SCIT
Synonym(e)
Definition
Akronym für "spezifische subkutane Immuntherapie". Wiederholte subkutane Applikation eines oder mehrerer, klinisch relevanter Allergenextrakte in steigenden Konzentrationen bis zum Erreichen einer so genannten Erhaltungsdosis. Ziel dieser immunmodulierenden Therapie ist die Induktion einer Immuntoleranz des Körpers auf humoraler und zellulärer Ebene gegenüber Typ I-Allergenen (allergische Reaktion vom Soforttyp) unter standardisierten Bedingungen.
Die Indikation zur spezifischen subkutanen Immuntherapie muss streng gestellt werden. Die Immuntherapie (Insektengifthyposensibilisierung) gegen Biene und/oder Wespe ist die Form der spezifischen Immuntherapie, die nachweislich die besten Erfolge zeigt. S.a.u. Immuntherapie, spezifische.
Allgemeine Definition
Die Therapie wird in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik durchgeführt.
Kurzanamnese vor (!) jeder Injektion: Verträglichkeit der letzten Injektion, allergische Reaktionen seit letzter Behandlung (z.B. Insektenstich), allgemeines Befinden (Infekte, asthmatische Beschwerden, Überanstrengung), ggf. Verschieben der Injektion mit anschließender Dosisreduktion. Bei Asthmatikern: Peak-Flow-Messung; Kontrolle des Injektionsintervalls; bei Kontrolluntersuchungen Dosisreduktion notwendig, wenn erhebliche NW oder Intervallüberschreitung.
Indikation
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaft ist laut Leitlinie eine Kontraindikation für den Beginn einer SCIT.
Eine Fortsetzung der SCIT bei lebensbedrohlicher Allergie (Biene, Wespe) und guter Verträglichkeit ist ratsam. Bei Aeroallergenen Fortsetzung der SCIT mit reduzierter Dosis (z.B. 1/10 der vorherigen Dosis).
Durchführung
- Injektionstechnik: Injektionsort ist meist der dorsale Oberarm an der Grenze mittleres bis distales Drittel. Die Injektion erfolgt subkutan mittig ins Fettgewebe. Die Haut über dem Muskel abheben, damit keine Injektion in die Muskulatur erfolgen kann. Streng extravasale Injektion unter mehrmaliger Aspiration mit einer Tuberkulinspritze (keine Luftblasen!) und dünner Kanüle (14er bis 18er Kanüle). Evtl. die Dosis auf beide Oberarme verteilen oder die Dosis sukzessive applizieren (Applikation von jeweils 1/2 Dosis 2mal im Abstand von 30 Min.). Proximal des Injektionsortes für mind. 30 Minuten Staubinde anlegen, um bei systemischen Reaktionen den Abstrom reduzieren zu können. Ein Wechsel des Armes bei jeder Injektion wird oft praktiziert, ist aber nicht obligat.
- Begleitmaßnahmen: Kühlkompresse! Durch prophylaktische Prämedikation mit Antihistaminika, z.B. Levocetirizin (Xusal) 1-2 Tbl. p.o. oder Desloratadin (Aerius) 1-2 Tbl. p.o. lässt sich die injektionsbezogene Nebenwirkungsquote senken (z.B. 7% auf 0,6% für Bienengift und 0,3% für Wespengift). Da kutane NW jedoch mögliche Indikatoren für das Risiko respiratorischer und kardiovaskulärer NW sind, wird die prophylaktische Antihistaminikagabe i.d.R. nicht empfohlen.
- Nachsorge: Der Patient muss nach der Injektion mindestens 30 Min. in der Praxis/Ambulanz verweilen und sollte keine schwere körperliche Anstrengung am selben Tag vornehmen.
Unerwünschte Wirkungen
Bei gesteigerter Lokalreaktion (40-65% der Pat., > 10 cm, über 12 Std. anhaltend): Behandlung mit feuchten Umschlägen, Kühlkompressen, potenten topischen Glukokortikoiden und systemischen Antihistaminika wie Levocetirizin (Xusal, 1-2 Tbl. p.o.) oder Desloratadin (Aerius, 1-2 Tbl. p.o.). Lokalreaktionen können nach 20-30 Minuten und später auftreten und ggf. eine Dosisanpassung erfordern. Große Lokalreaktionen lassen keine Vorhersage auf Systemreaktionen zu. Einheitliche Therapiestandards gibt es hierzu nicht. Die Hersteller selbst geben unterschiedliche Schemata an: Beispielsweise ALK Scherax (übermäßige Schwellung und Rötung an der Injektionsstelle - Stadium 0 nach Tryba) Empfehlungen für Erwachsene:
- Schwellung < 8 cm: Wiederholung der letzten Injektion
- Schwellung 8-12 cm: Reduktion um 1 Schritt
- Schwellung 12-20 cm: Reduktion um 2 Schritte
- Bei systemischen Reaktionen: Stadiengerechte Behandlung des anaphylaktischen Schocks, s. dort.
Bei Insektengifthyposensibilisierung mit wässrigen Präparaten treten Lokalreaktionen bei bis zu 40% der Patienten in der Rush-Steigerungsphase auf. Lokalreaktionen sind häufiger bei Anwendung von Bienengift als von Wespengift, insbes. bei höherer Reaktivität im Hauttest auf Bienengift. Gehäuft sind Lokalreaktionen auch bei anamnestisch schweren Überempfindlichkeitsreaktionen und Verwendung höherer Dosen (v.a. zwischen 10 u. 50 μg). Bei wiederholten schweren systemischen Reaktionen Ausschluss von Begleitsensibilisierungen, Fokalinfekten, Schilddrüsenerkrankungen, Mastozytose, Medikamenteneinnahme (z.B. Beta-Blocker). Akute Behandlung entsprechend den einzelnen Stadien des anaphylaktischen Schocks. Bei nachfolgender spezifischer Immuntherapie Dosisreduktion bzw. Verwendung der niedrigsten tolerierten Erhaltungsdosis, sofern mindestens 50 μg betragend. Evtl. Versuch, die langfristige Erhaltungsdosis auf 100 μg/4 Wochen zu erhöhen.
Kontraindikation
Komplikation(en)
Hinweis(e)
Merke! Die SCIT ist der Goldstandard der spezifischen Immuntherapie.
Die meisten SCIT-Produkte enthalten 0,5% Phenol in Kochsalzlösung. Bei einer Injektion werden etwa 2,0- 2,5 mg injiziert.
Literatur
- Wieczorek D et al (2014) Unverträglichkeit der spezifischen Immuntherapie mit Hymenopterengift. Hautarzt 65: 791-795
- Treudler R (2010) Allergische Erkrankungen bei Schwangeren. Hautarzt 61: 1027-1033