X-chromosomale retikuläre Pigmentstörung mit systemischen Manifestationen L99.0

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Familial Cutaneous Amyloidosis; Familial Lichen Amyloidosis; OMIM: 301220; Partington Disease; PDR; X-Linked Cutaneous Amyloidosis; X-Linked Reticulate Pigmentary Disorder; XLPDR

Definition

Die X-chromosomale retikuläre Pigmentstörung ist ein seltenes Syndrom, das durch wiederkehrende Infektionen und sterile Multiorganentzündungen gekennzeichnet ist. Das Syndrom wird durch eine intronische Mutation im POLA1-Gen (312040) auf Chromosom Xp22 verursacht, dem Gen, das für die katalytische Untereinheit der DNA-Polymerase-alpha (Pol-α) kodiert, die für die Synthese der Okazaki-Fragmente während der DNA-Replikation verantwortlich ist (Starokadomskyy Pet al. 2019). In histologischen Untersuchungsreihen konnten Amyloidablagerungen in der papillären Dermis nachgewiesen werden (Partington et al. 1981). 

Ätiopathogenese

Die Systemerkrankung zeigt bei hemizygoten Männern schwerere Ausprägungen als bei heterozygoten Frauen. Zellen von Patienten mit der Mutation weisen eine erhöhte Expression von Genen auf, die an Interferon Typ I (IFNA1; 147660) Signalwegen und anderen proinflammatorischen Genen beteiligt sind. Die Patientenzellen zeigen eine verstärkte Aktivierung von Genen des Interferon-Regulationsfaktors (IRF) und des NFKB-Signalwegs als Reaktion auf doppelsträngige DNA, zytosolische doppelsträngige RNA und TNF (191160). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Spleißstellenmutation einen POLA1-Mangel verursacht, der zu einer konstitutiven Aktivierung von IRF- und NFKB-abhängigen Genen und einem erhöhten Typ-I-Interferon-Profil führt, möglicherweise durch die Verringerung der POLA1-vermittelten Erzeugung von zytosolischer RNA:DNA (Starokadomskyy et al. 2016). Starokadomskyy P et al. (2019) berichteten, dass Patienten mit X-chromosomaler retikulärer Pigmentstörung eine verminderte zytotoxische Aktivität der NK-Zellen und eine verringerte Anzahl von NK-Zellen aufweisen.

Klinisches Bild

Betroffene männliche Individuen leiden früh an rezidivierenden Atemwegsinfektionen und Gedeihstörungen infolge einer entzündlichen Gastroenteritis oder Kolitis. Die Patienten zeigen auch retikuläre Pigmentierungsanomalien der Haut und können Hornhautnarben entwickeln. Weibliche Überträger können nicht betroffen sein oder nur Blaschko-lineäre (systematisierte) Pigmentierungen aufweisen (Pezzani L et al. 2013, Starokadomsky et al. 2016).

Fallbericht(e)

Partington et al. (1981) beschrieben eine große kanadische Familie, in der 2 männliche und 7 weibliche Personen mit systematisierten Pigmentierungen der Haut. Bei den Frauen erinnerten Art und Verteilung der Pigmentierung an die Incontinentia pigmenti; bei den Männern war das Muster generalisiert und netzförmig. Histologische Untersuchungen zeigten bei beiden Geschlechtern Amyloidablagerungen in der papillären Dermis, Melanin in der Basalschicht und eine leichte Hyperkeratose.

Männliche Säuglinge litten unter Gedeihstörungen mit schweren Gastroenteritiden, Krampfanfällen, Halbseitenlähmungen, schweren auch tödlichen rekurriende Pneumonien, Leistenbrüche, Amyloid-Ablagerungen auf der Hornhaut. Im Erwachsenalter entwickelten sich Hornhautdystrophien mit schwerer Photophobie oder chronische Atemwegserkrankungen. Während Amyloidablagerungen ursprünglich in der pigmentierten Haut von Erwachsenen beiderlei Geschlechts gefunden wurden, konnten spätere Studien kein Amyloid in der Haut der betroffenen Kinder nachweisen, was darauf hindeutet, dass es sich bei der Ablagerung um eine altersabhängige sekundäre Veränderung handeln könnte.

Ades et al. (1993) beschrieben eine weitere Familie maltesischen Ursprungs und benannten die Erkrankung in X-linked reticulate pigmentary disorder with systemic manifestations, abgekürzt PDR, um.

Starokadomskyy et al. (2016) berichteten über 12 Familien mit X-chromosomaler Pigmentstörung. Die Familien stammten aus verschiedenen Ländern, darunter Kanada, Italien, Malta, Spanien, Israel, China, Serbien und den Vereinigten Staaten. Die Krankheit manifestiert sich typischerweise in den ersten Lebensmonaten, wenn männliche Patienten rezidivierende Lungenentzündungen, Bronchiektasen, chronischen Durchfall und Gedeihstörungen entwickeln. Eine diffuse Hyperpigmentierung der Haut mit einem ausgeprägten Netzmuster zeigt sich bereits in der frühen Kindheit und kann später von Hypohidrose, Hornhautentzündung und Narbenbildung, Enterokolitis, die einer entzündlichen Darmerkrankung ähnelt, und wiederkehrenden Harnröhrenstrikturen gefolgt werden.

Von weiblichen Trägern ist bekannt, dass sie nur begrenzte Blaschko-lineäre Pigmentveränderungen aufweisen. Die Laboruntersuchungen zeigten im Wesentlichen normale immunologische Parameter. Die Plasma-IL17A- und gamma-Interferon-Werte waren vermindert (Ursache der Infektionsneigung?).

Literatur
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  1. Ades LC et al. (1993) An X-linked reticulate pigmentary disorder with systemic manifestations: report of a second family. Pediat Derm 10: 344-351.
  2. Anderson RC et al. (2005) X-linked reticulate pigmentary disorder with systemic manifestations: report of a third family and literature review. Pediat. Derm. 22: 122-126.
  3. Légeret C et al. (2021) JAK Inhibition in a Patient with X-Linked Reticulate Pigmentary Disorder. J Clin Immunol 41:212-216.

  4. Partington MW et al. (1989) Familial cutaneous amyloidosis with systemic manifestations in males. Am J Med Genet 10: 65-75.
  5. Partington MW et al. (1989) X-linked cutaneous amyloidosis: further clinical and pathological observations. Am J Med Genet 32: 115-119.
  6. Pezzani L et al. (2013) X-linked reticulate pigmentary disorder with systemic manifestations: a new family and review of the literature. Am J Med Genet A 161A:1414-1420.

  7. Starokadomskyy P et al. (2016) DNA polymerase-alpha regulates the activation of type I interferons through cytosolic RNA:DNA synthesis. Nature Immun 17: 495-504.
  8. Starokadomskyy P et al. (2019) NK cell defects in X-linked pigmentary reticulate disorder. JCI Insight 4:e125688.

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