Synonym(e)
Definition
Klinisches Bild
- Die Ätzwirkung setzt meist verzögert ein: Bei Konzentrationen < 50% 1-8 Std., bei < 20% bis zu 24 Std. Verzögerung.
- Integument: Rötung, Brennen, schwerste Läsionen der Haut schon ab 0,3%iger Flusssäure. Entstehung zunächst von Koagulations-, später Kolliquationsnekrosen mit Tendenz zum Fortschreiten in tiefe Gewebsschichten. Sehr starke Schmerzhaftigkeit. Perkutane Resorption ist möglich: Durch Hemmung des Zitratzyklus ZNS-Symptomatik, Nephro- oder Hepatotoxizität.
- Augen: Rötung, Brennen, Hornhauterosionen und -trübungen.
- Magen-Darmtrakt: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Blutungen, Perforationen.
- Atemwege: Verätzungen, Atemnot, Lungenödem, Lungenentzündung, bleibende Schäden.
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Komplikation(en)
Therapie
- Sofortmaßnahmen bei Flusssäure-Verätzung der Haut am Unfallort:
- Spülung unter fließendem Wasser 3-5 Min.
- Entfernung kontaminierter Kleidung (Schutzhandschuhe tragen)
- 2,5% Kalziumgluconat-Gel 5 mm dick mit dem Spatel auftragen, nach 2 Min. abspülen, erneut dick massierend aufbringen und bis zur Klinikaufnahme belassen (an den Händen Folienhandschuhe überstreifen).
- Alternativ: Spülung mit 10% Kalziumgluconat-Lösung aus Fertigampullen, anschließend steriler Verband für den Transport, mit dieser Lösung feuchthalten.
- Allgemeine Begleittherapie:
- Alle notwendigen Maßnahmen, die sich aus den laborchemischen Befunden und den Ergebnissen der Herz- Kreislaufdiagnostik ergeben.
- Zeitlich limitierte, mittelhohe Glukokortikoidgabe z.B. Prednisolon 40-60 mg/Tag (z.B. Decortin H).
- Initial Antibiotika mit breitem aeroben und anaeroben Spektrum bei vorhandenen Nekrosen, ggf. als perioperative Antibiotika-Prophylaxe. Gezielte Fortsetzung nach Antibiogramm.
Operative Therapie
- Frühbehandlung: Innerhalb der ersten postakzidentiellen Std. bei ausgedehnten Grad 2- und 3- Verätzungen oder bei Verdacht der Nagelbettmitbeteiligung: prophylaktische Nagelextraktion.
- Spätbehandlung: Forcierte Entfernung aller manifesten Nekrosen und bei Nagelbettnekrosen Nagelextraktion und Kürettage des Nagelbettes.
Tabellen
Therapievorschläge für umschriebene Flusssäureverätzungen nach Krankenhausaufnahme im beschwerdefreien bzw. beschwerdearmen Intervall
Lokalisation |
Maßnahmen |
Finger/Zehen (Unterarme/Unterschenkel) |
Regionale intraarterielle Kalzium-Bolusinjektionen 14 mg/kg KG |
"Prophylaktische" Nagelextraktion erwägen |
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Kontinuierliche Fortsetzung der externen 5%igen Kalziumgluconatbehandlung über 4-6 Tage |
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Kopf/Hals/Rumpf (Oberarme/Oberschenkel) |
Infiltration der entsprechenden Menge eines Gemisches von 5-10% Kalziumgluconat (max. 0,5 ml/cm2 10%ig) mit 40 mg Triamcinolonacetonid Kristallsuspension (Volon A) nach Berechnung der verätzten Fläche |
Nach individueller Entscheidung 1% Lidocain unter Beachtung der Maximaldosen |
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Evtl. vertikale oder tangentiale Exzision erwägen |
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Kontinuierliche Fortsetzung der externen 5%igen Kalziumgluconatbehandlung über 4-6 Tage |
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Foster KN et al. (2003) Hydrofluoric acid burn resulting from ignition of gas from a compressed air duster. J Burn Care Rehabil 24: 234-237
- Hojer J et al. (2002) Topical treatments for hydrofluoric acid burns: a blind controlled experimental study. J Toxicol Clin Toxicol 40: 861-866
- Huisman LC et al. (2001) An atypical chemical burn. Lancet 358: 1510
- Sebastian G (1994) Praxisrelevante Therapieempfehlungen bei Flußsäureverätzungen, Hautarzt 45: 453–459
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