Pneumocystis Pneumonie B59; J17.3

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

PCP; Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie; Pneumocystis-Pneumonie; Pneumonie durch Pneumocystis jirovecii

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Erstbeschreiber

1909 wurde von Chagas und Carinii der Erreger der Pneumocystis Pneumonie bei Nagetieren nachgewiesen. Dieser erhielt ab1914 den Namen Pneumocystis carinii (Pneumocystis jovecii). Die eigentliche Erkrankung beim Menschen ist erstmals während des II. Weltkrieges bei mangelernährten Kindern in Europa beschrieben worden. Der Erreger wurde lange Zeit als Protozoon angesehen; tatsächlich hanelt es sich um einen einzelligen Schlauchpilz.  

Definition

Die Pneumocystis Pneumonie (PCP) ist eine durch einzellige Schlauchpilze (Ascomycota) ausgelöste Pneumonie.

Die Organismen der Pneumocystisgruppe sind sich morphologisch sehr ähnlich, aber genetisch unterschiedlich. Sie besitzen Wirtsspezifität und werden von Wirt zu Wirt übertragen. Pneumocystis jovecii beschreibt einen Pilz, der ausschließlich bei Nagetieren vorkommt. Dieser wurde zunächst irrtümlich auch für den Erreger der Pneumocystis Pneumonie beim Menschen gehalten. Inzwischen ist nachgewiesen, dass sich der Erreger beim Menschen vom Pneumocystis carinii unterscheidet und wurde „Pneumocystis jirovecii“ benannt. PCP ist interstitielle, atypische Pneumonie, mit 50% die häufigste Erstmanifestation und mit 85% die häufigste opportunistische Infektion bei AIDS-Patienten

Erreger

Pneumocystis jirovecii

Vorkommen/Epidemiologie

Serologische Reihenuntersuchungen haben bestätigt, dass Pneumocystis weltweit verbreitet ist. Bereits im Kindesalter liegt der Durchseuchungsgrad bei > 60 %. Die Übertragung erfolgt aerogen und verursacht im Erkrankungsfall überwiegend Pneumonien. Es kommen aber auch extrapulmonale Verlaufsformen vor. Das Vorhandensein von Pneumocystis führt bei Gesunden i.d.R. jedoch nicht zu einer Erkrankung.

Ätiopathogenese

Nur bei Immunsuppression (HIV, immunsuppressive Therapie nach Transplantation oder bei Autoimmunerkrankungen, Frühgeburten, Anorexie, hochdosierte Kortikoidgaben, etc.) kann es zu einer Infektion durch Pneumocystis jirovecii kommen (s.a. Pneumonie-Triade).

In den 80er Jahren – ohne Chemoprophylaxe oder antiretrovirale Therapie - erkrankten HIV-Infizierte zu 80-90 % ein- oder mehrmals an der Pneumocystis Pneumonie.

Die Erkrankung stellte seinerzeit die häufigste Todesursache bei HIV-Infizierten dar. Pneumocystis führt unter Immunsuppression zu einer Reaktion der mononukleären Zellen (PBMC). Die Alveolen füllen sich mit proteinhaltigem Material und werden dadurch geschädigt. Das wiederum führt zu einer Schädigung der Lungenkapillaren und zu einer Veränderung des Surfactant.

Bei HIV-Infizierten korreliert die Inzidenz der PCP zur CD4+-T-Zellzahl invers :

  • Bei ca. 80 % der an PCP- Erkrankten finden sich CD4-Zellzahlen von < 200 Zellen/μl.
  • Als Antwort auf die Infektion finden wir gleichzeitig deutlich erhöhte CD8-Zellzahlen.

Die Prognose der Pneumonie hängt jedoch weniger von der Erregerdichte als vielmehr vom Ausmaß und Typ der Immunantwort abhängt. Die CD4+-T-Zellzahlen eignen sich aber nicht zur Risikoabschätzung bei Immunsupprimierten ohne HIV-Infektion, da dieser Zelltyp hierfür weniger spezifisch ist.

Klinisches Bild

Bei HIV-Infizierten beginnen die klinischen Symptome unspezifisch und können sich mitunter über Wochen hinziehen. Nicht selten (50 %) wird die Erstdiagnose einer HIV-Infektion im Rahmen einer PCP gestellt. Bei NON- HIV- Erkrankten ist der Verlauf akut bzw. subakut:

– unproduktiver Husten

– progrediente Belastungsdyspnoe, die letztlich in einer Ruhedyspnoe mündet

– Leistungsminderung

– Gewichtsabnahme

– (später auch) Fieber

HIV-Infizierte:

Der klinische Befund ist – abgesehen von einer Candidose der Mundschleimhaut – unauffällig. Das Fehlen der Candidose spricht bei ansonsten unbehandelten Patienten gegen eine PCP. Im Sputum und in der BALF finden sich reichlich Pneumocystis.

NON- HIV-Infizierte:

Klinischer Befund: unauffällig. Die Dichte der Pneumocysten ist niedrig und diese allenfalls über BALF oder Biopsie nachweisbar.

