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Interstitielle granulomatöse Dermatitis mit ArthritisM30.1
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Dykman, 1965; Ackerman AB, 1997
Definition
Sehr seltenes vaskulitisches Krankheitsbild, das in Assoziation mit Erkrankungen auftritt, bei denen zirkulierende Immunkomplexe eine pathogenetische Rolle spielen. Klinisch sind vorwiegend am seitlichen Rumpf lokalisierte, symmetrische, rote, meist asymptomatische Erytheme, Papeln oder Plaques, auch in linearer Ausrichtung (Seilzeichen oder "rope signals"). Es bestehen klinische Ähnlichkeiten zu einer urtikariellen Vaskulitis.
Ätiopathogenese
Die Pathogenese der Erkrankung ist bisher nicht geklärt. Einige Autoren ordnen sie dem Spektrum des interstitiellen Granuloma anulare zu (Rose C 2017). Andere Autoren halten sie für ein spätes Stadium einer Vaskulitis.
Lokalisation
Klinisches Bild
Als charakteristisch werden eminent chronische, ca. 5-40 Monate persistierende, bilaterale, symmetrische, bis etwa 3,0-20 cm lange und 0,5-1,0 cm breite, derbe, schmerzlose, bandartige Erytheme, auch rötliche Papeln und Plaques (auch Seilzeichen oder "rope signals") in der hinteren oder vorderen Axillarlinie, der Brust, des Gesäßes beschrieben. Diese können auch auf die angrenzenden Extremitäten übergreifen.
Auch anuläre Muster werden gefunden (Erythema anulare-artig).
Nicht selten treten die Veränderungen zsammen mit einer rheumatoiden Arthritis auf.
Histologie
Dichtes, bandförmiges histiozytäres Infiltrat in der mittleren retikulären Dermis. Weiterhin bestehen "flame figure"- artige (mit diesen aber nicht zu verwechselnde), sog. "floating sign", zumeist basophile Areale die aus degeneriertem Kollagen bestehen. Diese sind umgeben von rosettenartig angeordneten, teilweise auch pleomorphen Histiozyten (auch einige Mitosen können nachweisbar sein). Weiterhin finden sich diskrete perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate sowie einige neutrophile und eosinophile Leukozyten.
Akzentuiert um postkapilläre Venolen und größere Gefäße in Haut und Subkutis |
Kapillaren ausgespart oder weniger stark beteiligt |
perivaskuläre Leukozytoklasie |
Schädigung von Endothelzellen |
Fibrin in/im Bereich von Gefäßwänden |
Perivaskuläre Extravasation von Erythrozyten |
Kein/leichtes Ödem in der papillären Dermis |
Kollagendegeneration mit leichten basophilen nekrotischen Läsionen in variablem Ausmaß, umgeben von Palisadengranulomen |
Keine signifikante Anzahl von Eosinophilen |
Keine Plasmazellen oder Fibrosklerose |
Differentialdiagnose
Klinisch:
Borreliose: Kutanen Borreliose (evtl. mit einer interstitiellen granulomatösen Dermatitis). Klinisch-serologische Abklärung!
Atrophodermia progressiva idiopathica (Pasini-Pierini): Hier kann farblich ein ähnliches Krankheitsbild vorliegen. Untypisch wäre eine strangförmige Anordnung der Erytheme. Immer nachweisbar ist eine "Pseudoatrophie" der Oberfläche.
Granuloma anulare (disseminatum): Klinisch untypische Formen des Granuloma anulare können in der klinischen Abgrenzung Schwierigkeiten bereiten (wenn sie überhaupt abzugrenzen sind).
Kutanes T-Zell-Lymphom: Frühe (prämykoside) Formen des CTCL können mit einer wenig schuppenden, symptomlosen roten, flächigen Plaque ein analoges klinisches Bild abgeben.
Histologisch:Borreliose: Seltene Manifestation einer kutanen Borreliose mit einer interstitiellen granulomatösen Dermatitis. Hier finden sich meist plasmazellige Begleitkomponenten. Klinische Abklärung!
Morphea: Das frühe Stadium der Morphea kann (wenn auch seltener) eine histiozytäre Begleitkomponente aufweisen, die in einem sptäeren Stadium einer Dermatosklerose weicht.
Granuloma anulare: Beim interstitiellen (inkompletten) Granuloma anulare werden zusätzlich "Muzin-Ablagerungen" nachgewiesen.
Erythema elevatum diutinum: Ein eminent chronisches Krankheitsbild, das insbes. im frühen Stadium Zeichen einer Vaskulitis aufweist. Spätere Stadien können die Abgrenzung erschweren.
