Angioma serpiginosumL81.7

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Angiektasia serpiginosum Hutchinson; Angioma serpiginosum Crocker; Angioma serpiginosum Hutchinson; infective angioma Hutchinson; OMIM 106050

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Erstbeschreiber

Hutchinson, 1889; Radcliffe-Crocker, 1893

Definition

Seltene, oberflächliche, diffus aber auch segmental verteilte Gefäßneubildungen. Vereinzelt sind Assoziationen mit Systemerkrankungen beschrieben (Sjögren-Syndrom, primär biliäre Zirrhose, Paraproteinämie), ohne dass für diese Assoziation eine pathogenetische Erklärung gegeben wäre.

Vorkommen/Epidemiologie

AS ist eine seltene Erkrankung, die auf weniger als 1 pro 1.000.000 Personen geschätzt wird. Obwohl beide Geschlechter in jedem Alter betroffen sind, treten 90 % der Fälle bei Mädchen unter 16 Jahren auf. Die Erkrankung tritt in der Regel sporadisch auf, doch wurde auch über ein familiäres Auftreten berichtet (Omim 106050).

Ätiopathogenese

Die Pathogenese des Angioma serpiginosum ist unbekannt. Diskutiert wird die Assoziation einer Xp11.23 Deletion das PORCN-Gen betreffend.  Bemerkenswert ist die Assoziation von Angioma-serpiginosum-artigen Hautveränderungen und dem Goltz-Syndrom (Fernandez-Flores A et al. 2022; Tewari A et al. 2019). Auch über die Kombination mit einer ösophagealen Papillomatose wurde berichtet (Blinkenberg EO et al. 2007).Inwieweit ein erhöhter Östrogenspiegel bei der Entstehung des Angioma serpiginosum eine Rolle spielt, bleibt dahingestellt. Während der Schwangerschaft wurde über rasche Progression berichtet (Das D et al. 2016).

 

Manifestation

Meist im Kindesalter und bei Jugendlichen auftretend (80% der Pat. sind vor dem 18. LJ betroffen). Selten bei Geburt vorhanden. Seltener wurde Angioma serpiginosum bei Neugeborenen beobachtet.

 

Lokalisation

Am häufigsten sind die unteren Extremitäten und das Gesäß betroffen; auch atypische Stellen wie Brust und Fußsohlen und Schleimhäute können betroffen sein.

 

Klinisches Bild

Disseminierte, 1-2 mm große, leuchtend rote bis purpurfarbene, z.T. nicht wegdrückbare, punktförmige Flecken. Vereinzelt auch Teleangiektasien. Durch gruppierte Anordnung entstehen serpiginöse, gyrierte oder lineäre Muster. Die hautnahen Schleimhäute bleiben frei.  Die Anordnung und Ausdehnung der Läsionen kann ein serpiginöses Muster ergeben. Selten können die Augen und das Nervensystem betroffen sein (Gautier-Smith PC et al. 1971). Manifestation entlang der Blaschko-Linien ist beschrieben aber eher die Seltenheit.

Sonstige Untersuchungsmethoden

Bei Druck kommt es zu einer unvollständigen Abblassung. Die Läsionen sind jedoch nicht hämorrhagisch. 

Dermatoskopie: Die Pünktchen stellen erweiterte, nicht entzündete Kapillaren in den dermalen Papillen dar. Diese können mit der dermatoskopisch sehr gut dargestellt werden. Die Dermatoskopie zeigt zahlreiche kleine, relativ gut abgegrenzte, runde bis ovale rote Lagunen (Ilknur T et al. 2006), die auf unregelmäßig erweiterte Kapillaren in der papillären oder oberflächlichen retikulären Dermis zurückzuführen sind. Der Dermatoskopiebefund bei Angioma serpiginosum wurde auch als Schwarm von Goldfischen in einem Teich" beschrieben. Die Dermatoskopie kann insbesondere helfen, das Angioma serpiginosum von Purpura-Erkrankungen zu unterscheiden.

 

Histologie

Konvolute dilatierter Kapillaren mit oder ohne Gefäßwandverdickung im Stratum papillare, teilweise auch Kapillarproliferation und Erythrozytenextravasate. Keine entzündlichen Infiltrate.

Differentialdiagnose

Das Angioma serpiginosum weist charakteristische klinische Merkmale auf, die dazu beitragen, diese Erkrankung von ähnlichen dermatologischen Anomalien zu unterscheiden. In der Regel sind die Patienten asymptomatisch und zeigen keine Blutungen, Schmerzen oder Entzündungen.

