IgA-NephropathieN02.8

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

IgAN; IgA-Nephritis; IgA-nephropathy; Mesangiale Glomerulonephritis vom IgA-Typ; Mesangioproliferative Glomerulonephritis; Morbus Berger; Nephropathie IgA-Nephropathie

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Erstbeschreiber

Jean Berger, 1968

Definition

Immunkomplexerkrankung mit Bildung von abnormen IgA1-Molekülen (galaktosylierten IgA1) sowie Immunkomplex-Ablagerungen im Mesangium der Nierenglomerula.

Einteilung

Idiopathische Form der IgA-Nephropathie

Sekundär: bei Erwachsenen bleibt die IgA-Nephropathie häufig monorganisch auf die Niere begrenzt. Gehäuftes Auftreten bei SLE, Leberzirrhose, Sprue, monoklonaler IgA-Gammopathie; gehäuft auch bei Dermatitis herpetiformis. Bei der systemischen Purpura Schönlein-Henoch ist die IgA-Nephropathie eine Teilmanifestation.

MEST (Oxford)-Klassifikation der IgA-Nephropathie:

  • Mesangiale Hyperzellularität (0=<50%; 1=>50%)
  • Endokapilläre Hyperzellularität (0=nein; 1=ja)
  • Segmentale Sklerose/Adhäsion (0=nein; 1=ja)
  • Tubulusatrophie, interstitielle Nephrose (0=0-25%; 1=26-50%; 2=>50%)

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit die häufigste Form aller primären Glomerulonephritiden (Moeller S et al. 2014). Prävalenz: 100-150/100.000 Einwohner.

Ätiopathogenese

Auslösend sind häufig mukosale Infektionen; pathogenetisch werden weiterhin Nahrungsmittelallergene einschließlich Gluten als mitauslösend angesehen. Über eine gesteigerte Immunreaktivität auf Gluten ggfl. kombiniert mit Gluten-sensitiver Enteropathie wurde berichtet.

In der Pathogenese der IgA Nephropathie spielen Variationen in der Integrin-Untereinheit Beta 2 (ITGB2) und das Fc-Fragment des IgE-Rezeptors (FCER1G) eine wichtige Rolle (Jiang X et al. 2020).

Manifestation

m>f; als monoorganische Nephropathie v.a. bei Männern zwischen dem 20. und 30.LJ (Thaiss F et al. 2000). Das seltene familiäre Vorkommen ist beschrieben. Als systemische Krankheitsbild in Kombination mit palpabler Purpura, Arthralgien, abdominellen Schmerzen und Darmblutungen (Purpura Schönlein-Henoch).

Klinisches Bild

Die klinischen Leitsymptome der IgA-Nephropathie können sehr unterschiedlich sein. Sie reicht von einem Minimalbefund mit einer geringen persistierenden Mikrohämaturie bis hin zu rezidivierenden Episoden einer Makrohämaturie. Eine Makrohämaturie ist fast immer assoziiert mit einer mukosalen Infektion. Häufig ist die Hämaturie ist von einer milden Proteinurie (0,5 bis 2,0 g/Tag) begleitet. Seltener (bis 10% der Patienten) tritt eine nephrotische Proteinurie (> 3 g/24 h) oder eine rasch progrediente Glomerulonephritis hinzu (Thaiss F et al. 2000). Eine leichte bis mäßige Hypertonie entwickeln etwa 40% der Patienten.

Charakteristisch sind begleitende Flankenschmerzen. Bei Erwachsenen bleibt die IgA-Nephropathie meist monorganisch auf die Niere begrenzt.

Bei Kindern ist die IgA-Nephropathie häufig Teilsymptom einer Purpura Schönlein-Henoch (Mani LY et al. 2015). 

Komplikativ kann eine IgA-Nephropathie (IgAN) zusammen mit (häufig schwer verlaufender) Psoriasis in Verbindung gebracht werden (Garces CC et al. 2021).

Labor

Nicht selektive Proteinurie (meist <3g/Tag) und glomeruläre Hämaturie (Akanthozyten) im Urinsediment. Serum IgA-Spiegel bei 40% der Patienten erhöht. Nachweis  von zirkulierenden Immunkomplexen in 50-70% der Fälle möglich.

Diagnose

Klinik; Nierenbiopsie („Tripeldiagnostik“ aus licht-, immun- und elektronenmikroskopischer Untersuchung des Biopsiematerials. Nachweis der mesangialen Ablagerungen von IgA, Proliferation von Mesangiumzellen und Mesangiummatrix). Prognostisch ungünstige pathologisch-anatomische Faktoren sind: fokale und segmentale glomeruläre Sklerosen, tubulointerstitielle Fibrosierung sowie eine Arterio- und Arteriolosklerose der Nierengefäße. Bei Vorliegen dieser Faktoren ist die Indikation für therapeutische Maßnahmen gegeben.

