SchimmelpilzallergieT78.4

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Allergie auf Schimmelpilze; Mold-induced allergy; Pilzallergie; Schimmelpilzallergene; Schimmelpilzsensibilisierung

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Sensibilisierung durch Schimmelpilzallergene. Durch die Analyse und Klassifizierung der Allergene (s.u.) ist die Diagnostik der Schimmelpilzallergie sehr viel präziser möglich als zuvor. Bei A. alternata wurden bisher 16 Allergene isoliert, viele davon Enzyme (Alt a 4 (disulfide isomerase), Alt a 6 (enolase), Alt a 8 (mannitol dehydrogenase), Alt a 10 (alcohol dehydrogenase), Alt a 13 (glutathione-S-transferase),  Alt a MnSOD (Mn superoxide dismutase). Andere haben strukturelle und regulatorische Funktionen. Alt a 5 und Alt a 12 komprimieren die Struktur von großen ribosomalen  Subunits und regulieren Translationen, Alt a TCTP agiert wie ein Zytokin. Von mehreren Allergenen ist die Funktion noch gänzlich unbekannt (Alt a 1, Alt a 2, Alt a 9 und Alt a 70 kDa).  

Einteilung

Klassifizierung und molekularbiologische Zuordnung häufiger Schimmelpilzallergene modifiziert nach "WHO/IUIS, Allergen Nomenclature Sub-committee".

Alternaria

  •  Alt a 1
  •  Alt a 3 Heat shock protein 
  •  Alt a 4 Disulfide isomerase 
  •  Alt a 5 Ribosomal protein P2
  •  Alt a 6 Enolase
  •  Alt a 7 YCP4 protein
  •  Alt a 8 Mannitol dehydrogenase
  •  Alt a 10 Aldehyde dehydrogenase
  •  Alt a 12 Acid ribosomal protein
  •  Alt a 13 Glutathione-S-transferase
  •  Alt a 14 Manganese superoxide dismutase
  •  Alt a 15 Serine protease

Aspergillus flavus (fungus)

  • Asp fl 13 Alkaline serine protease
  • Aspergillus fumigatus (fungus)
  •  Asp f 1 Mitogillin family
  •  Asp f 2
  •  Asp f 3 Peroxysomal protein
  •  Asp f 4
  •  Asp f 5 Metalloprotease
  •  Asp f 6 Mn superoxide dismutase
  •  Asp f 7
  •  Asp f 8 Ribosomal protein
  •  Asp f 9
  •  Asp f 10 Aspartate protease
  •  Asp f 11 Peptidyl-prolyl isomerase
  •  Asp f 12 Heat shock protein P90
  •  Asp f 13 Alkaline serine protease
  •  Asp f 15
  •  Asp f 16
  •  Asp f 17
  •  Asp f 18 Vacuolar serine protease
  •  Asp f 22 Enolase
  •  Asp f 23 L3 ribosomal protein
  •  Asp f 27 Cyclophilin
  •  Asp f 28 Thioredoxin
  •  Asp f 29 Thioredoxin
  •  Asp f 34 PhiA cell wall protein

Aspergillus niger

  • Asp n 14 Beta-xylosidase
  • Asp n 18 Vacuolar serine protease
  • Asp n 25 3-phytase B

Aspergillus oryzae

  • Asp o 13 Alkaline serine protease
  • Asp o 21 TAKA-amylase A

Aspergillus versicolor

  • Asp v 13 Extracellular alkaline serine protease

 

Cladosporium cladosporioides

  • Cla c 9 Vacuolar serine protease
  • Cla c 14 Transaldolase

Cladosporium herbarum

  • Cla h 2
  • Cla h 5 Acid ribosomal protein P2
  • Cla h 6 Enolase
  • Cla h 7 YCP4 protein
  • Cla h 8 Mannitol dehydrogenase
  • Cla h 9 Vacuolar serine protease
  • Cla h 10 Aldehyde dehydrogenase
  • Cla h 12 Acid ribosomal protein P1

Curvularia lunata (Synonym: Cochliobolus lunatus)

  • Cur l 1 Serine protease
  • Cur l 2 Enolase
  • Cur l 3 Cytochrome c
  • Cur l 4 Vacuolar serine protease

Epicoccum purpurascens (Soil fungus)

  • Epi p 1 Serine protease

Fusarium culmorum (N.A.)

