Fibrinolyse

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Definition

Die Fibrinolyse ist ein enzymatischer Vorgang, durch den Fibrin und Fibrinogen proteolytisch gespaltet werden. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Homöostase des Gerinnungsprozesses.

Die Bestandteile des Fibrinolysesystems sind:

  • inaktives Plasminogen, aus dem das aktive Plasmin gesetzt wird, sowie
  • die Aktivatoren des Plasminogens:
    • t-PA = Gewebsplasminogenaktivator oder Tissue-Plasminogenaktivator
    • Urokinase
    • Kallikrein.

Der Ablauf der Fibrinolyse

Mit dem Einsetzen der Gerinnung wird gleichzeitig die Fibrinolyse aktiviert. Ziel ist es, zu verhindern, dass sich der Gerinnungsprozess über das ganze Gefäßsystem hinweg ausbreitet. Das Fibrin wird dort wieder aufgelöst, wo es keine physiologische Funktion ausübt bzw. nicht gebraucht wird. Eine weitere Funktion des Plasmins besteht darin, Ausführungsgänge von Drüsen sowie die ableitenden Harnwege von Fibrinniederschlägen frei zu halten.

Die Fibrinolyse wird durch Faktoren am Verletzungsort aktiviert, wenn t-PA an das Fibrin bindet. Faktor XIIa spaltet unter Freisetzung von Peptidfragmenten u. a. das hochmolekulare Kininogen (HMWK) zum Bradykinin. Dieses führt zur Freisetzung des gewebsspezifischen Plasminogenaktivators (tPA) aus dem Gefäßendothel. Weiterhin aktiviert Plasmakallikrein das Plasminogen. Außerdem wandelt es den scu-Plasminogenaktivator, der nicht sehr aktiv ist, in den hoch aktiven tcu-Plasminogenaktivator um.

Plasmin seinerseits aktiviert den F-XII, sodass eine Rückkoppelung entsteht. Das Plasmin ist ein unspezifisches proteolytisches Enzym, das nicht nur Fibrin spaltet, sondern auch Fibrinogen, den Faktor V, den Faktor VIII, das Serumkomplement und andere Serumeiweiße enzymatisch degradiert. Das Plasminogen-Plasmin-System wird wiederum durch Inhibitoren kontrolliert und gebremst.

Durch den proteolytischen Abbau von Fibrin, in zweiter Linie auch durch den Abbau von Fibrinogen, entstehen sogenannte Fibrin-Spaltprodukte. Diese sind im Blut nachweisbar, Die Abbauprodukte sind die sogenannten Fragmente X mit einem Molekulargewicht von 250 kD und die Fragmente A, B und C. Aus diesem Fragment X geht das Fragment Y mit einem Molekulargewicht von 155 kD und ein Fragment D mit 83 kD. hervor. Aus dem Fragment Y entstehen das Fragment D und das Fragment E mit einem Molekulargewicht von 62.000 D. Das Fragment D entsteht durch die Hydrolyse des quer vernetzten Fibrins.

Die D-Fragmente, auch D-Dimere genannt, sind von großer klinischer Bedeutung. Ein Anstieg der D-Dimere im Blut, die durch D-Dimere-Antikörper mithilfe eines ELISA nachweisbar sind, ist der Beweis für einen gesteigerten Ablauf der Gerinnung, der durch die gegenläufige Reaktion der Plasminaktivität dokumentiert wird.
Die D-Dimere haben eine hohe diagnostische Bedeutung, denn bei Verdacht auf ein thrombotisches Ereignis oder auf eine Lungenembolie lassen sie sich erhöht nachweisen. Andererseits schließen normale D-Dimere eine Thrombose oder eine Lungenembolie mit 95%iger Sicherheit aus.

In einer großen Studie konnte gezeigt werden, dass Patienten nach Absetzen einer Antikoagulationstherapie, z.B. nach Thromben, bei persistierender Erhöhung der D-Dimere ein erhöhtes Risiko für Rezidivthrombosen aufweisen.

Fibrinspaltprodukte sind erhöht bei:

  • Thromboembolien
  • Verbrauchskoagulopathie
  • Sepsis
  • Stress
  • fibrinolytische Therapie
  • Leukämien
  • Tumoren (besonders nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom und Mammakarzinom)
  • hämolytisch-urämisches Syndrom
  • Polytraumen
  • postoperativ
  • Herzinfarkt
  • Entzündungen
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen
  • schwere Arteriosklerose.

Die Abbauprodukte des Fibrins sind deutlich unterschieden von den Fragmenten des Fibrinogens, die zum Fibrin führen. Die Konzentration der D-Dimere im Plasma beträgt normalerweise bis 160ug/l.
Die Fibrinolyseaktivität wird außer durch die D-Dimere auch vom Thrombin-Antithrombin-Komplex und den Prothrombinfragmenten 1 und 2 erfasst. Im Gefolge von Entzündungen wird die Fibrinolyse ebenfalls gesteigert, worauf das C-reaktive Protein und das erhöhte Fibrin hinweisen.
Neben diesen Funktionen, die der Balance des Gerinnungssystems dienen, greift Plasmin auch in das Komplement ein: Es aktiviert den ersten Komplementfaktor, das C1. Gleichzeitig setzt das Plasmin aus dem Faktor XIIa das Spaltprodukt XIIf frei, das ebenfalls das Komplementsystem aktiviert. Somit ist Plasmin auch ein Immunstimulator. Weiterhin zerstört das Plasmin die Faktoren V und VIII.

Allgemeine Information

Dass das Gerinnungssystem antagonisiert werden kann, wurde schon 1838 von Denis beschrieben, nachdem er durch Zugabe von Salzen Fibrin wieder in Lösung bringen konnte. Andral vermutete, dass schwere Blutungen durch einen Mangel an Gerinnungsstoffen verursacht sein könnten. Morawitz entdeckte 1906, dass das Plasma eine proteolytische Aktivität besitzen müsse, die die Blutgerinnung aufhebt. Dastre beobachtete, dass Fibrin verdaut wird, wenn es mit Serum versetzt wird. Er prägte den Begriff Fibrinolyse. Jakoby konnte eine Fibrinolyse durch Phosphorvergiftungen an Hunden induzieren.

1970 wurde erstmals Plasminogen von Deutsch und Mertz isoliert. Eine weitere wichtige Beobachtung kam von Goodpasture, der 1914 feststellte, dass Plasminogen "spontan" in Plasmin übergeführt werden kann, ein Vorgang, der verstärkt bei Leberzirrhose auftritt.

Literatur

  1. HA Neumann (2014) Das Gerinnungssystem. ABW-Wissenschaftsverlag GmbH Berlin S. 103f.

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