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Frontale fibrosierende AlopezieL66.8
Synonym(e)
Erstbeschreiber
S. Kossard, 1994
Definition
"Postmenopausal" auftretende, umschriebene, bandförmige, symmetrische, fibrosierende Form der narbigen Alopezie (irreversibel) im frontotemporalen Haaransatz bei Frauen mit lymphoid-histiozytären Infiltraten um die Haarfollikel. Häufig mit Rarefizierung der Augenbrauen assoziiert. Seltener leiden Männer an diesem Krankheitbild. Häufig geht diese Form der chronisch schleichenden Alopezie mit einer, in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter klinisch auffälligen, extremitätenbetonten Keratosis pilaris (Reibeisenhaut) einher.
Der Frontal-fibrosierende Alopezie - FFA- Severity Index dient zur standardisierten Beurteilung der Ausprägung des Krankheitsbildes. In die Punktzahl gehen Ausbreitung, Beteiligung von Körper- und Gesichtshaaren, Hautbeteiligung, Schleimhaut- und Nagelbeteiligung ein.
Bei >/= 4 Punkten mit typischen Kriterien für die frontal-fibrosierende Alopezie ist die Diagnose zu stellen. Hierbei zählt der frontale Rückgang der Stirn-Haargrenze mit Verlust der Haarfollikelostien mit 2 Punkten, die positive Biopsie in einem der befallenen Areale: frontaler oder temporaler Kopfhautbereich resp. Augenbrauen ebenfalls mit 2 Punkten, je 1 Punkt für den Verlust von mind, 50 % der Augenbrauen und 1 Punkt für follikuläre Erytheme an der frontalen Kopfhaut, ebenfalls 1 Punkt für perifollikuläre Kopfhauthyperkeratosen oder Schuppen an der frontalen Kopfhaut.
Vorkommen/Epidemiologie
Nahezu ausschließlich Frauen. In einem größeren Kollektiv wurden etwa 3% Männer beschrieben.
Ätiopathogenese
Ungeklärt. Diskutiert wird eine Variante des Lichen planus follicularis oder eine Teilmanifestation eines sog. Keratosis- rubra-pilaris-Syndroms.
Manifestation
Beginn der klinisch auffälligen Symptomatik zwischen 56 und 60 Jahren (in einem größeren Kollektiv lag das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Diagnose bei 61 Jahren, die Spanne reichte von 23 - 86 Jahren).
Klinisches Bild
Bandförmige, frontale oder frontotemporale auch ausschließlich temporale Haarlosigkeit (Alopezie). Das klinische Bild reicht von leicht, Grad I (Rückgang der vorderen Haarlinie um <1,0cm) bis Grad V (Rückgang der vorderen Haarlinie um > 7 cm). Der Grad V-Zustand wird auch als "Clown-Alopezie" bezeichnet. In den betroffenen Arealen sind keine Haarfollikel mehr nachweisbar. Es finden sich diskrete perifollikuläre Rötungen oder follikuläre keratotische Papeln im angrenzenden Haarbereich. Meist unmerklicher Beginn ohne subjektive Symptomatik (insbesondere keine Juckreiz): Zurückweichen der frontalen Haarlinie, Ausbreitung auf Parietal - und Okzipitalregion. Ein Effluvium wird meist nicht wahrgenommen. Die Erkrankung wird erst evident wenn das chronisch schleichende Zurückweichen der frontalen oder temporalen Haarlinie auffällig wird (Bildvergleich mit früher). Haut in den befallenen Arealen deutlich heller, weniger stark gebräunt. Meist verbleiben einzelne Haare (lonely hairs) in diesen Atrophiezonen.
