Asthma bronchiale und PräventionJ45.9
Synonym(e)
Definition
Bei der Prävention (s.u. Prävention in der Medizin) wird nach dem Interventionszeitpunkt (nach Caplan) unterschieden in:
- primäre Prävention (Primäprävention)
- sekundäre Prävention (Sekundärprävention)
- tertiäre Prävention (Tertiärprävention)
- quartäre Prävention (Quartärprävention)
Das Ziel der primären Asthmaprävention ist es, die Entwicklung der Erkrankung zu verhindern, bevor die immunologischen Weichen für die Erkrankung gestellt sind. Voraussetzungen sind eine exakte Allergiediagnostik bei gefährdeten Personen (Berufs- und Freizeitanamnese, Karenzversuche, Haut-und serologische Testverfahren zur Erkennung von Typ-I-Allergenen).
Sekundäre Asthmaprävention (Krankheitsfrüherkennung) zielt auf eine Vermeidungsstrategie von Asthma bronchiale bei Kindern und Erwachsenen, bei denen bereits eine Typ I-Sensibilisierung bzw. eine andere allergische Organmanifestation (z.B. Nahrungsmittelallergie, extrinsische atopische Dermatitis) festgestellt wurde. Hierzu zählen Expositionsminimierung (dies betrifft auch den beruflichen Bereich bei erwachsenen Personen: Mehl-und Backprodukte, Pflanzenallergene, Staub von Nahrungs-oder Futtermittel, Latexallergene, Friseurmittel, Kosmetika, Isocyanate u.a.), aber auch die spezifische Immuntherapie (SIT) bei allergischer Rhinitis, um die Entwicklung zum Asthma bronchiale (Etagenwechsel) zu verhindern.
Die tertiäre Asthma-Prävention zielt auf die Verhinderung der Verschlimmerung und damit die Chronifizierung eines bereits bestehenden Asthma bronchiale. Sie beinhaltet Allergenkarenz, striktes Rauchverbot, Umgebungssanierung mit Karenzmaßnahmen bei Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben, Infektprophylaxe, aktive Immunisierung gegen Pneumokokken und Influenzaviren, Vermeidung übertriebener körperlicher Anstrengung (Anstrengungsasthma)und die Therapie eines evtl. vorhandenen gastro-ösophagealen Refluxes (Schäfer T et al. 2004; Wahn U et al. 2001; Becker AB 2000)
Prophylaxe
Maßnahmen und Aspekte der primären Prävention bei Asthma bronchiale (variiert nach S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Registernummer 020-009)
Ernährung:
- Neugeborene sollten 4 Monate ausschließlich gestillt werden.
- Nach dem vollendeten 4. Lebensmonat soll Beikost eingeführt werden; es soll keine Verzögerung der Beikosteinführung erfolgen.
- Hydrolisierte Säuglingsnahrung: Es gibt keinen Anhalt dafür, dass der Einsatz partiell oder extensiv hydrolisierter Säuglingsnahrungen der Asthmaprävention dient.
- Diäten während der Schwangerschaft: Es sind keine diätetischen Restriktionen im Hinblick auf die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit erforderlich
Fell- und Federtiere:
- Kinder ohne Allergierisiko müssen nicht auf Haustiere verzichten. Besonderheiten ergeben sich bei der Katzenallergie.
- Bei Kindern mit Allergierisiko sollte auf die Haltung und Neuanschaffung von Fell- und Federtieren verzichtet werden. Katzenhaltung ist bei diesen Kindern grundsätzlich zu vermeiden.
- Eine höhere Anzahl älterer Geschwister, der Besuch einer Kindertagesstätte, das Aufwachsen auf einem Bauernhof mit Tieren sowie Wurminfektionen sind negativ (!) mit Asthma bronchiale assoziiert.
Raumklima:
- Aktive Tabakrauchvermeidung und striktes Meiden von Environmental Tobacco Smoke (ETS) ist die wichtigste Präventions-Maßnahme in der Schwangerschaft Zacharasiewicz A (2016) (s. a. Asthma bronchiale und Schwangerschaft)
- Hohe Luftfeuchtigkeit und mangelnde Ventilation in Räumen, flüchtige organische Verbindungen (z. B. Formaldehyd) sowie KfZ-Abgasexposition sollen vermieden werden.
- Schimmelbildung: Schimmelbildungen in Räumlichkeiten sind auch zur Primärprävention (Schimmelpilzallergie) zu vermeiden bzw. beseitigen.
- Hausstaubmilben: Eine Hausstaubmilbensanierung ist als Maßnahme zur Primärprävention nicht notwendig, zur Sekundär- und Tertiärprävention jedoch ratsam.
Adipositas:
- Übergewicht und Adipositas sind mit positiv mit Asthma bronchiale assoziiert. Es empfiehlt sich ein Normalgewicht anzustreben. Übergewicht sollte mit geeigneter Diät begegnet werden. (s. Asthma bronchiale und Komorbidität).
Sonstiges:
- Impfungen: Auch Säuglinge und Kinder mit erhöhtem Asthmarisiko sollen nach den allgemeinen Empfehlungen geimpft werden.
- Insektengiftallergie: bei Kindern mit erhöhtem Asthmarisiko ist bei lebensgefährlichen Allergien (z.B. Insektengiftallergie) ein Notfallset zu verschreiben. Angehörige sind hinsichtlich auftretender Notfallsituationen zu schulen.
Literatur
- Becker AB (2000) Is primary prevention of asthma possible? Pediatr Pulmonol 30: 63-72
- Buhl R et al. (2017) S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Registernummer 020-009
- Schäfer T et al. (2014) S3-Guideline on allergy prevention: 2014 update: Guideline of the German Society for Allergology and Clinical Immunology (DGAKI) and the German Society for Pediatric and Adolescent Medicine (DGKJ). Allergo J Int 23: 186-199
- Schäfer T et al. (2004) Evidence-based and consented guideline on allergy prevention]. J Dtsch Dermatol Ges 2: 1030-1036
- Wahn U et al. (2001) Childhood risk factors for atopy and the importance of early intervention. J Allergy Clin Immunol 107: 567-574
- Zacharasiewicz A (2016) Maternal smoking in pregnancy and its influence on childhood asthma. ERJ Open Res 2: 00042