Epidermolysis bullosa simplex mit Muskeldystrophie und Mutation in PLECQ81.0
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Die Erstbeschreibung einer betroffenen finnischen Geschwistergemeinschaft erfolgte 1988 durch Niemi et al. Die Betroffenen wiesen eine Kombination von Epidermolysis bullosa und Muskeldystrophie mit Befall der Gliedergürtelmuskulatur (OMIM: 253600) auf. Im Verlauf der Erkrankung sind Kontrakturen und Muskelverkürzungen, Haltungsbesonderheiten und Deformationen zu erwarten. Zwei männliche Geschwister starben früh an einer schweren Hauterkrankung.
Definition
Seltene, 1988 erstmals beschriebene (Niemi KM et al. 1988), autosomal-rezessive Form der Epidermolysis bullosa simplex mit epidermaler basaler Spaltbildung sowie Mutationen im PLEC-Gen. Klinisch imponiert eine augenfällige traumatische Blasenbildung, die unter Vernarbungen abheilt sowie eine bereits in der frühen Kindheit einsetzende progressive Muskeldystrophie (Fine et al. 1989). Das PLEC-Gen ist auf Genlokus 8q24.3 lokalisiert. Aufgrund von trunkierenden oder Nullmutationen kommt es zu einer verminderten oder fehlenden Expression von Plectin in Haut und läsionaler Muskulatur.
Ätiopathogenese
Autosomal-rezessive Vererbung von Mutationen im PLEC-Gen, das auf dem Genlokus 8q24 kartiert ist. Die Folge sind Störungen im Zytoskelett (Plectin reduziert oder fehlend) der basalen Keratinozyten. Es kommt zur Spaltbildung zwischen Zellkern und den Hemidesmosomen (basale Spaltbildung) sowie zu Blasenbildung nach mechanischer Belastung.
Manifestation
Von Geburt an generalisierte Blasenbildung. Progrediente Muskelschwäche erst in späterem Lebensalter (2. Lebensjahr bis zum 30. Lebensjahr).
Klinisches Bild
Integument: Seröse oder hämorrhagische Blasen unterschiedlicher Größe, die durch mechanische Reize ausgelöst werden und vernarbend abheilen. Schleimhäute sind mit Ausnahme der durch die Nahrungsaufnahme traumatisierten Mundschleimhaut erscheinungsfrei.
Begleiterscheinungen:
Extrakutane Manifestationen: Charakteristisch ist die Entwicklung einer schweren, langsam fortschreitenden Muskeldystrophie unter Einbeziehung des Schultergürtels im Kindes- oder Erwachsenenalter. Häufig bestehen Wachstumsretardierung und Anämie.
Klinisches Bild
Integument: Seröse oder hämorrhagische Blasen unterschiedlicher Größe, die durch mechanische Reize ausgelöst werden und vernarbend abheilen. Schleimhäute sind mit Ausnahme der durch die Nahrungsaufnahme traumatisierten Mundschleimhaut erscheinungsfrei.
Extrakutane Manifestationen: Charakteristisch ist die Entwicklung einer schweren, langsam fortschreitenden Muskeldystrophie unter Einbeziehung des Schultergürtels im Kindes- oder Erwachsenenalter. Häufig bestehen Wachstumsretardierung und Anämie.
Im Einzelnen:
Abanmi et al. (1994) berichteten über Wachstumsretardierung und Anämie in Verbindung mit autosomal rezessiver Epidermolysis bullosa simplex in einer saudischen Familie mit 5 betroffenen Geschwistern.
Gache et al. (1996) berichteten über 2 nicht verwandte Familien. Zwei seiner Brüder wiesen bei der Geburt eine bullöse Hauterkrankung auf, die im frühen Säuglingsalter tödlich verlief.
McLean et al. (1996) beschrieben einen 24-jährigen hispanischen Mann mit MD-EBS und einer Mutation im PLEC-Gen. Er entwickelte im Alter von 10 Tagen Blasen an den Füßen, dem Rücken, den Oberschenkeln sowie im Gesicht. Die Blasen traten immer wieder an Stellen mit mechanischem Trauma auf und heilten mit atrophischer Narbenbildung ab. Außerdem wies er Nageldystrophie und Zahnanomalien auf. Die Entwicklung verlief bis zum Alter von 10 Jahren normal. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Treppensteigen schwierig, er hörte auf zu laufen. Im Alter von 13 Jahren war er dauerhaft an einen Rollstuhl gebunden. Seine Intelligenz war normal. Die Elektronenmikroskopie zeigte schlecht geformte Hemidesmosomen entlang des Blasendachs, wobei ein Teil des Hemidesmosoms an der Basis der Blase haften blieb. Die Tonofilamente hatten keinen Kontakt zu den Hemidesmosomen. Die Elektromyographie zeigte eine seit langem bestehende neuromuskuläre Erkrankung, und die Muskelbiopsie ergab eine Gruppenatrophie der Muskelfasern.
