Pankreaskarzinom familiäres

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

Familiäres Pankreaskarzinom; FaPaCa; FPC; Karzinom des Panrkreas, familiäres

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Definition

Unter einem familiären Pankreaskarzinom (FPC oder FaPaCa) versteht man das Auftreten eines Pankreaskarzinoms von mindestens zwei erstgradigen Verwandten innerhalb einer Familie, bei denen jedoch familienanamnestisch und klinisch keine Kriterien eines anderen hereditären Syndroms vorliegen (Seufferlein 2021). Falls diese Kriterien jedoch vorliegen, handelt es sich um ein erbliches Pankreaskarzinom- Syndrom (Ganten 2013).

 

Einteilung

In 85 – 90 % der Fälle sind Pankreaskarzinome duktale Adenokarzinome. Ein Teil dieser Adenokarzinome zeigen eine familiäre Häufung. Man differenziert bei den betroffenen Familien zwischen:

- Familiärem Pankreaskarzinom (ohne Kriterien eines anderen hereditären Syndroms)

- Erblichem Pankreaskarzinom- Syndrom (mit Kriterien eines anderen hereditären Syndroms [Ganten 2013])

Das FPC folgt keinem spezifischem Mendelschen Vererbungsmuster (Rahmann 2019). Brückner (2021) beschreibt den Erbgang als überwiegend autosomal- dominant mit variabler Penetranz (Werner 2020).

Beim erblichen Pankreaskarzinom- Syndrom, definiert als das Auftreten von Pankreaskarzinomen durch hereditäre genetische Prädispositionssyndrome und die wichtigste Differentialdiagnose des FPCs, fand Bartsch (2021) bei bis zu 72 % der betroffenen Familien einen autosomal- dominanten Erbgang.

Vorkommen

Das FPC ist – verglichen mit dem häufigeren sporadischen duktalen Pankreaskarzinom - ein seltenes Tumorsyndrom (Bartsch 2021). Es erfüllen lediglich ca. 1 – 3 % aller Pankreastumoren die Kriterien eines FPCs (Kaiser 2020).

Bei Juden tritt das FPC gehäuft auf, bei aschkenasischen deutlich häufiger als bei kaukasischen Juden (Lynch 2004).

Bis Ende der 1990er Jahre erkrankten und verstarben gleich viele Männer und Frauen an einem FPC. Seitdem sind sowohl die Erkrankungsrate und Sterberate bei Frauen angestiegen (Brückner 2021).

Das Risiko, an einem FPC zu erkranken, ist bei 2 Erkrankten innerhalb einer Familie um das bis zu 18- fache erhöht, bei 3 oder mehr Familienmitgliedern um das 57- fache (Seufferlein 2021).

FPC findet sich in bis zu 16 % (Kasper 2015) ähnlich häufig wie andere hereditäre Tumorerkrankungen (Seufferlein 2021).

Es konnte in einer prospektiven Studie gezeigt werden, dass ca. 1 – 3 % aller Patienten mit Pankreaskarzinom die Kriterien des FPCs erfüllen (Seufferlein 2021). Bei Patienten mit duktalem Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) sind ca. 5 % an einem FPC erkrankt (Mintziras 2019).

Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ca. 62 Jahren. Es unterscheidet sich damit nicht signifikant von Patienten mit sporadischen Tumoren. Es hat sich allerdings gezeigt, dass Kinder von FPC- Patienten in bis zu 71 % (Humphris 2014) eine Antizipation zeigen und diese bis zu 10 Jahre früher erkranken können (Seufferlein 2021).

Ätiologie

Bislang konnte eine genetische Ursache für das FPC nicht eindeutig ermittelt werden (Brückner 2021). Lediglich bei ca. 10 % wurde ein spezifischer Gendefekt nachgewiesen (Kaiser 2020).