Differenzialdiagnostisch sind folgende Erkrankungen zu berücksichtigen: 

Therapie

 Kosmetische Abdeckung. Studien haben gezeigt, dass verschiedene Laser bei der Behandlung von Angioma serpiginosum wirksam sind, darunter Argonlaser, gepulste Farbstofflaser (PDL) und intensives gepulstes Licht (IPL). Der PDL ist der am häufigsten bei Angioma serpiginosum eingesetzte Laser, wobei in der Regel mehrere Sitzungen erforderlich sind. Fallberichte von Patienten, die mit dem Kaliumtitanylphosphat-Laser (KTP) mit einer kürzeren Wellenlänge von 532 nm behandelt wurden, haben ebenfalls gute Ergebnisse gezeigt. Die Vorteile von Lasern mit kürzeren Wellenlängen sind eine geringere Eindringtiefe, da diese bei den meisten Angioma serpiginosum nicht erforderlich ist, eine geringere Energieabgabe (d. h. Fluenz) und eine geringere Schädigung der Melanozyten, was das Risiko einer Hypopigmentierung verringern kann (Anjaneyan G et al. 2024).

Verlauf/Prognose

Abheilung ohne Atrophie möglich, meist nach Jahren.

Die Erkrankung entwickelt sich häufig progressiv und beginnt mit kleinen, asymptomatischen Läsionen, die sich vergrößern und an den Rändern ineinander übergehen, wobei sie sich in der Mitte auflösen. Nach einer anfänglichen Wachstumsphase in der Kindheit hören die Läsionen in der Regel in der Pubertät auf zu wachsen und bleiben im Erwachsenenalter stabil. Zu den Erkrankungen, die mit AS in Verbindung gebracht werden, gehören vulvale Angiokeratome. Retinale Venenverschlüsse wurden ebenfalls beobachtet.

Fallbericht(e)

Kanji A et al. (2023): Eine 15-jährige Patientin stellte sich mit multiplen asymptomatischen Läsionen an den ersten beiden Fingern der rechten Hand vor, die erstmals im Alter von 2 Jahren aufgetreten waren. Bei der Untersuchung zeigten sich erythematöse, zirzinär  begrenzte Flecken an der rechten Hand (dorsal und volar), die einer kapillaren Fehlbildung in der Dermis mit normalem Blutfluss im Ultraschall entsprachen. Da die Kosmetik für den Patientin keine Rolle spielte, war eine Behandlung nicht angezeigt.

Literatur

  1. Al Hawsawi K et al. (2003) Linear angioma serpiginosum. Pediatr Dermatol 20: 167-168
  2. Anjaneyan G et al. (2024) Angioma Serpiginosum. 2023 Nov 5. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; PMID: 29083693
  3. Chavaz P, Laugier P (1981) Angioma serpiginosum Hutchinson: ultrastructural study (author's transl). Ann Dermatol Venereol 108: 429-43
  4. Das D et al. (2016) Blaschko-linear angioma serpiginosum. Indian J Dermatol Venereol Leprol 82:335-337.
  5. Gautier-Smith PC et al. (1971) Ocular and nervous system involvement in angioma serpiginosum. Br J Ophthalmol 55:433-43. 
  6. Gerbig A et al. (1995) Angioma serpiginosum, eine Hautveränderungen entlang den Blaschko-Linien. Hautarzt 46: 847-849
  7. Ilknur T et al. (2006) Angioma serpiginosum: Dermoscopy for diagnosis, pulsed dye laser for treatment. J Dermatol 33:252-255.
  8. Kanji A et al. (2023) Angioma serpiginosum. Br J Hosp Med (Lond) 84:1.
  9. Katta R et al. (2003) Angioma serpiginosum with extensive cutaneous involvement. J Am Acad Dermatol 42: 384-385
  10. Namazi MR et al. (2003) Angioma serpiginosum. Dermatol Online J 9: 19
  11. Radcliffe-Crocker H (1893) Diseases of the skin: their description, pathology, diagnosis, and treatment, with special reference to the skin eruptions of children. P. Blakiston, son & Co, Philadelphia, S. 646
  12. Sammarco E et al. (2022) Angioma serpiginosum: Two cases in children and review of literature. Dermatol Reports 14:9260.
  13. Sandhu K, Gupta S (2005) Angioma serpiginosum: report of two unusual cases. J Eur Acad Dermatol Venereol 19: 127-128

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