Sklerodermie zirkumskripte – Plaqueförmiger Typ L 94.0

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Circumscribed scleroderma; CS; Keloidmorphea; Localized morphea; localized scleroderma; Lokalisierte Sklerodermie; Morphea; Morphea en plaques; Morphoea; scleroderma circumscribed; Sclerodermia circumscripta; Sclerodermia partialis; Sklerodermie disseminierte zirkumskripte; Sklerodermie herdförmige zirkumskripte; Sklerodermie kleinfleckige zirkumskripte; Sklerodermie lokalisierte; Sklerodermie noduläre zirkumskripte; Sklerodermie unilaterale zirkumskripte; Zirkumskripte Sklerodermie; ZS

Definition

Chronische, in Schüben verlaufenden, sklerosierende Bindegewebserkrankung der Haut, von langwierigem aber selbstlimitiertem Verlauf und unter Atrophie der Haut zur Abheilung kommt. Ein Befall innerer Organe wie z.B. Herz, Lunge, Niere oder Gastrointestinaltrakt ist bei der zirkumskripten Sklerodermie eine absolute Rarität; Übergänge in eine systemische Sklerodermie sind nicht nachweisbar.

Einteilung

  • Klassische Form: Plaque- oder Morphea-Typ auch limitierte Form der ZS (etwa 60% des ZS-Gesamtkollektivs)
  • Generalisierte Form der zirkumskripten Sklerodermie (Maximalvariante des Plaque- oder Morphea-Typs)
  • Bullöse, zirkumskripte Sklerodermie (bullöse Variante des Plaque-Typs)
  • Atrophisierender Typ (Atrophodermia idiopathica et progressiva) (etwa 20% des ZS-Gesamtkollektivs)

Vorkommen/Epidemiologie

w:m= 4:1; dieses Verhältnis trifft sowohl für Erwachsene wie auch für Kinder zu. Die Inzidenz liegt im Gesamtkollektiv bei 2/100.000. Bei Kindern und Adoleszenten werden analoge Inzidenzen angegeben. Die Erkrankung tritt vorwiegend bei Weißen (85%) auf, bei Schwarzen zu 5% und bei Asiaten zu 3%.

Ätiopathogenese

Erkenntnisse über die Pathogenese der Morphea werden häufig aus Studien zur systemischen Sklerose extrapoliert, da die histopathologischen Merkmale der Haut ähnlich sind. Klinisch gesehen handelt es sich jedoch um zwei verschiedene Krankheiten, die sich in der Demografie, den klinischen Merkmalen, dem Krankheitsverlauf und der Prognose unterscheiden. Hinsichtlich ihrer Pathogenese werden  genetische (Korrelation mit HLA-B8, DR1, DR5), immunologische, autoimmunologische,  hormonelle, virale, bakterielle, toxische, traumatische, medikamentöse, neurogene oder vaskuläre Faktoren diskutiert. Auch beim Morphea-Typ der zirkumskripten Sklerodermie können kutane Mosaikmuster nachgewiesen werden.

Es wird erwartet, dass das Kandidatengen für die Vererbungsanfälligkeit einzelne Nukleotidveränderungen (Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) aufweisen. Die dominante Region, die mit der lokalisierten Sklerodermie assoziiert ist, ist ein Haupthistokompatibilitätskomplex. HLA-Klasse-I- und -Klasse-II-Allele werden mit der Entwicklung der lokalisierten Sklerodermie in Verbindung gebracht, obwohl es bei familiären Fällen keinen gemeinsamen HLA-Haplotyp bei betroffenen Personen in verschiedenen Familien gibt. Innerhalb von Familien haben Patienten mit Morphea mindestens einen HLA-Haplotyp gemeinsam, während andere Familienmitglieder mit identischen HLA-Haplotypen nicht erkrankten. Die Rolle des genetischen Faktors wurde durch den zytogenetischen Nachweis von Chromosomenbrüchen als Folge eines abnormen DNA-Reparaturprozesses untermauert.

Die "Radiation-induced morphea" wird als eine seltene Komplikation einer Strahlentherapie (Radiation-Recall) interpretiert (Spalek M et al. 2015).

Insbes. bei jungen Pat. können Borrelieninfektionen eine zirkumskripte Sklerodermie initiieren (Borrelia associated early-onset morphea) oder unter dem Bild einer zirkumskripten Sklerodermie verlaufen (Borrelien-spezifische Antigene wie OspA oder OspC haben ein hohes antigenes Potenzial und können autoreaktive Prozesse in Gang setzen). S.u. Borrelien.

Zunehmend setzt sich die Meinung durch, dass eine autoimmunologische Komponente pathogenetisch relevant ist (autoimmunologische und rheumatische Erkrankungen in der Familie, begleitende rheumatische oder autoimmunologische Erkrankungen, ANA +).

Klinisches Bild

Klassischer Plaque- oder Morphea-Typ: Meist schmerzlose, chronisch stationäre oder progressive, an Stamm und Extremitäten lokalisierte, unterschiedlich große (0,5-30,0 cm oder größere), rundliche oder ovale, auch großflächig konfluierte, sich zentrifugal ausdehnende, scharf begrenzte, weiße, rote oder braune flächige Indurationen. Im Zentrum der Indurationen kommt es  häufig zur Ausbildung einer weißen oder gelben, harten, mit der Unterlage verbackenen Platte, in der die Follikelstruktur fehlt (Zerstörung der Haarfollikel). Häufig sind diese plattenartigen Indurationen von einem ringförmigen, blauvioletten bis fliederfarbenen Erythemsaum umgeben = Lilac Ring (Zeichen der Progression). Die Läsionen der zirkumskripten Sklerodermie können rundlich bis oval, auch landkartenartig gegliedert sein. Nachweislich sind auch kutane Mosaikformationen (z.B. Schachbrettmuster), die auf postsomatische Mutationen in bisher noch unbekannten Genen hinweisen.  