Bolling et al. (2010) berichteten über einen 40-jährigen Mann, der heterozygot für eine Missense-Mutation (R323Q) und eine Nonsense-Mutation (E1614X) im PLEC1-Gen war. Der Patient litt unter lebenslanger traumatischer Hautblasenbildung sowie Nageldystrophie. Im dritten Lebensjahrzehnt trat eine Schwäche des Schultergürtels und der oberen Extremitäten auf. Im Alter von 30 Jahren wurde eine linksventrikuläre dilatative Kardiomyopathie festgestellt, die eine Septumbiopsie bestätigt wurde (Fibrose und atrophische Fasern).
Shimizu et al. (1999) konnten auf ein klinisches Kollektiv von 10 Patienten zurückgreifen und beobachteten folgende klinische Symptome:
generalisierte Blasenbildung bei Geburt (100% der Patienten)
- Nageldystrophien (100% der Patienten)
- deutliche Muskelschwäche bei 8 Patienten (älter als 9 Jahre; 2 Patienten waren jünger als 9 Jahre), die sie in späteren Jahren zur Benutzung eines Rollstuhls zwang (100% der Patienten)
Weitere Symptome waren:
- kariöse Zähne (50% der Patienten)
- Harnröhrenstrikturen (30% der Patienten)
- leichte Palmoplantarkeratosen (20% der Patienten)
- kindliche Atemwegskomplikationen (10% der Patienten)
- Alopezie (10% der Patienten)
- Kehlkopfstenosen (10% der Patienten)
Histologie
Epidermolytische Blasenbildung.
Elektronenmikroskopie: Spaltbildung oberhalb der Hemidesmosomen. Wird häufig als EB junktionalis fehldiagnostiziert.
Antigen-Mapping: Typischerweise ist die Färbung mit Pektinantikörpern reduziert oder negativ.
Direkte Immunfluoreszenz
Immunfluoreszenzmikroskopisch zeigt sich ein Mangel an Plectin-Expression, der mit einer gestörten Interaktion des Keratin-Zytoskeletts mit den Hemidesmosomen in der betroffenen Haut korreliert. Im Einklang mit der fehlenden Reaktivität der MD-EBS-Haut auf Plectin-Antikörper wird Plectin in den Skelettmuskeln der Betroffenen nicht nachgewiesen. Die gestörte Expression von Plectin in den Muskeln korrelierte mit einem veränderten Markierungsmuster des Muskel-Intermediärfilament-Proteins Desmin.
Gache et al. (1996) beobachteten ebenfalls eine mangelhafte Immunreaktivität für Plectin sowie für das hemidesmosomale Protein HD1. Die Kolokalisierung von HD1 und Plectin in normaler Haut und Muskulatur sowie ihre verminderte Expression in MD-EBS-Geweben deuteten stark darauf hin, dass Plectin und HD1 eng verwandte Proteine sind.
Therapie
Literatur
- Abanmi A et al. (1994) Autosomal recessive epidermolysis bullosa simplex: a case report. Brit. J. Derm. 130: 115-117.
- Banwell BL et al. (1999) Myopathy, myasthenic syndrome, and epidermolysis bullosa simplex due to plectin deficiency. J Neuropath Exp Neurol 58: 832-846.
- De Weerdt CJ et al. (1972) Het vorkommen van epidermolys bullosa hereditaria dystrophica en progressieve spierdystrofie in een gezin. Nederl. T. Geneesk 116: 1264-1268.
- Fine JD et al. (2008) The classification of inherited epidermolysis bullosa (EB): report of the Third International Consensus Meeting on diagnosis and classification of EB. J Am Acad Derm 58: 931-950
- Fine JD et al. (1989) Autosomal recessive epidermolysis bullosa simplex: generalized phenotypic features suggestive of junctional or dystrophic epidermolysis bullosa, and association with neuromuscular diseases. Arch. Derm 125: 931-938
- Gache Y et al. (1996) Defective expression of plectin/HD1 in epidermolysis bullosa simplex with muscular dystrophy. J Clin Invest 97: 2289-2298
- McLean WHI et al. (1996) Loss of plectin causes epidermolysis bullosa with muscular dystrophy: cDNA cloning and genomic organization. Genes Dev. 10: 1724-1735.
- Niemi KM et al. (1988) M. Epidermolysis bullosa simplex associated with muscular dystrophy with recessive inheritance. Arch Derm 124: 551-554
- Pulkkinen L et al. (1996) Homozygous deletion mutations in the plectin gene (PLEC1) in patients with epidermolysis bullosa simplex associated with late-onset muscular dystrophy. Hum Molec Genet 5: 1539-1546
- Schmidt E, Zillikens D (2000) Autoimmune and inherited subepidermal blistering diseases: advances in the clinic and the laboratory. Adv Dermatol 16: 113-157
- Schroder R et al. (2002) Disorganization of the desmin cytoskeleton and mitochondrial dysfunction in plectin-related epidermolysis bullosa simplex with muscular dystrophy. J Neuropathol Exp Neurol 61: 520-530
- Shimizu H et al. (1999) Epidermolysis bullosa simplex associated with muscular dystrophy: phenotype-genotype correlations and review of the literature. J Am Acad Derm 41: 950-956.
- Smith FJD et al. (1996) Plectin deficiency results in muscular dystrophy with epidermolysis bullosa. Nature Genet 13: 450–457
- Uitto J et al. (1997) Epidermolysis bullosa: a spectrum of clinical phenotypes explained by molecular heterogeneity. Molec Med Today 3: 457-465.