HKP
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Im Jahre 1949 beschrieben Watson et al. erstmals eine Hereditäre Koproporphyrie = HKP (Lang 2014).
Wegen des teilweisen stark unterschiedlichen klinischen Erscheinungsbildes wurde die akute Porphyrie 1937 von Waldenström als „kleiner Imitator“ bezeichnet, im Gegensatz zur Syphilis, die er als „großen Imitator“ bezeichnete (Gerischer 2021).
Definition
Unter HKP versteht man eine Hereditäre Koproporphyrie. Diese entspricht einer der vier Formen der akuten hepatischen Porphyrie:
- Akute intermittierende Porphyrie (AIP)
- Hereditäre Koproporphyrie (HKP)
- Porphyria variegata (PV)
- Delta- Aminolävulinsäure- Dehydrogenase- Defekt- Porphyrie (Doss- Porphyrie). (Herold 2018)
Vorkommen
Die HKP ist weltweit verbreitet. Frauen sind häufiger als Männer betroffen. Die HKP ist eine sehr selten auftretende Erkrankung, es sind < 50 Fälle beschrieben. (Lang 2014).
Im Jahre 2018 spricht Plewig bereits von ca. 200 dokumentierten Fällen.
Ätiologie
Bei der HKP handelt es sich um eine hereditäre Erkrankung, bei der ein Defekt des Enzyms Koproporphyrinogenoxidase (CPOX) besteht (Lang 2014). Die Vererbung erfolgt autosomal dominant (Gerok 2007).
Pathophysiologie
Porphyrien umfassen eine Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen, mit teilweise autosomal- dominantem und teilweise autosomal- rezessivem Erbgang . Sie werden durch einen Enzymmangel in der Häm- Biosynthese verursacht (Gerischer 2021).
Manifestation
Die Erkrankung ist vor der Pubertät latent und wird i. d. R. erst in der Pubertät manifest (Kasper 2015).
Klinisches Bild
Sowohl homozygote als auch heterozygote Mutationen sind mit dem Krankheitsbild assoziiert (Lang 2014).
Die Erkrankung verläuft in Schüben. Diese stehen häufig mit der Einnahme bestimmter Medikamente, Veränderungen der weiblichen Fortpflanzungsorgane oder einem Kalorienmangel in Verbindung (Wang 2022). Es bestehen in erster Linie neuroviszerale Symptome in Form von:
- Zu Beginn leichten abdominellen Schmerzen, die sich innerhalb von Tagen zu starken kolikartigen oder krampfartigen abdominellen Schmerzen steigern (Wang 2022)
- Tachykardie
- Erbrechen
- Nausea
- Obstipation oder Diarrhoe
- Hypertonie
- Hypernatriämie
- Muskelschwäche
- Atemlähmung
- Fieber
- vermehrtes Schwitzen
- Hypästhesien
- Parästhesien
- Lähmungserscheinungen wie Para- und Tetraplegie
- Angstzustände
- Verwirrtheit
- Delirium
- Schlaflosigkeit
- Depression
- Halluzinationen
- Psychosen (Lang 2014)
Auch die neuropathischen Symptome zeigen eine über Tage zunehmende Stärke der Ausprägung. Falls ein Anfall unbehandelt bleibt, kann sich innerhalb von Tagen oder Wochen eine motorische Neuropathie entwickeln (Lang 2014).
Bei ca. einem Drittel der Betroffenen (Gerok 2007) sind auch Hautveränderungen beschrieben, diese bestehen aus:
- erhöhter Verletzlichkeit der Haut
- auf lichtexponierten Arealen bilden sich Bläschen, Blasen, Erosionen, Krusten, Milien, Narben, Hypo- bzw. Hyperpigmentierungen
- im Gesichtsbereich gelegentlich aktinische Elastose, Hypertrichose (Lang 2014)
Die akuten Attacken und auch die Hautveränderungen sind identisch mit denen einer Porphyria variegata (Lang 2014).
Diagnostik
Im akuten Anfall lässt sich die Diagnose durch einen biochemischen Screeningtest stellen. Dieser weist einen deutlichen Anstieg des Porphobilinogens im Urin nach (Wang 2022).
Um zwischen den verschiedenen Formen einer Porphyrien zu unterscheiden und die Diagnose einer HKP stellen zu können, sind Stuhluntersuchungen unerlässlich (Wang 2022). Hierbei werden erhöhte Porphyrine im Stuhl nachgewiesen (Kasper 2015). Das Protoporphyrin ist meistens nur leicht erhöht und Koproporphyrin deutlich (Lang 2014).
Labor
In der akuten Phase findet sich im Urin eine Erhöhung von:
- Aminolävulinsäure (ALA)
- Porphobilinogen (PBG)
In der Remissionsphase liegen beide Werte wieder im Normbereich (Lang 2014).
Im Stuhl hingegen findet sich sowohl in der akuten Phase als auch in der Remissionsphase ein Anstieg von:
- Protoporphyrin (leicht erhöht)
- Koproporphyrin (deutlich erhöht) (Lang 2014)
Differentialdiagnose
- Akute intermittierende Porphyrie (AIP)
- Porphyria variegata (PV)
- Delta- ALA- Dehydratase- Defizienz- Porphyrie (Lang 2014)
Therapie allgemein
Die Therapie einer HKP entspricht der einer Porphyria variegata (Lang 2014). s. d.
Hinweis(e)
Betroffene Patienten sollten auf Fasten und die Einnahme bestimmter Medikamente wie z. B. Phenytoin und Barbiturate verzichten, Frauen außerdem auf orale Verhütungsmittel und Progesteron (Wang 2022).
Bei Patienten mit chronisch erhöhtem ALA- Spiegel und / oder > 60 Jahre sollten 1 x im Jahr Nieren- und Leberwerte kontrolliert werden, außerdem ein Screening auf Hepatozelluläres Karzinom und Bestimmung des Alpha- Feto- Protein bei Patienten > 60 Jahre (Wang 2022).
Literatur
- Gerischer L M, Scheibe F, Nümann A, Köhnlein M, Stötzel U, Meisel A (2021) Acute porphyrias - A neurological perspective. Brain Behav. 11 (11) e2389 doi: 10.1002/brb3.2389. Epub 2021 Oct 17
- Gerok W, Huber C, Meinertz T, Zeidler H (2007) Die Innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 1153, 1161
- Herold G et al. (2018) Innere Medizin. Herold Verlag 702
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 2531
- Lang E (2014) Untersuchungen zur Entstehung von benignen und malignen Tumoren bei Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie. Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
- Plewig G, Kaufmann R, Ruzicka T, Hertl M (2018) Braun- Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Springer Verlag GmbH Deutschland 1705
- Wang B, Bissell D M, Adam M P, Feldman J, Mirzaa G M, Pagon R A, Wallace S E, Bean L JH, Gripp K W, Amemiya A (2022) Hereditary Coproporphyria. GeneReviews Seattle , University of Washington. PMID: 23236641, Bookshelf ID: NBK114807 doi: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23236641/