Betroffen sein kann das Gen:

- PALB2 bei 2,8 % (Herold 2022 / Bartsch 2021)

In Fällen von FPC wurden folgende Umweltfaktoren gefunden:

- Tabakrauch

- Asbest

- Radon (Matsubayashi 2017)

Risiken für das Auftreten eines FPCs sind:

- Rauchen

- kürzlich aufgetretener Diabetes mellitus

- Adipositas

- chronische Pankreatitis

- dilatierter Hauptgang des Pankreas

- Pankreaszyste

- intraduktales papilläres muzinöses Neoplasma (Matsubayashi 2017)

 

Es gibt weitere Keimbahnmutationen, die mit einem deutlich erhöhten Risiko für ein erbliches Pankreaskarzinom- Syndrom einhergehen:

- ATM-Gen in 5,5 %

- BRCA1-Gen in 2 %

- BRCA 2-Gen  in 6 %

- CDKN2A-Gen in 3,3 %

- CHEK2 -Gen in 5,4 %

- PALB2-Gen in 2,8 % (Bartsch 2021)

- PRSS1- Gen (Serinprotease 1) (Kasper 2015)

Pathophysiologie

Die meisten Pankreaskarzinome entwickeln sich aus mikroskopisch kleinen Duktusläsionen, den sog. intraepithelialen Pankreasneoplasien (PanIN). Ein geringerer Anteil entsteht aus zystischen Läsionen. Man schätzt den Zeitraum, bis sich aus den Vorläuferläsionen die eigentliche Erkrankung entwickelt, zwischen 10 – 20 Jahre ein (Humphris 2014).

Manifestation

Patienten mit FPC haben mit 44,1 % signifikant häufiger mindestens einen Familienangehörigen 1. Grades mit einer extrapankreatitischen Malignität (Humphris 2014).

Diagnostik

Bei der Diagnostik eines FPC stellen Endosonographie bzw. MRT die Standardverfahren dar (Hübner 2018) .

Histologie

Man kann FPC- Tumoren histologisch nicht von sporadischen Tumoren unterscheiden (Seufferlein 2021).

Bei der Mehrzahl der FPC findet sich histologisch ein duktales Adenokarzinom (PDAC).

Differentialdiagnose

- Erbliches Pankreaskarzinom- Syndrom

Dieses ist definiert als das Auftreten von Pankreaskarzinomen durch hereditäre genetische Prädispositionssyndrome. (Kasuga 2022). Zu diesen zählen nach Kasper 2015:

- STK11-Gen (Peutz- Jeghers- Syndrom)

- BRCA2 (erhöhtes Risiko für familiäres Mamma-, Ovarialkarzinom sowie Pankreaskarzinom )

- p16 / CDKN2A beim familiären atypischen multiplen Melanomsyndrom

- PALB2 (erhöhtes Risiko für Mamma- und Pankreaskarzinom)

- hMLH1 und MSH2 (Lynch- Syndrom)

- ATM (Ataxie- Teleangiektasie)

Interne Therapie

- Chemotherapie:

Die überwiegende Anzahl der FPCs sind bei Diagnosestellung bereits inoperabel. Hier empfiehlt sich eine Chemotherapie nach dem FOLFIRINOX- Schema bzw. auf Gemcitabin basierenden Schemata (Matsubayashi 2017).

 

- Radiatio:

In drei randomisierten Studien wurde die Wirksamkeit der Radiochemotherapie verglichen. Die Resultate dieser Studien waren nicht einheitlich (Seufferlein 2021).

Bei symptomatischen Metastasen empfiehlt sich eine palliative Strahlentherapie (Seufferlein 2021).

Operative Therapie

Die operative Therapie in Form einer Pankreatektomie stellt die einzige potentiell kurative Form einer Behandlung dar (Seufferlein 2021).

Die meisten Fälle von FPC- Patienten zeigen bei Diagnosestellung aber bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium bzw. Metastasen, so dass eine chirurgische Resektion nicht mehr möglich ist (Humphris 2014).