- Auskultation: zu Beginn unauffällig; unbehandelt treten im weiteren Verlauf diffuse Rasselgeräusche auf.

- Lungenfunktion: initial eine Normoxämie in Ruhe, unter Belastung eine ausgeprägte Hypoxämie; restriktive Ventilationsstörung, verminderte Diffusionskapazität (DLCO).

Bildgebung

- Rö-Thorax: initial oft normal; im weiteren Verlauf beidseitige perihiläre Infiltrate; bei 20-40 % bleibt das Röntgenbild unauffällig

- CT: im frühen Stadium bereits diffuse milchglasartige Trübungen; Zysten und/oder Pneumothorax sind nicht selten nachweisbar; einenormales CT schließt eine Pneumocystis Pneumonie praktisch aus. 

Labor

Oftmals LDH-Erhöhung auf Grund der pulmonalen Schädigung; normale Werte schließen aber eine PCP nicht aus; LDH korreliert positiv mit der Prognose; Leukozyten können mäßig erhöht sein.

Diagnose

Labor, Röntgen, CT und Lungenfunktion sind richtungsweisend. Für die Diagnose ist aber der Erregernachweis erforderlich, allerdings wächst Pneumocystis jirovecii nicht auf den üblichen Kulturmedien.

Ein Nachweis kann durch histopathologische Färbemethoden erbracht werden. Bei der Grocott- Färbung wird selektiv die zystenförmige Wand dargestellt, während die Giemsa-Färbung die Kerne sämtlicher Entwicklungsstadien erfasst. Die Immunfluoreszenztechnik hingegen weist eine höhere Spezifität und Sensitivität auf, als durch die histopathologischen Untersuchungen erreichbar sind.

Zusätzlich sollte auf jeden Fall eine quantitative PCR-Analytik durchgeführt werden, da diese die höchste Sensitivität aufweist. Allerdings kann der Test nicht zwischen Kolonisierung und Infektion differenzieren.

Ein negatives Ergebnis schließt eine PCP aus. Ein Ergebnis mit > 1450 Kopien/ml ist diagnostisch, bei Werten < 1450 Kopien/ml ist eine weitere Diagnostik erforderlich, z. B. Biopsien durch TBB, seltener durch VATS (Video-Assistierte Thorakoskopie)

Da die Erregerdichte bei nicht-HIV-Infizierten mitunter im Sputum gering ist, gilt die fiberoptische Bronchoskopie mit BAL als Goldstandard. Die transbronchiale oder die offene Lungenbiopsie sollten nur bei negativer BAL erfolgen.

Interne Therapie

Trimethoprim-Sulfamethoxazol: Das Mittel der Wahl ist Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol). Bei leichten bis mittelschweren Verläufen ist eine orale Gabe möglich (PaO2> 70 mmHg oder Pa O2 – Pa O2< 35 mmHg unter Raumluft). Patienten mit einem PaO2 < 60 mmHg bei Raumluft sollten aber eine intravenöse Therapie erhalten (TMP 5 mg/kg plus SMX 25 mg/kg alle 6-8 Stunden p.o. - entspricht 2-3 x 2 Tabletten Cotrimoxazol forte pro Tag - oder als i.v. Gabe. Nebenwirkungen: Fieber, Hyperkaliämie, Zytopenien, Exanthem, Hepatitis

TMP plus Dapson: 5mg/kg alle 6-8 Stunden p.o. plus Dapson 100 mg/d p.o. Nebenwirkungen: Hämolyse (bei G6PD-Mangel), Methämoglobinämie, Fieber, gastrointestinale Störungen, Exantheme.

Atovaquon: 2x750 mg/d p.o. Nebenwirkungen: Fieber, Exanthem. Hepatitis

Clindamycin plus Primaquin: 300-450 mg alle 6 Stunden p.o. oder 600 mg alle 6-8 h i.v. plus Primaquin 15-30 mg/d p.o. Primaquin ist in Deutschland nicht zugelassen und nur über die Internationale Apotheke erhältlich. Nebenwirkungen: Hämolyse (bei G6PD), Methämoglobinämie, Exanthem, Neutropenie

Pentamidin: 3-4 mg/kg/d i.v. Nebenwirkungen: Hypotonie, Azotämie, Arrhythmien, Pankreatitis, Hypokalzämie, Neutropenie, Hepatitis, Blutzuckerregulationsstörungen (eine lebensbedrohliche Hypoglykämie kann Tage oder Wochen nach der initialen Infusion auftreten!).

Echinocandine wie Caspofungin könnten prinzipiell ebenfalls zur Therapie von Pneumocystis jirovecii-Infektionen verwendet werden, dies ist aber bisher sehr unüblich.

Bemerkung: Antimykotika aus den Klassen der Polyene und der Triazole sind gegen Pneumocystis unwirksam, da sie die Synthese von Ergosterin hemmen, das bei dieser Art nicht vorkommt

Begleitmedikation:

Prednison 2 x 40 mg/d über 5 Tage, dann 1 x 40 mg/d über 5 Tage, dann 1 x 20 mg/d über 11 Tage p.o. oder i.v. (s.a. weiter unten).

