Synonym(e)
Definition
Plötzlicher oder schleichender, partieller oder vollständiger Verschluss mindestens eines Segments der tiefen Leit- und Muskelvenen von Venen der oberen Extremität und Thoraxapertur, hervorgerufen durch einen Thrombus mit Neigung zum Wachstum sowie der Gefahr der Embolisierung in die Lungen. Dazu gehören Vv. jugularis, brachiocephalica, subclavia und axillaris sowie die weiter distal liegenden Vv.brachialis, ulnaris und radialis.
Einteilung
Die tiefe Venenthrombose der oberen Extremität (TV-OE) wird eingeteilt:
- Primäre tiefe Venenthrombose der oberen Extremität (idiopathisch, anatomische Variationen)
- Sekundäre tiefe Venenthrombose der oberen Extremität (assoziiert mit Tumorerkrnankungen, intravenösen Kathetern, Schrittmacher)
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Vorkommen/Epidemiologie
Risiko an einer TVT liegt bei 1:1.000/Jahr; TV-OEs betreffen etwa 4-10% des Gesamtkollektivs (Encke A et al. 2016) mit steigender Inzidenz. Mit 80% sind sekundäre TVT-OEs weitaus häufiger als primäre TVT-OEs (Sajid MS et al. 2007)
Ätiopathogenese
Strömungsverlangsamung des Blutes, Endothelverletzungen (s.u. Endothel) bei zentralen Venenkathetern und Herzschrittmachern. Als weitere Risikofaktoren gelten Tumorerkrankungen, Alter >40 Jahre, Immobilisation, Überanstrengung (Thrombose par èffort), thromboembolische Ereignisse in der Vorgeschichte.
Insbesondere die Kombination aus Reizung der Gefäßwand durch einen ZVK bzw. durch Chemotherapeutika und eine tumorbedingte Hyperkoagulopathie des Blutes scheint die Bildung einer TVT-OE zu begünstigen. Bei >50% der Patienten mit einer TVT-OE befindet sich ein ZVK oder ein Herzschrittmacher im betroffenen Stromgebiet (Spencer FA et al. 2007). Bei bis zu 49% der Pat. Leigt eine Tumorerkrankung vor (Heil J et al.2018). Eine maligne Grunderkrankung erhöht das Risiko um den Faktor 18 gegenüber Nicht-Tumorpatienten. Ein weiteres Risiko stellen operative Eingriffe dar.
Lokalisation
Am häufigsten betroffen sind die Vv. Subclavia (62%), Axillaris (45%), Jugularis (45%) wobei durchaus auch >1 Thrombose nachgewiesen werden kann.
Klinisches Bild
Zeichen der venösen Stauung wie Schwellung, Schmerzen, Ödem, Zyanose, Dilatation der oberflächlichen Venen. 33-60% der TVT-OE verlaufen asymptomatisch (Sajid MS 2007). Die Gefahr der Lungenembolie ist während der ersten 3 Tage der Thromboseentwicklung am höchsten.
Hinweis auf eine Thrombose im Bereich der Vv. subclavia/axillaris kann ein lokalisierter Nacken-oder Schulterschmerz sein. Auch eine Schwäche oder Parästhesien in dem betroffenen Arm sowie erhöhte Körpertemperaturen können Hinweise auf eine TVT-OE sein.
Diagnose
Diagnostischer Algorithmus auf der Basis der Constans-Kriterien:
- ZVK oder Schrittmacher (1 Punkt)
- Lokalisierter Schmerz (1 Punkt)
- Einseitige Schwellung (1 Punkt)
- Alternative Diagnose wahrscheinlich für Beschwerden (1 Punkt abzüglich)
Beurteilung: =/>2 Punkte: TVT-OE wahrscheinlich); Bestimmung der D-Dimere (>500 ug/L)
Weiterhin:
- Duplex-Kompressionssonographie (Methode der ersten Wahl) unter Berücksichtigung der klinischen Wahrscheinlichkeit.
- Bei unsicherem oder negativem Befund in der Kompressionssonographie: Phlebographie oder D-Dimer-Testung.
- Thrombophiliediagnostik: Exakte Familienanamnese. Im Einzelfall Laborparameterbestimmung: Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C (Faktor V Leiden Mutation), Mangel an Protein C, Protein S, Antithrombin III, Vorhandenseins eines Lupusantikoagulans, respektive Anti-Cardiolipinantikörpers, Störungen in der Fibrinolyse oder Hyperhomozysteinämie, evtl. Abklärung von Familienangehörigen, bei welchen eventuell auch eine Thromboseneigung bestehen könnte.
Therapie
Die Therapie orientiert sich an der Behandlung der tiefen Venenthrombose der unteren Extremität.
Initiale Antikoagulation:
Vollheparinisierung in therapeutischer Dosierung (guter Evidenzgrad): Gewichtsadaptiert mit niedermolekularem Heparin (NMH) z.B. Nadroparin (Fraxiparin) 2mal/Tag 0.1 ml/10 kg KG s.c.; nur in Ausnahmefällen mit unfraktioniertem Heparin. S.u. Heparine, systemische.
Für die initiale Therapie der TVT-UE (Tiefe Venenthrombose der unteren Extremität) sind die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAC) wie Rivaroxaban (initial 2x15mg p.o./Tag, nach 3 Wochen 1x20mg p.o/Tag) und Apixaban (initial 2x10mg p.o./Tag, nach 7 Tagen Erhaltungsdosis 2x5mg p.o./Tag). Sie können auch bei der TVT-OE in dieser Dosierung eingesetzt werden.
Zur Erhaltungstherapie wurden bislang weitgehend Vitamin-K-Antagonisten eingesetzt. Zielbereich der International Normalized Ratio (INR) ist 2,0-3,0. Zunehmend finden jedoch in der Erhaltungstherapie die DOACs Verwendung, deren Vorteil in der Reduktion von Majorblutungen liegt. Weiterhin im Verzicht der INR-Kontrollen.
Die Dauer der Erhaltungstherapie liegt abhängig von der Ursache bei 3-6 Monate.
Alternativ: Regionale hypertherme Fibrinolytika-Perfusion: Neues Verfahren, abgeleitet von der hyperthermen Extremitätenperfusion beim malignen Melanom. Vorteile: Keine KI, keine Altersbegrenzungen, keine systemischen NW.
Operative Therapie
Thrombolyse: Nur in Ausnahmefällen evtl. indiziert bei jungen Menschen mit ausgedehnter Erst-Thrombose, kurzer Anamnese, umspülten Thromben, akuter Bedrohung der Extremität und Ausschluss einer Thrombophilie. Kontraindikationen äußerst streng beachten! Eine Behandlung durch Thrombolyse oder Thromboektomie sollte spezialisierten Zentren mit ausreichender Erfahrung vorbehalten sein. Präparate: Streptokinase, Urokinase, Alteplase (rtPA, recombinant tissue-type plasminogen activator), Tenecteplase (TNK-t-PA).
Thrombolyse-Verfahren: Systemische Lysetherapie (sehr hohe Nebenwirkungsrate), lokoregionale Lysetherapie.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Spencer FA et al. (2007) Upper extremity deep vein thrombosis: a community-based perspective.Am J Med 120:678-684.
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