  • Fus c 1 Ribosomal protein P2
  • Fus c 2 Thioredoxin-like protein

Fusarium proliferatum

  • Fus p 4 Transaldolase
  • Fus p 9 Vacuolar serine protease

Penicillium brevicompactum

  • Pen b 13 Alkaline serine protease
  • Pen b 26 Acidic ribosomal prot. P1

Penicillium chrysogenum

  • Pen ch 13 Alkaline serine protease
  • Pen ch 18 Vacuolar serine protease
  • Pen ch 20 N-acetyl-glucosaminidas
  • Pen ch 31 Calreticulin
  • Pen ch 33
  • Pen ch 35 Transaldolase

Penicillium citrinum

  • Pen c 3 Peroxysomal membrane protein
  • Pen c 13 Alkaline serine protease
  • Pen c 19 Heat shock protein
  • Pen c 22 Enolase
  • Pen c 24 elongation factor 1 beta
  • Pen c 30 Catalase
  • Pen c 32 Pectate lyase

Penicillium crustosum

  • Pen cr 26 60S acidic ribosomal phosphoprotein P1

Penicillium oxalicum

  • Pen o 18 Vacuolar serine protease

Stachybotrys chartarum

  • Sta c 3 Extracellular alkaline Mg-dependent exodesoxyribonuclease

Trichophyton rubrum

  • Tri r 2 Putative secreted alkaline protease Alp1
  • Tri r 4 Serine protease

Trichophyton tonsurans

  • Tri t 1
  • Tri t 4 Serine protease

Klinisches Bild

Klinisch ist eine Allergie auf Schimmelpilze nur schwer zu erkennen. Am häufigsten entsteht eine Schimmelpilzallergie aerogen durch Inhalation der Sporen. Insofern sind die allergischen Erscheinungen der Atemwege die häufigsten Erstsymptome.

Die Beschwerden des Patienten sind zeitlich und klinisch genau zu  charakterisieren (Führung eines Symptom-Tagebuchs).

Hohe aerogene Sporenkonzentrationen von Schimmelpilzen sind besonders von Mai bis Oktober zu verzeichnen. Alternaria- und Cladosporium-Sporen werden gehäuft im Juli und August beobachtet.

Diagnose

Durch die Analyse und Klassifizierung der Allergene (s.u.) ist die Diagnostik der Schimmelpilzallergie sehr viel präziser möglich als zuvor. Bei A. alternata wurden bisher 16 Allergene isoliert, viele davon Enzyme (Alt a 4 (disulfide isomerase), Alt a 6 (enolase), Alt a 8 (mannitol dehydrogenase), Alt a 10 (alcohol dehydrogenase), Alt a 13 (glutathione-S-transferase),  Alt a MnSOD (Mn superoxide dismutase). Andere haben strukturelle und regulatorische Funktionen. Alt a 5 und Alt a 12 komprimieren die Struktur von großen ribosomalen  Subunits und regulieren Translationen, Alt a TCTP agiert wie ein Zytokin. Von mehreren Allergenen ist die Funktion noch gänzlich unbekannt (Alt a 1, Alt a 2, Alt a 9 und Alt a 70 kDa).  

Diät/Lebensgewohnheiten

Patienteninformation bei Schimmelpilzallergie

  • Regelmäßige Stoßlüftung der Wohnung.
  • Keine Luftbefeuchter an Heizkörpern.
  • Stockflecken hinter Schränken, Holzverkleidungen und an Tapeten sind Hinweise auf Schimmelpilzbefall.
  • Entstandene Wasserschäden sollten sorgfältig saniert werden.
  • Keine Zimmerpflanzen (besonders in Hydrokultur).
  • Keine Küchenabfälle liegenlassen
  • Obst und Gemüse nur im Kühlschrank lagern.
  • Regelmäßiges Reinigen des Kühlschrankes.
  • Hochgradig Schimmelpilz-Sensibilisierte können auch auf Nahrungsmittel reagieren, wenn diese bereits verschimmelt sind (Gemüse, Obst), oder wenn sie aus schimmelpilzhaltigen Ausgangsprodukten hergestellt werden (Fruchtsäfte, Bier, Wein). Symptome sind: Migräne, Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen.
  • Keine Gartenarbeiten (An abgeschnittenen Pflanzenteilen oder Kompost befinden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Schimmelpilzkolonien).
  • Kein Rasenmähen, da hierbei Schimmelpilz-Sporen in großer Zahl aufgewirbelt werden.

