Acetylsalicylsäure

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Aspirin; ASS

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Definition

Häufig eingesetztes Mittel gegen leichte bis mittelstarke Schmerzen.

ASS wirkt analgetisch, antipyretisch, antiphlogistisch und hemmt die Thrombozytenaggregation. Durch irreversible Hemmung der Cyclooxygenase wird die Prostaglandinsynthese gehemmt.

Halbwertzeit

15 Min.

Pharmakodynamik (Wirkung)

ASS besitzt eine Ausnahmestellung innerhalb der COX-Inhibitoren. Die Acetylierung der Salicylsäure (eine Entwicklung des Chemikers Felix Hofmann) verbesserte die Verträglichkeit und erweiterte das Wirkprofil der Salicylsäure. Denn die Acetylgruppe, die rasch im Pfortaderkreislauf abgespalten wird (HWZ von ASS nur 15 –20 min!) besitzt klinische Effekte, die über die COX-Hemmung hinausgehen. Für ASS wurde noch die Hemmung des proinflammatorischen ubiquitären Transkriptionsfaktors NFκB, der iNOS sowie der COX-2-Expression nachgewiesen. Diese Wirkungen sind wahrscheinlich unabhängig von einer enzymatischen COX-Hemmung

Wirkungsspektrum

Die pharmakokinetischen Daten zeigen, dass ASS schnell (HWZ: 15min) und präsystemisch (in der Schleimhaut von Magen und Dodenum) durch Abspaltung des Acylrestes in den wirksamen Metaboliten Salicylsäure (SS) umgewandelt wird. Die COX-Hemmung durch ASS ist irreversibel. Die PG-Synthese wird gehemmt, indem SS die Transkription des induzierbaren COX-2-Gens und damit die COX-2-Synthese hemmt. SS wird direkt oder in Form von inaktiven (nach Konjugation mit Glucuronsäure oder Glycin in der Leber) Metaboliten) pH-abhängig über die Nieren ausgeschieden.

Indikation

Akute Schmerzen

Akutbehandlung der versch. Formen der koronaren Herzerkrankung, von zerebrovaskulären Erkrankungen, pAVK.

Sekundärprophylaxe des myokard-und Hirninfarktes

Nachbehandlung von Kronarinterventionen (Ballondilatation, Stentimplantation) und aortokronaren Bypass-Ops (100mgASS+75mg Clopedigrel)  

Nachbehandlung venöser Thromboembolien

Polcythaemia vera (100mg/Tag)

Dosierung und Art der Anwendung

Je nach Indikation ist die Standarddosierung sehr unterschiedlich. Übliche Einzeldosierungen für Erwachsene sind:

  • 100 mg zur Blutverdünnung (1 x täglich als Dauerbehandlung)
  • 300 – 1000 mg als Analgetikum (mehrmals täglich in Abständen von 4-8 Stunden)
  • 1000 mg bei Migräne
  • Die Tagesmaximaldosis beträgt in der Regel 3000 mg. Bei der Behandlung akuter und chronisch entzündlicher Erkrankungen wie z.B. rheumatoide Arthritis können Tagesdosen von 4-8 g zum Einsatz kommen.

Unerwünschte Wirkungen

Häufig: Leichte gastrointestinale Beschwerden. Gelegentlich: Hyperhidrose, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Selten (insbes. nach Langzeittherapie) Magenblutungen oder Magengeschwüre. Transaminasen-Anstieg bei hochdosierter Therapie.

Merke! ASS kann bei ca. 20-30% der Pat. mit chronischer Urtikaria schubaktiv wirken aber auch Angioödeme oder einen anaphylaktischen Schock auslösen (s.u. Intoleranzreaktion).

Selten: schwerwiegende Blutungen wie z. B. cerebrale Blutungen, Hämolyse und hämolytische Anämie (bei Patienten mit schwerem Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel), Blutungen wie z.B. Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Hautblutungen oder Blutungen des Urogenitaltraktes mit einer möglichen Verlängerung der Blutungszeit, Überempfindlichkeitsreaktionen des Respirationstrakts, des Gastrointestinaltrakts und des kardiovaskulären Systems, vor allem bei Asthmatikern (mögliche Symptome sind: Blutdruckabfall, Anfälle von Atemnot, Rhinitis, verstopfte Nase, anaphylaktischer Schock oder Quincke-Ödeme), Kopfschmerzen, Schwindel, gestörtes Hörvermögen, Ohrensausen (Tinnitus) (kann Anzeichen einer Überdosierung sein), mentale Verwirrung (kann Anzeichen einer Überdosierung sein), Sehstörungen (kann Anzeichen einer Überdosierung sein), Somnolenz (kann Anzeichen einer Überdosierung sein), Gastrointestinale Ulzera, die sehr selten zur Perforation führen können, Gastrointestinale Blutungen, die sehr selten zu einer Eisenmangelanämie führen können, Gastrointestinale Entzündungen, Thrombozytopenie, Granulozytose, hämorrhagische Vaskulitis, Überempfindlichkeitsreaktionen wie schwere Hautreaktionen (bis hin zu Erythema multiforme), Menorrhagie, Reye-Syndrom.