Assoziierte Erkrankungen: In den meisten Fällen geht die Alopezie mit einem Ulerythema ophryogenes sowie einer Keratosis pilaris simplex einher (Bemerkung: Häufig wird eine assoziierte einfache Keratosis pilaris nicht mehr wahrgenommen, da sie im fortgeschrittenen Alter der Pat. nicht mehr in ihrer typischen Ausprägung (Reibeisenhaut) sondern lediglich "als nicht störende, sondern eher willkommene, haarlose, glatte Flächen" der streckseitigen Extremitäten imponiert: keinerlei Behaarung an den Streckseiten der Unterarme).
Klinisch unterscheidet man 3 verschiedene Muster der Regression der Stirn-Haar-Grenze:
- Typ I : Bandförmig
- Typ II: weitere Alopezieherde hinter der Stirn-Haar-Grenze
- Typ III: erhaltene frontale Haarlinie, dahinter bandförmiges Muster (Pseudo-Fringe-Zeichen).
Histologie
Differentialdiagnose
- Klinisch:
- Graham-Little-Lasseur-Syndrom: Variante des Lichen planus follicularis mit follikulären, spitz-keratotischen Läsionen am Stamm, den typischen klinischen und histologischen Zeichen des Lichen planus sowie einer narbigen Alopezie. Nageldystrophien sind möglich. Kein Ulerythema; keine Keratosis pilaris.
- Lichen planus follicularis capillitii: Minus-Variante des Lichen planus follicularis. Ansonsten s. zuvor!
- Alopecia marginalis: Reversibler, mechanisch bedingter Haarverlust durch chronischen Zug, z.B. bei straffer Frisur. Zugalopezie mit entsprechender Anamnese und Klinik. Keine follikuläre Entzündungszeichen.
- Alopecia androgenetica: Es fehlen jegliche Entzündungsphänomene der Follikel wie sie für die fibrosierende Alopezie und den Lichen planus follicularis charakteristisch sind.
- Alopecia areata: Die Art und Dauer des "kontinuierlich zurückweichenden Haaransatzes" ist für die Alopecia areata völlig untypisch.
- Chron. diskoider Lupus erythematodes: Das morphologische Muster der fibrosierenden Alopezie ist für den CDLE untypisch. Meist Nachweis weiterer aktiver oder vernarbter Läsionen.
- Histologisch:
- Lichen planus follicularis capillitii: lichenoides Infiltratmuster perifollikulär, am Oberflächenepithel Zeichen der Interface-Dermatitis. Diese fehlt komplett bei der fronatalen fibrosierenden Alopezie.
- chron. diskoider Lupus erythematodes: Interface-Dermatitis, immmunhistologische Differnzierung mit Ablagerungen von Immunglobulinen an der dermo-epidermalen Junktionszone.
Therapie
Therapie allgemein
Versuch mit Minoxidil-Lösung. Antiandrogene wie Finasterid waren bei der Hälfte der so behandelten Patientinnen erfolgreich. Erfolgreichste Therapie mit > 62 % erwies sich die Therapie mit Dutasterid® . Bemerkung: diese Therapieerfolge werden vom Autor dieses Artikels angezweifelt!
Bestrahlungstherapie
Interne Therapie
Versuch mit oralen Retinoiden .
Merke! Nach Lichen planus Stigmata suchen! Finasterid 2,0-5,0 mg/Tag p.o. Systemische Therapien umfassen 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren, Hydroxychloroquin und Retinoide. In Einzelfällen wurden Erfolge mit Glukokortikosteroiden, Ciclosporin A, Azathioprin, Thalidomid, Mycophenolatmofetil beschrieben.
Verlauf/Prognose
Hinweis(e)
Die Entität des Krankheitsbildes bleibt umstritten.
Wahrscheinlich Teilmanifestation des Keratosis pilaris Syndroms (Ulerythema ophryogenes, Keratosis pilaris, Alopezie).
Es ist zu vermuten, dass das Krankheitsbild auch bei Männern auftritt, jedoch wegen der überlagernden androgenetischen Alopezie nicht diagnostiziert wird.
Literatur
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