Hinweis(e)

Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen (überarbeite Fassung des UBA-Schimmelpilzleitfadens; zitiert nach A. Wiesmüller 2018); 

1.) Schimmelpilzbefall in relevantem Ausmaß darf in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Die Beurteilung des Schadensausmaßes erfolgt gemäß dem „Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen" des Umweltbundesamtes.

2.) Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelpilzexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung gemäß Schimmelpilzsanierungsleitfäden.

3.) Schimmelpilzmessungen im Innenraum aus medizinischer Indikation sind selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelpilzbefall sowohl auf  eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sind die Ursachen des Befalls aufzuklären, anschließend sind der Befall und seine primären Ursachen zu beseitigen.

4.) Schimmelpilzexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (mucous membrane irritation, MMI) Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.

5.) Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelpilzexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen

6.) Es ist eine ärztliche Aufgabe, in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchteschäden oder Schimmel in Innenräumen mit gastrointestinalen oder renalen Erkrankungen, Reproduktionsstörungen, Teratogenität oder Krebserkrankungen zu versachlichen.

7.) Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

a) Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI).
b) Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)
c) Personen mit Asthma bronchiale

8.) Das Risiko für die Entwicklung eines Asthmas (Etagenwechsel) ist erhöht bei:

a) Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis

b) Patienten mit allergischer Rhinosinusitis

c) Patienten mit Atopie

9.) Vermutlich sind alle Schimmelpilze geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potenzial als geringer einzuschätzen.

10.)  Atopiker (Personen mit einer Neigung, überempfindlich auf den Kontakt mit Umweltsubstanzen zu reagieren – mit allergischer Rhinitis, allergischem Asthma oder atopischer Dermatitis) weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat.

11.) Kernelemente der Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung  (Pricktest) und die serologischen Untersuchungen (in vitro) von:

- spezifischen IgE-Antikörpern im Falle einer Typ-I-Sensibilisierung bzw.
- spezifischen IgG-Antikörpern im Falle einer exogen-allergischen Alveolitis (sehr selten bei nicht arbeitsplatzbezogener Innenraumexposition)
- sowie bei Provokationstestung.

12.) Der Nachweis von spezifischem IgE bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Dies ist aber, wie eine positive Reaktion im Hauttest, genauso wenig gleichzusetzen mit einer klinisch relevanten Allergie.

13.) Negative In-vitro- und In-vivo-Testergebnisse schließen eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilz(e) nicht aus.

14.) Die Bestimmung IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und wird daher nicht empfohlen.

15.) Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht indiziert.

16.) Infektionen durch Schimmelpilze sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA (Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe) 460 eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigsten Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit lokaler und allgemeiner Abwehrschwäche.

17.) Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik sind mikrobiologische und radiologische Verfahren.

18.) Schimmelpilzallergiker und Personen mit Erkrankungen, die das Abwehrsystem schwächen, sollten über die Gefahren von Schimmelpilzexposition im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich gut aufgeklärt werden. Sie sollten derartige Exposition minimieren.

Literatur

  1. Behbod B et al. (2014)  Asthma & Allergy Development: Contrasting Influences of Yeasts & Other Fungal Exposures. Clin Exp Allergy PubMed PMID: 25200568.
  2. Jin J et al. (2014)  The prevalence of increased serum IgE and Aspergillus sensitization in patients with COPD and their association with symptoms and lung function. Respir Res  29:130
  3. Kespohl S et al. (2013) Biochemical and immunological analysis of mould skin prick test solution: current status of standardization. Clin Exp Allergy 43:1286-1296
  4. Kustrzeba-Wójcicka I et al. (2014) Alternaria alternata and Its Allergens: a Comprehensive Review. Clin Rev Allergy Immunol  47:354-365
  5. Namvar S et al. (2014)  Aspergillus fumigatus proteases, Asp f 5 and Asp f 13, are essential for airway inflammation and remodelling in a murine inhalation model. Clin Exp Allergy  PubMed PMID: 25270353
  6. Natarajan S et al. (2014) Allergic bronchopulmonary aspergillosis: A clinical review of 24 patients: Are we right in frequent serologic monitoring? Ann Thorac Med 9:216-220
  7. Snelgrove RJ et al. (2014) Alternaria-derived serine protease activity drives IL-33-mediated asthma exacerbations. J Allergy Clin Immunol 134:583-5
  8. Wiesmüller A et al. (2018) Medizinisch-klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Haut 29: 22-27

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024