Bei der Atrophodermia idiopathica et progressiva handelt es sich um eine primär atrophisierende Variante des Plaque-Typs mit großflächigen, kaum indurierten, rot-braunen oder roten, leicht eingesunkenen atrophischen Arealen.

Die Guttata-Form (auch Konfetti-Typ) der zirkumskripten Sklerodermie zeigt meist disseminierte, rumpfbetonte gelblich-weißliche, oberflächlich glänzende, wenig indurierte, kaum 1 cm große Flecken, Papeln oder Plaques. Initial können zart rote Flecken imponieren.

Die "generalisierte Form der zirkumskripten Sklerodermie" liegt nach der AWF-Leitlinie dann vor, wenn mindestens drei anatomische Lokalisationen betroffen sind. Bevorzugt betroffen sind Rumpf, Oberschenkel und die Lumbosakralregion. Die Plaques treten häufig symmetrisch auf und können zu größeren Arealen konfluieren, dann mit Bewegungsstörungen verbunden. Als äußerst schwer verlaufend stellt sich die sehr seltene "Disabling pansclerotic morphea" dar, die als Maximalvariante der generalisierten CS einzuordnen ist (s. Abb.). Die Kombination linearer und disseminierter großflächiger Areale mit nur geringer Regressionstendenz der Fibrose führt häufig schon im Kindesalter zu Kontrakturen und Wundheilungsstörungen.

Bei etwa 20% wurden in einer Übersichtsarbeit bei Erwachsenen (s.a Sklerodermie, zirkumskripte juvenile) extrakutane Manifestationen beobachtet, wobei diese (abgesehen von Skelett-und Muskelveränderungen bei den linearen Formen) klinisch keine Rolle spielen :

 

Labor

Antinukleäre Antikörper: Die Angaben sind (schwankend je nach Literatur und Typ). 30–70% der Patienten sind positiv für antinukleäre Antikörper (ANA), auch der Anti-Topoisomerase-II-alpha-Antikörper (76%) ist detektierbar wie auch der Anti-Einzelstrang-DNA-Antikörper (in breiter Streuung je nach Untersuchung zwischen 4% und 60%). Dies könnte ein Hinweis auf eine systemische entzündliche Aktivität sein. Wichtig beim Plaque-Typ: die Antikörper korrelieren nicht mit der klinischen Aktivität und Schwere.

Histologie

Entzündliches Stadium: Dichtes entzündliches Infiltrat, vor allem aus Lymphozyten. Ödematöse Verquellung der Kollagenfaserbündel. Septale Pannikulitis in den oberen Anteilen des Fettgewebes mit schütteren oder auch knotigen Rundzellinfiltraten, auch Eosinophilen und Plasmazellen  an der dermo-subkutanen Grenze. Selten Bildung von Keimzentren. Umschließung von Fettgewebslobuli durch kollagene Bündel.

Sklerotisches Stadium: Breite Vermehrung des dermalen Bindegewebes zu Lasten des subkutanen Fettgewebes. Homogenisierte verbreiterte Kollagenfaserbündel verlaufen parallel zur Hautoberfläche. Atrophische Adnexe, schlitzförmige verengte Gefäße. Eingemauerte ekkrine Schweißdrüsen. Eher schüttere perivaskuläre und diffuse lymphozytäre Infiltrate. Knotige Verdichtung der Infiltrate an der Grenze zur Subkutis. Breite, homogenisierte und auch ödematisierte Fettgewebssepten mit schütteren Rundzellinfiltraten.

Komplikation(en)

Obwohl die zirkumskripte Sklerodermie in der Regel keine inneren Organmanifestationen wie interstitielle Lungenerkrankung oder Herzrhythmusstörungen aufweist, ist das darunter liegende und assoziierte Gewebe bei diesem Klientel häufig betroffen, was zu Morbidität führt.

Die Häufigkeit der extrakutanen Beteiligung bei zirkumskripter Sklerodermie schwankt in der Literatur zwischen 20 und 70 %, je nachdem, ob die Daten retrospektiv oder prospektiv erhoben wurden, wobei prospektive Bewertungsdaten mehr Manifestationen erfassen.

Die häufigsten extrakutanen Manifestationen über alle Kohorten hinweg sind muskuloskelettale Manifestationen, einschließlich Arthralgien, Arthritis, Gelenkkontrakturen, Myositis und Fasziitis, die mit krankheitsbedingten Gangstörungen, Funktionseinschränkungen, Muskel-, Knochen- und Gliedmaßenatrophie einhergehen.

Assoziation zu anderen autoimmunologischen und rheumatologischen Erkrankungen, insb. Psoriasis vulgaris, Systemischer Lupus erythematodes, Multiple Sklerose und Vitiligo. 

Assoziationen mit genitalem Lichen sclerosus sind beschrieben. 

Verlauf/Prognose

Im Allgemeinen aktiver Verlauf über mehrere Jahre, danach brennt die Erkrankung aus, es bleiben die entstandenen Sklerosierungen bzw. Atrophien.

25% der Patienten erleiden ein Rezdiv. Dies kann noch nach Jahren der Latenz erfolgen. Eine besonders hohe Rezidivquote zeigt die lineare Form.

Hinweise für eine erhöhte Krankheitsaktivität und höhere Rückfallrate sind ein frühes Auftreten der zirkumskripten Sklerodermie, ANA-Positivität.

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024