Eine syndromale Kombination mit Aspirin-Intoleranz, Asthma und Polyposis nasi ist als M. Widal beschrieben und spielt v.a. HNO-ärztlich eine Rolle.

Merke! Schwindel u. Tinnitus können (insbes. bei Kindern u. älteren Patienten) Symptome einer Überdosierung sein.

 

Wechselwirkungen

S. Tabelle 1.

Präparate

Aspirin, ASS, Alka-Seltzer, Godamed, Thomapyrin akut, Togal ASS

Hinweis(e)

Die Biographie des ASS zeigt bereits am ausgehenden 19. Jahrhunderts viele Elemente des modernen Pharmageschäftes. Zunächst die Frage der Patentierung: Das kaiserliche Patentamt hatte den Antrag, die Acetylierung der Salicylsäure zu patentieren, abgelehnt. Bei der Frage nach dem Handelsnamen sollte die biologische Herkunft des Salicylaldehyds aus Blüten vom Mädesüß (Spiraea syn. Filipendula ulmaria) durchscheinen. Zur Wahl stand dabei auch der Handelsname „Euspirin“. Schließlich machte der Vokal „A“ (von Acetyl) das Rennen. Im 1. Weltkrieg verlor Bayer 1917 in den USA Firmenvermögen und den Schutz für Patente und Warenzeichen einschließlich dem von Aspirin®. Erst 1994 konnte Bayer die Rechte an seinem eigenen Namen und an Aspirin® in den USA durch die Übernahme von Sterling-Winthrop zurückerwerben.

Tabellen

Wesentliche Wechselwirkungen von Acetylsalicylsäure

ACE-Hemmer

Wirkung des ACE-Hemmers ↓

Alkohol

Alkohol-Spiegel ↑

Antihypertensiva

antihypertensive Wirkung ↓

Antirheumatika, nichtsteroidale

wechselseitige Wirkung ↑

Azetazolamid

metabolische Azidose, ZNS-Toxizität ↑

Benzbromaron

Benzbromaron-Wirkung ↓

Benzoesäure

Kreuzallergie

Cephalosporine

Blutungsneigung ↑

Cumarine

Blutungsneigung ↑

Digoxin

Digoxin-Spiegel ↑

Dihydroergotamin

Blutungsneigung ↑

Fibrinolytika

Blutungsneigung ↑

Glukokortikoide

Acetylsalicylsäurespiegel ↓, Gefahr der Salicylat-Intoxikation nach plötzlichem Absetzen einer Kortikoid-Dauertherapie, Magen-Darm-Blutung

Heparin

Blutungsneigung ↑, Kombination meiden

Imipramin

Todesfälle bei ASS-Überdosierung beschrieben, Kombination meiden

Indometacin

Magenblutung, Indometacin-Wirkung ↓

Kaliumjodid

Magenschleimhautschädigung, Kombination meiden

Koffein

Arzneimittelmissbrauch

Lithiumsalz

Lithium-Toxizität ↑

Metformin

Laktatazidose

Midazolam

Midazolam-Wirkung ↑

Mucopolysaccharidpolysulfat

Blutungsneigung ↑

Nitrazepam

Tränenproduktion ↓,

Cave: Sicca-Syndrom
 

Penicilline i.v.

Blutungsneigung ↑

Prednimustin

Blutungsneigung ↑

Probenecid

Probenecid-Wirkung ↓

Saluretika

Saluretika-Wirkung ↓, ZNS-Toxizität ↑

Schilddrüsenhormone

Schilddrüsenhormon-Spiegel ↑

Schleifendiuretika

diuretische Wirkung ↓ bei Niereninsuffizienz oder Leberzirrhose mit Aszites, ZNS-Toxizität ↑

Sulfinpyrazon

Sulfinpyrazon-Wirkung ↓

Sulfonylharnstoffe

Hypoglykämie

Tartrazin

Kreuzallergie

Thiazid-Diuretika

diuretische Wirkung ↓, ZNS-Toxizität ↑

Ticlopidin

Blutungsneigung ↑­, Kombination meiden

Valproinsäure

Blutungsneigung ↑, Valproinsäure-Spiegel ↑, Kombination meiden

Zidovudin

Zidovudin-Toxizität ↑

 

Autoren

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