsystems mit Wirbelbildungen der Atemluft im Bereich der Bronchialverzweigungen (Lasserre 2002).

Pathophysiologie

Die luftleeren Bezirke der Lunge können die durch den Luftgehalt der Lunge entstehenden tiefen Töne nicht mehr an die Brustwand weiterleiten. 

Bei tief in der Lunge gelegenen Infiltraten, die von lufthaltigem Lungengewebe umgeben sind, ist stattdessen Vesikuläratmen zu hören, da die Bronchialatmung nicht durch die Höhlenbildung zustande kommt, sondern durch die Verdichtung des Lungengewebes in der Umgebung. 

Deshalb kann die Bronchialatmung nur dann wahrgenommen werden, wenn die zuführenden Bronchien frei sind. Das ist auch der Grund, weshalb durch z. B. Sekrete oder ein Karzinom kein Bronchialatmen auskultierbar ist und stattdessen die Atmung aufgehoben ist (Neuhaus 2013).

 

 

Differentialdiagnose

  • Pueriles Atmen:

Hierbei lässt sich beidseitig ein deutlich verschärftes Exspirium über der gesamten Lunge auskultieren. Dies kommt besonders bei sehr schlanken Menschen vor und ist nicht pathologisch. Vom Bronchialatmen lässt es sich am ehesten durch die Beidseitigkeit abgrenzen (Holldack 2005).

  • Broncho- Vesikuläratmung:

Diese Form der Atmung steht zwischen Vesikulär- und Bronchialatmung. Sie zeigt an, dass der Luftgehalt an der auskultierten Stelle nicht normal ist (Bach- Marburg 2013). Man findet sie in jüngeren Jahren nicht selten bei gesunden Kindern (Dahmer 2006). 

 

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bach- Marburg L et al. (2013) Respirationsorgane, Mediastinum, Zirkulationsorgane. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 252
  2. Dahmer J (2006) Anamnese und Befund: Die symptom- orientierte Patientenuntersuchung als Grundlage klinischer Diagnostik. Ein interaktives Taschenbuch für Studium und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 281, 282, 539
  3. Edens E (1920) Lehrbuch der Perkussion und Auskultation: Mit Einschluss der ergänzenden Untersuchungsverfahren der Inspektion, Palpation und der instrumentellen Methoden. Julius Springer Verlag Berlin 148
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 375
  5. Holldack K et al. (2005) Auskultation und Perkussion – Inspektion und Palpation: Lehrbuch und Tonkassette mit Auskultationsbeispielen. 79
  6. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 
  7. Neuhaus A et al. (2013) Taschenbuch der medizinisch- klinischen Diagnostik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York / London / Paris / Tokyo / Hong Kong 179, 180
  8. Lasserre A (2002) Original- Prüfungsfragen mit Kommentar GK 2: Anamneseerhebung und allgemeine Krankenuntersuchung. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 133 - 135
  9. Schoon A et al. (2012) Das geschulte Ohr: Eine Kulturgeschichte der Sonifikation. Transcript Verlag Bielefeld 78
Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024