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Schwangerschaftsdermatose polymorpheO26.4
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Lawley, 1979; Holmes und Black 1983
Definition
Nicht rezidivierende, sehr vielgestaltige, häufigste spezifische Schwangerschaftsdermatose mit stark juckenden, urtikariellen Papeln, Plaques und Vesikeln mit selbstlimitierendem Verlauf. Symptome treten typischerweise in den letzten Schwangerschaftswochen, ab Ende des 2. Trimenons, oder unmittelbar postpartal (15%) auf. Auffällige Assoziation mit Erstgebärenden, Mehrlingsschwangerschaften und exzessiver müttlicher Gewichtszunahme.
Vorkommen/Epidemiologie
Die Häufigkeit wird auf 1/60-bis 1 : 300 Schwangerschaften geschätzt. Somit ist PUPPP die weitaus häufigste Schwangerschaftsdermatose (s.u. Schwangerschaft, Hautveränderungen).
Ätiopathogenese
Unbekannt. Ein Zusammenhang mit einer Schädigung des Kollagens infolge Überdehnung wird vermutet, wobei zuvor "inerte Strukturen" antigenen Charakter erlangen sollen und dadurch das Exanthem triggern sollen (Ambros-Rudolph CM et al. 2017). Dies würde erklären, dass die Erkrankung in den Striae distensae beginnt und sich zum Zeitpunkt der höchsten abdominellen Distension manifestiert. Welche Rolle peripherer Mikrochimärismus mit Ablagerung von fetaler DNA in mütterlicher Haut spielt, ist unklar.
Manifestation
Meist im letzten Trimenon auftretend; auch unmittelbar postpartal (15%). Assoziation mit Erstgebärenden, Mehrlingsschwangerschaften, exzessive mütterliche Gewichtszunahme (Murase JE et al 2014).
Lokalisation
Anfänglich finden sich die HV v.a. am Abdomen, hier die Nabelregion aussparend; weiterhin an Rückenpartien, Gesäß, Oberschenkeln und Oberarmen
Klinisches Bild
Sehr vielgestaltiges Krankheitsbild. Beginn mit papulösem oder urtikariellem, heftig juckendem Exanthem (Knötchen, Plaques) am Abdomen, das sich rasch auf Oberschenkel, Gesäß, Arme und seitliche Rumpfpartien ausbreitet. Hinweisend: HV beginnen häufig in den Striae cutis distensae! Meist (aber nicht immer) bleibt die Nabelregion ausgespart! Mit zunehmender Dauer der Erkrankung finden sich neben urtikariellen Papeln, targetoide oberflächenglatte aber auch ekzemartige Plaques; hinzu kommen Bläschen (nie Blasen), auch "Prurigo-artige" Hautveränderungen.
Histologie
Perivaskuläre lymphohistiozytäre Infiltration. Kräftiges Ödem der Dermis. Wenig spezifisches Muster! Nur im Zusammenhang mit der Klinik und der Immunhistologie (negativer Befund) auswertbar!
Direkte Immunfluoreszenz
Obligat negativ.
Differentialdiagnose
Externe Therapie
Zunächst Versuch mit blander, wirkstofffreier Lotio alba, ethanolischer Zinkoxidschüttelmixtur R292 , Emulsionen oder Gelen. Wirkstofffreie kühlende Gele lindern zeitweilig den Juckreiz R039 .
Lindernd wirken auch kühles Abduschen, "Cool-Packs" oder feuchte Umschläge, z.B. mit 0,9% NaCL-Lösung.
Wenn nicht ausreichend, Auftragen von Tannin 3-5% in Lotio alba oder von Menthol (Menthol-Creme 5%) - oder Polidocanol-haltigen Externa (z.B. R200 , R197 , Optiderm®).
Nächste Stufe sind Glukokortikoid-haltige Emulsionen (z.B. Hydrogalen, R123) oder 0,5% Hydrocortisoncreme (s. hierzu Glukokortikoide Schwangerschaft).
Interne Therapie
- Bei starkem und intolerablem Juckreiz mit erheblichen Schlafstörungen sind Glukokortikoide, z.B. Prednison (z.B. Decortin®) 50 mg/Tag p.o über 3 Tage indiziert. Schrittweise Dosisreduktion entsprechend dem klinischen Befund (s. Glukokortikoide, Schwangerschaft). Alternativ 25mg p.o über weitere 3 Tage (Ambros-Rudolph et al. 2017).
- In schweren Fällen und in den letzten Schwangerschaftswochen zusätzliche Gabe von Diphenhydramin-HCl (z.B. Vivinox 25 bis 50 mg/Tag) oder Benzodiazepine (z.B. Diazepam 2-5 mg/Tag).
- Die Gabe von Antihistaminika in der Schwangerschaft wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Es kommen jedoch höchstens Präparate der 1. Generation wie Clemastin (z.B. Tavegil 2mal/Tag 1 Tbl. p.o. oder 2mal/Tag 1 Amp. i.v.) oder Hydroxyzin (z.B. Atarax 1-3 Tbl./Tag) infrage (s. hierzu a. unter Pemphigoid gestationis).
Verlauf/Prognose
Spontane Abheilung der Eruptionen innerhalb von 4-6 Wochen. Die Abheilung ist unabhäng vom Zeitpunkt der Entbindung. Seltener ist ein protrahierter Verlauf mit Persistenz der Hautläsionen über mehrere Monate. Rezidive in einer der Folgeschwangerschaften sind eine Rarität, ebenso unter Kontrazeptiva, Es finden sich keine Hautveränderungen bei den Neugeborenen.
Hinweis(e)
Literatur
- Ambros-Rudolph CM (2017) Spezifische Schwangerschaftsdermatosen. Hautarzt 68: 87-94
- Ambros-Rudolph CM (2010) Spezifische Schwangerschaftsdermatosen. Hautarzt 61: 1014-1020
- Cohen LM et al. (1989) Pruritic urticarial papules and plaques of pregnancy and its relationship to maternal-fetal weigt gain and twin pregnancy. Arch Dermatol 125: 1534-1536
- Dietz H et al. (1995) Pruriginöse urtikarielle Papeln und Plaques in der Schwangerschaft (PUPP). Z Hautkr 70: 429-431
- Elling SV et al. (2000) Pruritic urticarial papules and plaques of pregnancy in twin and triplet pregnancies. J Eur Acad Dermatol Venereol 14: 378-381
- Kannambal K et al. (2017) A Screening Study on Dermatoses in Pregnancy. J Clin Diagn Res 11:WC01-WC05.
- Murase JE et al. (2014) Safety of dermatologic medications in pregnancy and lactation: Part I. Pregnancy. J Am Acad Dermatol 70:401.e1-14
- Nilles M et al. (1989) Die PUPPP-Dermatose. Hautarzt 40: 586-588
- Ohlinger R et al. (2003) Pruritic urticarial papules and plaques of pregnancy (PUPPP)--a case report. Z Geburtshilfe Neonatol 207: 107-109