Differentialdiagnose

Andere Erkrankungen mit Proteinurei mit/ohne Hämaturie.  Poststreptokokken-Glomerulonephritis.

Therapie

Bei Patienten mit einem niedrigen Risiko (isolierte Mikrohämatourie sowie einer Proteinurie <0,5g/d sowie normaler GFR) ist eine „wait-and-see-Strategie“ gerechtfertigt.

Bei Patienten mit einem intermediären Risiko (Proteinurie 0,5g-1,0g/d sowie herabgesetzter GFR +/- Hypertonie) empfiehlt sich eine Therapie mit ACE-Hemmern (Hinweis: In multizentrischen Studien konnte gezeigt werden, dass die Gabe eines ACE-Hemmers zu einer deutlichen Reduktion des fortschreitenden Funktionsverlusts führt (Thaiss F et al. 2000). Bei Therapieresistenz Zugabe von Prednisolon.

Bei Patienten mit nephrotischem Syndrom oder einer „Rasch progressiven Glomerulonephritis“ Glukokortikoide (Prednisolon 1mg/kg KG) über 8 Wochen kombiniert mit Cyclophosphamid (500mg/m2 Körperoberfläche) als „Pulse-Therapie“, ansonsten symptomatisch.

Alternativ: In mehreren kontrollierten klinischen Studien (8 RCTs mit insgesamt 357 Patienten) konnte durch den Einsatz von Mycophenolate mofetil befriedigende Resultate erzielt werden, die denen mit Cyclophosphamid überlegen waren. (Cheung CK et al. 2015).

Therapie allgemein

Fischöl: In einer prospektive Untersuchung konnte der positive Effekt von mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus Fischöl nachgewiesen werden (die im Fischöl enthaltenen Eikosapentaen- und Dokosahexaensäuren führen zu einem günstigen Profil der Cyclooxygenasen. Patienten mit IgA-Nephritis, die täglich 3-4 g Fischöl zu sich genommen haben, einen deutlich günstigeren Verlauf ihrer Erkrankung hatten als die so nicht behandelten Patienten.

Begleitende Prophylaxe eines potenziell sich entwickelnden sekundären Hyperparathyreoidismus, eines Vitamin-D-Mangels, der renalen Anämie und Azidose, einer Fettstoffwechselstörung. Wichtig: diätetische Führung der Patienten.

Verlauf/Prognose

Prognosebeurteilung mittels MEST-Kriterien. Von entscheidender Bedeutung ist das Ausmaß der Proteinurie.  Als Remission werden 3 konsekutive negative Resultate bzgl. einer Hämaturie sowie einer Proteinurie bezeichnet (Suzuki Y et al. 2014).

Bei 25% der Patienten gute Prognose mit Abheilung. Bei 50% der Patienten kommt es im Verlauf von 10-20 Jahren zur terminalen Niereninsuffizienz, bei 25% zu einem nephrotischen Syndrom.  Nach Nierentransplantation Rezidiv in ca.40%. 

Literatur

  1. Ahuja TS et al. (1998) IgA nephropathy in psoriasis. Am J Nephrol 18:425-429.
  2. Cheung CK et al. (2015) Gluten and IgA nephropathy: you are what you eat? Kidney Int 88:215-218. 
  3. Garces CC et al. (2021) Severe psoriasis presenting with rapidly progressive (crescentic) IgA-predominant glomerulonephritis. BMJ Case Rep14:e242627
  4. Jiang X et al. (2020) Bioinformatics analysis reveals novel hub gene pathways associated with IgA nephropathy. Eur J Med Res 25:40.
  5. Lai KN (2012) Pathogenesis of IgA nephropathy. Nat Rev Nephrol 8:275-283.
  6. Mani LY et al. (2015) IgA-Nephropathie und Purpura Schönlein-Henoch - ein breites Spektrum. Ther Umsch 72:157-1560.
  7. Moeller S et al. (2014) Lack of serologic evidence to link IgA nephropathy with celiac disease or immune reactivity to gluten. PLoS One 9: e94677. 
  8. Peters HP et al. (2015) Immunosuppressive therapy  in patients with IgA nephropathy. Neth J Med 73:284-289.
  9. Roberts IS (2014) Pathology of IgA nephropathy. Nat Rev Nephrol 10:445-454. 
  10. Suzuki Y et al. (2014) Proposal of remission criteria for IgA nephropathy. Clin Exp Nephrol 18:481-486. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23913115
  11. Thaiss F et al. (2000) IgA-Nephropathie: Klinik, Pathogenese und Therapie der häufigsten Glomerulonephritis. Dtsch Arztebl 97: A-2708 / B-2302 / C-2048
  12. Zhang L et al. (2019) IgA nephropathy associated with erythrodermic psoriasis: A case report. Medicine (Baltimore). 98:e15433

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