Granulomatöses kutanes T-Zell-Lymphom (granulomatöse Mycosis fungoides): Es überwiegt eine CD4+ klein-bis mittelgroße T-Zell-Proliferation. Meist sind zahlreiche eosinphile Granulozyten vorhanden. Hier sit der Nachweis eines T-Zell-Klons ein wichtiger Baustein in der Lymphom-Diagose.
Komplikation(en)
Möglich sind u.a. Rheumatoide Arthritis, Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes mellitus, Vitiligo, systemischer Lupus erythematodes.
Therapie
Behandlung der Grunderkrankung. Gute Erfolge konnten in Einzelfällen mit Infliximab erzielt werden.
Hinweis(e)
Die interstitielle granulomatöse Dermatitis ist ein seltenes Krankheitsbild dessen Entität noch umstritten ist. Die histologischen Veränderungen sind unspezifisch. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Reaktionsmuster, das im Rahmen unterschiedlicher Erkrankungen aufttritt, wie z.B. bei systemischen Vaskulitiden, Kollagenosen, bei rheumatoider Arthritis, bei lymphoproliferativen Erkrankungen, subakuter bakterieller Endokarditis und chronisch-aktiver Hepatitis. Diesen Erkrankungen ist das Vorhandensein von zirkulierenden Immunkomplexen gemein.
1951 beschrieben Churg u. Strauss bei 13 Patienten mit Vaskulis analoge Veränderungen als "allergische Granulome" in der Haut ("Churg-Strauss-Granulome").
Fallbericht(e)
59-jährige Patienten die seit mehreren Jahren das Auftreten hautfarbener bis rötlicher, teilweise ulzerierter Papeln an beiden Ellbogen beobachtete. Bei einer Schwester wurde eine chronische Polyarthritis diagnostiziert.
Seit etwa 3 Monaten zusätzliches Auftreten von rötlichen, schmerzlosen Strängen am seitlichen Rumpf sowie im Bereich der hinteren Axillarlinie und der proximalen Oberarme. Diese blassten zwischenzeitlich ab und hinterließen streifenförmige Hyperpigmentierungen. Weiterhin klagte die Patientin seit Jahren über zeitweise auftretende Gelenkschmerzen der Finger-, Fuß- und Kniegelenke.
Klinik: Bis 2,0 cm große, flache, teils hautfarbene teils rötliche, feste, teils ulzerierte und verkrustete, z.T. konfluierte Papeln an den Ellbogen; etwa 30 cm lange und 0,6 cm breite, rötliche, derbe, schmerzlose Plaque in der hinteren Axillarlinie mit Übergreifen auf den proximalen Oberarm. Im Bereich der linken hinteren Axillarlinie trat ein etwas kürzerer und weniger prominenter gleichartiger Strang auf.
Laborbefunde: LDH: 320 U/l (Normbereich:120-240 U/l), CRP: 7,5 mg/dl (Normbereich:< 0,5 mg/dl), Eisen: 10 mmol/l (Normbereich:14-32). Sm-AK: positiv; nRNP-Ak: positiv. Weitere Routinelaborparameter wie Rheumafaktor, ANA, ds-DNS-AK, SSA, SSB, Borrelienserologie zeigten keine pathologischen Befunde.
Literatur
- Dykmann CJ et al. (1965) Linear sucutaneous bands in rheumatoid arthritis. Ann Intern Med 63: 134-140
- Gottlieb GJ et al. (1995) Interstitial granulomatous dermatitis with cutaneous cords and arthritis:linearsubcutaneous bands in rheumatoid arthritis revisited. Dermatopathol Pract Concept 1: 3-69
- Harpster EF et al. (1989) Linear granuloma annulare. J Am Acad Dermatol 29:1138-1141
- Jorizzo JL et al. (1983) Dermatologic conditions reported in patients with rheumatoid arthritis. J Am Acad Dermatol 8: 439-457
- Ratzinger G et al. (2015) Das Vaskulitis-Rad-ein algorithmischer Ansatz für kutane Vaskulitiden. J Dtsch Dermatol Ges 13: 1092-1118
- Rose C et al.(2017) Granulomatous reaction pattern of the skin: Interstitial granulomatous dermatitis - lymphoma - vasculitis. Hautarzt 68:553-559.
- Sanchez JL et al. (1990) Rheumatoid neutrophilic dermatitis. J Am Acad Dermatol 22: 922-925
- Tomasini C et al. (2002) Interstitial granulomatous dermatitis with plaques. J Am Acad Dermatol 46: 892-899