 

Prognose

Das Pankreaskarzinom stellt weltweit für krebsbedingte Todesfälle eine der Hauptursachen dar. Die 5- Jahresüberlebensrate liegt auch heutzutage – trotz Fortschritten bei der Therapie – unter 10 % (Kasuga 2022).

 

Von den Patienten, bei denen eine chirurgische Resektion des Tumors noch möglich ist, versterben immer noch ca. 80 % an der Erkrankung, die mediane Überlebenszeit liegt bei < 2 Jahren (Humphris 2014). Egawa (2012) hingegen beschreibt, dass die 5- Jahresüberlebensrate auf 80,4 – 85,8 % ansteigen kann, sofern die Tumorgröße ≤ 10 mm beträgt und eine entsprechende Therapie erfolgt.

 

Es wird vermutet, dass das duktale Adenokarzinom des Pankreas bis ca. 2030 in Deutschland die zweithäufigste Todesursache aller krebsbezogenen Todesfälle sein wird (Bartsch 2021).

Hinweis(e)

Da die Betreuung von FPC- Familien komplex ist, empfiehlt sich eine Überwachung an einem Expertenzentrum (Bartsch 2021).

Es werden folgenden Familienangehörigen ohne manifeste oder symptomatische Erkrankung genetische Untersuchungen empfohlen:

- Empfehlungsgrad A:

        - Familienmitgliedern mit einer bekannten pathogenen Genvariante, die für das Pankreaskarzinom prädisponiert ist

        - Mitglieder, die aus Familien stammen, bei denen die Kriterien für eine genetische Testung auf bereits bekannte, mit einem Pankreaskarzinom assoziierten hereditären Syndrome erfüllt sind

        - Mitgliedern einer Familie, bei denen ein sporadisches Pankreaskarzinom bereits aufgetreten ist und die ein erhöhtes Risiko tragen. Ein erhöhtes Risiko wird definiert als:

             - wenn bei zwei Blutsverwandten, die erstgradig miteinander verwandt sind und von denen mindestens einer erstgradig mit dem zu evaluierenden Individuum verwandt ist, ein Pankreaskarzinom aufgetreten ist.

             - wenn zwei oder mehr Blutsverwandte auf derselben Seite der Familie an einem Pankreaskarzinom erkrankt sind, von denen einer erstgradig mit dem zu evaluierenden Individuum verwandt ist (Seufferlein 2021).

 

Die Screening- Untersuchungen sollten ab dem 50ten Lebensjahr bzw. 10 Jahre vor Erkrankungsbeginn des jüngsten Familienmitgliedes erfolgen und aus einer Endosonographie oder einer MRT / MRCP- Untersuchung bestehen (Seufferlein 2021).

 

Im Jahre 1999 wurde das FaPaCa- Register als nationale Fallsammlung für das FPA gegründet. Inzwischen haben rund 1.150 FPC- Familien sich beim Sekretariat des Registers gemeldet (Bartsch 2021). Ziel des FaPaCa- Registers ist es, Hochrisikopatienten zu erkennen und die genetischen Ursachen zu detektieren (Brückner 2021).

 

Es wird allen Patienten – wie bei anderen erblichen Erkrankungen ebenfalls – eine genetische Beratung empfohlen. Allerdings keine prädiktive Gendiagnostik, da bislang nur bei ca. 10 % der von FPC betroffenen Familien ein spezifischer Gendefekt nachgewiesen werden konnte (Seufferlein 2021).

 

Personen mit einem erhöhten Risiko für FPC sollten regelmäßig überwacht werden, da sich gezeigt hat, dass bei diesen Patienten das PFC in einem sehr frühen Stadium entdeckt wird und oftmals ein langfristiges Überleben möglich sein kann (Saba 2022). Die Untersuchungsmöglichkeiten sind aber bislang nicht spezifisch genug. Es wird heutzutage immer noch ca. die Hälfte der Betroffenen bei einem Screening übersehen (Sirtl 2022).

 

Literatur

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