Definition
Aptamere (von lateinisch aptus ‚passen‘ und griechisch meros ‚Gebiet‘) sind künstliche, relativ einfach synthetisierbare, kurze einzelsträngige, thermostabile DNA- oder RNA-Oligonukleotide (25–70 Basen), die je nach ihrer dreidimensionalen Struktur hoch spezifisch und hochaffin an eine spezifische Stelle eines bestimmten Moleküls binden und damit dessen Funktion modulieren (Kumar Kulabhusan P et al. 2020). Aptamere lassen sich relativ einfache synthetisieren, mit vernachlässigbaren Schwankungen von Charge zu Charge.
Diagnostik
Aptamere haben das Potenzial zum Nachweis von Biomarkern, Mikroorganismen, viralen Erregern, Umweltschadstoffen oder Krankheitserregern.
Auch interessant
Therapie
Besonders interessant für einen therapeutischen Einsatz ist die Regulierbarkeit der Aptamere. Durch Zugabe eines Antidots, eines zu Teilen des Aptamers komplementären Oligonukleotids, kann die Funktion des Aptamers kontrolliert inhibiert werden. Wenn Aptamere nicht selbst als aktives Therapeutikum eingesetzt werden, können sie auch genutzt werden, um zellspezifisch therapeutische Moleküle in die Zellen zu transportieren. Konjugate aus einem oberflächenrezeptorspezifischem Aptamer und siRNA.
Lymphome: Spezifische Aptamere können sich spezifisch an die Oberfläche von B-Zellen des Immunsystems heften. Beispiel: Burkitt-Lymphom.Als Zielstruktur dieses Aptamers wurde ein bis dahin unbekannter Proteinkomplex auf der Zelloberfläche von Burkitt-Lymphom-Zellen identifiziert (Surface Splicosomal Complex). (Bemerkung: Unter Spleißen, versteht man einen Vorgang in der Zelle, bei dem nach dem Auslesen eines Gens auf der dabei entstehenden Boten-RNA (mRNA) einzelne Sequenz-Abschnitte entfernt oder neu zusammengesetzt werden. Damit können die Protein-Baupläne in den Genen modular genutzt werden, beispielsweise damit eine Zelle schnell auf sich verändernde Umweltbedingungen wie Nährstoffzufuhr oder Temperatur reagieren kann). An Zellen anderer Tumorarten wie T-Zell-Lymphome bindet dieses spezifische Aptamer, das den gesamten SSC erkennt, hingegen nicht. Als Folge der Bindung des Aptamers entfernt die Zelle den SSC von ihrer Oberfläche, um eine Alarmierung des Immunsystems zu vermeiden. Dies führt dazu, dass sich in den Zellen mehrere hundert Spleiß-Prozesse verändern, die letztendlich zur Apoptose führen (Fu Z et al. 2020).
Altersbedingte Makuladegeneration: Mit Pegaptanib wurde 2006 das erste und bisher einzige Aptamer in der EU zugelassen, und zwar zur Behandlung der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), einer Augenerkrankung. Bei der AMD bewirkt die verstärkte Ausschüttung des Proteins VEGF-A eine krankhafte Bildung von Blutgefäßen im Auge, die zum Absterben der Photorezeptoren und damit zur allmählichen Erblindung führt. Durch spezifische Bindung an VEGF-A stört Pegaptanib diesen Prozess. Weil mittlerweile effektivere AMD-Therapien entwickelt und zugelassen wurden, nahm der Hersteller Pegaptanib 2018 jedoch wieder vom Markt.
Dilatative Kardiomyopathie: bei der dilatativen Kardiomyopathie finden sich in einem hohen Prozentsatz Autoantikörper gegen den beta1-adrenergen Rezeptor. Die Autoantikörper greifen in die Regulation der Herzrezeptoren ein, indem sie den Rezeptor dauerhaft aktivieren. Aptamere könnten aufgrund ihrer Eigenschaft, Autoantikörper gezielt zu neutralisieren, eine therapeutische Möglichkeit darstellen, diese Form der Kardiomyopathie zu behandeln.
SARS-CoV-2: Nukleinsäure-Aptamere (ssDNA, 2’-F-RNA, Clickmere) sind in der Lage an das Spike-Protein S von SARS-CoV-2 zu binden und dadurch die Interaktion des Virus mit dem ACE2-Rezeptor verhindern.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Fu Z et al. (2020) Aptamers, the Nucleic Acid Antibodies, in Cancer Therapy. Int J Mol Sci 21:2793.
- Kumar Kulabhusan P et al. (2020) Current Perspectives on Aptamers as Diagnostic Tools and Therapeutic Agents. Pharmaceutics 12:646.
- Maimaitiyiming Y et al. (2019) Novel insights into the role of aptamers in the fight against cancer. J Cancer Res Clin Oncol 145:797-810.
- Müller J et al.(2019) The DNA-based drug BC 007 neutralizes agonistically acting autoantibodies directed against G-protein-coupled receptors. Chemistry today 37: 65-67.