Bei Patienten mit HIV-Infektion spricht die Therapie erst nach > 4-5 Tagen. Die Therapiedauer sollte 21 Tage betragen. Hier kommt es oft kurz nach Beginn der Therapie zu einer vorübergehenden Verschlechterung der respiratorischen Funktion. Bei gleichzeitiger Gabe von Glukokortikoiden lässt sich – zumindest bei HIV-Infizierten mit mittelschweren bis schwerer PCP – diese Komplikation verhindern. Bei leichter PCP und Nicht-HIV-Infizierten konnte der Nutzen des Kortisons bislang nicht geklärt werden.

Bei Patienten ohne HIV-Infektion finden wir ein rascheres Therapieansprechen (< 4-5 Tage). Hier reicht eine Therapiedauer von 14 Tagen.

Verlauf/Prognose

Ohne Behandlung verläuft die PCP immer tödlich! 

Patienten, die in der frühen Phase künstlich beatmet werden müssen, weisen eine hohe Sterblichkeit auf (60 %). Außerdem spielen das Alter, das Ausmaß der Immunsuppression, vorbestehende Lungenerkrankungen, niedrige Albuminkonzentration im Serum und die Entwicklung eines Pneumothorax eine Rolle bei der Letalität.

Die Prognose für HIV-Infizierte ist bei früher Diagnose und frühzeitiger Therapie gut. Die Letalität liegt einen Monat nach Beginn der Erkrankung bei 15-20 %. Bei nicht-HIV-Infizierten ist die Prognose hingegen ist eher schlecht. Die Sterblichkeit liegt trotz frühzeitiger Therapie bei 40 %.

Prophylaxe

Bei HIV-Patienten, die bislang noch nicht antiretroviral behandelt werden oder eine Soorstomatitis bzw. Candidose des Ösophagus in der Vorgeschichte hatten, ist eine Prophylaxe angezeigt. Diese kann erst dann wieder abgesetzt werden, wenn die Helferzellen für mindestens 3 Monate > 200 /μl liegen.

Bei Nicht-HIV-Infizierten gibt es keine Laborparameter mit denen man die Anfälligkeit für eine PCP abschätzen könnte. Es hat sich gezeigt, dass besonders Patienten mit längerer hochdosierter Kortisongabe empfindlich für die Pneumocystis Pneumonie sind. Die Glukokortikoidgabe, ab der man eine Chemoprophylaxe einsetzen sollte, wird derzeit noch unterschiedlich diskutiert. Auf jeden Fall sollten Patienten, die >20 mg Prednison-Äquivalent täglich über mehr als 30 Tage erhalten, prophylaktisch behandelt werden.

Patienten nach abgelaufener Pneumocystispneumonie sollten auf jeden Fall immer eine Prophylaxe erhalten.

Das Mittel der Wahl ist Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP-SMX) 1 x 1 Tablette pro Tag (400/80 mg oder 800/160 mg) p.o.. Es treten gehäuft allergische Reaktionen auf. Sofern es sich dabei nicht um lebensbedrohliche Komplikationen handelt, sollte eine allmähliche Dosissteigerung versucht werden.

Alternativen dazu sind: Dapson 2 x 50 mg/d oder 1 x 100 mg/d p.o. Dapson 1 x50 mg/d p.o., plus Pyrimethamin 1 x 50 mg wöchentlich p.o., plus Folinsäure 1 x 25 mg wöchentlich p.o. (Folinsäure verhindert die Knochenmarktoxizität von Pyrimethamin)

Dapson 1x 200 mg wöchentlich p.o., plus Pyrimethamin 1 x 75 mg wöchentlich p.o., plus Folinsäure 1 x 25 mg wöchentlich p.o. Pentamidin 1 x 300 mg monatlich über Respirgard-II-Vernebler; NW: Husten, Bronchospasmus

Atovaquon 1 x 1500 mg/d p.o.

TMP-SMX 3 x 960 mg wöchentlich (160 mg TMP und 800 mg SMX entspricht 1 Tablette TMPSMX Forte)

Hinweis(e)

Pneumocystis carinii ist kein eigentliches Synonym, auch wenn es mitunter als solches zu finden ist (s.a. Definition).

Literatur

  1. Ewig S et al. (2018) Pneumonie unter Immunsuppression 39-46
  2. Gerok et al.(2007) Die Innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt 419-421
  3. Herold at al. (2018) Innere Medizin 387-388
  4. Kasper DL et al. (2015) Harrison's Principles of Internal Medicine 1358-1362
  5. Kasper DL (2015) Harrisons Innere Medizin 1662-1673
  6. Loscalzo J (2010) Harrisons Lungenheilkunde und intensivmedizinische Betreuung 189-194
  7. Doyle L et al. (2017) Pneumocystis PCR: It Is Time to Make PCR the Test of Choice. Open Forum Infect Dis .

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