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Harnstoff (Übersicht)
Synonym(e)
Definition
Diamid der Kohlensäure. Weiße, leicht wasserlösliche, kristalline Substanz, die im menschlichen Organismus das Endprodukt des Eiweißstoffwechsels ist. Im menschlichen Harn werden etwa 30g täglich ausgeschieden.
Rezepturen: In den letzten Jahren ist Harnstoff (Urea pura) zu den Top-Ten-Wirkstoffen aufgestiegen.
Harnstoff ist auch als Lebensmittelzusatzstoff (E 927b) zugelassen.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Keratolytikum und Moisturizer.
Harnstoff ist hygroskopisch und bildet mit Wasser sogenannte Klathrate (Einschlussverbindungen, aus denen Wasser nur verzögert abgegeben wird). In dieser Eigenschaft wird Harnstoff in vielen Zubereitungen in einer 3-10% Konzentration als Moisturizer genutzt. Keratolytische Wirkungen zeigt Urea bei Konzentrationen von 20-30%. In 40% Konzentration kann Harnstoff als "Onycholytikum" eingesetzt werden.
Im Zusammenhang mit Glukokortikoiden wirkt Harnstoff penetrationsfördernd.
Aus Wasser-in-Öl Emulsionen erfolgt nur eine langsame Wirkstofffreisetzung. Harnstoff penetriert hierbei jedoch tief in Epidermis und Dermis.
Aus Öl-in-Wasser Emulsionen wird Harnstoff deutlich schneller freigesetzt, hat aber nicht die Tiefenwirkung.
Indikation
U.a. exsikkierte Haut, Psoriasis vulgaris, Ichthyosis, Tinea unguium, s.a. Tyrosinkinaseinhibitoren (Nebenwirkungen);
Normkonzentration
3-10% in Emulsionen, Cremes und Salben zur Hydratisierung der Haut
15-20% in Emulsionen, Cremes und Salben zur Keratolyse der Haut
40% - 60% in Nagelaufweichpasten.
Normwert im Serum: Der Normwert liegt zwischen 12 und 50 mg/dl im Serum bzw. 2,5 und 8,3 mmol/l; im Urin zwischen 13 und 33 g/24h.
Unerwünschte Wirkungen
Hautirritationen insbesondere bei höheren Konzentrationen.
Harnstoff ist in Lösungen oder wasserhaltigen Rezepturen instabil und zersetzt sich allmählich in seine Ausgangsverbindungen Ammoniak (Geruchsbelästigung) und CO2. Cave: pH-Anstieg.
Saure pH-Werte wie z.B. durch Salicylsäure sowie Wärme verursachen ebenfalls eine verstärkte Harnstoffzersetzung (Wolff G 2014).
Rezeptur(en)
- Hydrophile Harnstoff-Creme 5 oder 10% (NRF 11.71.)
- Harnstoff-Emulsion, Hydrophile 5 oder 10% (NRF 11.72.)
- Harnstoff-Creme hydrophile 5 oder 10% (NRF 11.71.)102
- Harnstoff 10%/Kochsalz 3%-Salbe (W/O)
- Harnstoff 10%/Kochsalz 5%-Salbe (W/O)
- Harnstoff 10%/Milchsäure 5%-Creme (NFA)
- Harnstoff 10%/Kochsalz 10%-Salbe (NFA) (O/W)
- Harnstoff-Paste (nach Farber)
- Harnstoff-Paste 40% (NRF 11.30.)
Präparate
Hinweis(e)
Insbesondere in wässriger Lösung oder in einer wasserhaltigen Zubereitung (Emulsionstyp: O/W) ist Harnstoff instabil. Er zersetzt sich in seine Ausgangsstoffe. Zwar sind die Zersetzungsprodukte nicht toxisch, jedoch kann der veränderte pH-Wert die Stabilität anderer Wirkstoffe gefährden. Es empfiehlt sich die Zugabe eines leicht im Sauren arbeitenden Puffers, um die basischen Abbauprodukte abfangen zu können. Das NRF ( Neues Rezeptur-Formularium) sieht für diesen Zweck einen Lactat-Puffer vor (Acidum lacticum 1% + 50% Natrium lacticum 4%).
Bei Einsatz höherer Harnstoffkonzentrationen (z.B. 20%) empfiehlt sich die Verwendung einer W/O-Grundlage (z.B. Eucerinum W/O Grundlage oder eine offizinelle lipophile Creme [Hydrophobe Basiscreme DAC = NRF 11.104]).
Normwert: Der Normwert liegt zwischen 12 und 50 mg/dl im Serum bzw. 2,5 und 8,3 mmol/l; im Urin zwischen 13 und 33 g/24h.
Pathologisch erhöht: chronische Niereninsuffizienz, akutes Nierenversagen, prärenale und postrenale Azotämie, ausgeprägte Eiweißzufuhr in Kombination mit einem Flüssigkeitsmangel.
Literatur
- Wolf G (2009) Harnstoff-häufig vorkommender Wirkstoff. Hautarzt 60: 86-87
- Wolf G (2013) Polypragmasie in Rezepturen. Hautarzt 64: 418-419
- Wolf G (2013) Individualrezepturen mit Fertigdermatika. Hautarzt 64: 882-883
- Wolff G (2014) Komplexe Wechselwirkungen zwischen Wirkstoff und Grundlage. Hautarzt 65: 486-487