BotryomykoseL98.0

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Botryomycosis; Botryomykom; Cutaneous Botryomycosis; Kutane Botryomykose

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Erstbeschreiber

Bollinger, 1870; Spitz, 1903; Opie, 1913

Definition

Seltene, chronische, häufig durch Staphylokokken, aber auch durch andere Bakterien ausgelöste, klinisch und histologisch der Aktinomykose ähnelnde, ursprünglich als kutane Mykose fehlinterpretierte (Pseudomykose), chronische, bakterielle Infektionserkrankung, die v.a. die Haut, die angrenzende Organsysteme aber auch als " viszerale Botryomykose" sämtliche andere Organe befallen kann. Eine systemische Botryomykose ist v.a. bei immuninkompetenten Patienten zu erwarten (Sirka CS et al. 2019).   

Einteilung

Kutane u. viszerale Formen der Botryomykose.

Vorkommen/Epidemiologie

Sehr selten. Gehäuft bei immunsupprimierten Patienten: HIV-Infektion, Diabetes mellitus, immunsuppressiver Therapie, zystischer Fibrose, Osteomyelitis, Zahn- oder Kieferinfektionen.

Ätiopathogenese

Bakterielle Infektionen, am häufigsten durch S. aureus (40%) hervorgerufen, seltener durch P. aeruginosa (20%), Bacillus spp., Proteus spp., E. coli, Streptokokkus spp., Neisserien.

Manifestation

Kutan (> 60%); kutan u. viszeral (ca. 20%); viszeral (< 20%).

Klinisches Bild

Haut: Die Haut ist in den allermeisten der bekannt gewordenen Fälle von Botryomkose (rund 60%) als rein kutane Botryomykose befallen. Bei immunsuffizienten Patienten liegt im Allgemeinen nur ein lokalisierter Prozess vor.

Als Eintrittspforte fungiert häufig eine oberflächliche Hautverletzung.

Klinisch zeigen sich, lokalisierte, disseminierte oder auch sporotrichoid verteilte, therapieresistente, chronisch persistierende oder auch chronisch fortschreitende, wenig schmerzhafte, meist ulzerierte, rote Papeln, tiefliegende abszedierende Knoten (die immer wieder inzidiert werden müssen) oder entzündliche Plaques. Insbesondere bei immuninkompetenten Patienten (erworbener oder hereditärer Immundefekt) kann es zu generalisierten, unbehandelt auch tödlich verlaufenden Krankheitsbildern, mit flächenhaften Schwellungen, sowie sporotrichoiden Knoten und Ulzerationen kommen.   

Die Infektion neigt zur fortgeleiteten Invasion der subkutan liegenden Systeme (Faszien, Muskulatur oder Knochen). Bei Nichtbehandlung ist ein ständiger, chronisch abszedierender, entzündlicher, indurierender Prozess die Folge (s.Abb.).

Systemischer Befall: Befall von Lunge, Gehirn, Peritoneum, Prostata, Leber, Nieren.

Histologie

Traubenförmige eosinophile Granula im Bereich der Epidermis. Gelegentlich epidermale Einschlusszysten oder Mikroabszesse.

Diagnose

Klinik, Histologie, Antibiogramm nach Abstrichentnahme aus den Hauteffloreszenzen. Ausschluss von tiefen Mykosen.

Differentialdiagnose

Therapie

Therapie einer zugrunde liegenden Grunderkrankung. Häufig bedarf es einer mehrwöchigen antibiotischen Systemtheapie.

Externe Therapie

Evtl. antiseptische Lösungen wie Polihexanid (Seraderm), verdünnte Kaliumpermanganatlösung (hellrosa), Chinolinol-Lösung (z.B. Chinosol 1:1000), R042 .

Interne Therapie

Antibiose gegen staphylogene Erreger mit Flucloxacillin (z.B. Staphylex Kps.) 3 g/Tag (max. 12 g/Tag) in 3 ED p.o. oder Dicloxacillin (z.B. InfectoStaph) 2-3 g/Tag p.o. in 4 ED.

Erfolge werden auch mit Sulfamethoxazol/Trimethoprim berichtet (z.B. Cotrimoxazol 2mal/Tag 2 Tbl. p.o.).

Sobald möglich Antibiose nach Antibiogramm.

Hinweis(e)

Der Begriff "Botryomykose" leitet sich von den griechischen Worten "botrys" für Trauben und Mykes für Pilze.

Hinweisend auf die Ätiologie der Erkrankung sind die eosinophilen granulierten Drusen (wie bei Aktinomkykose) in den Abszessen, ein Phänomen das nach den Erstbeschreibern als "Splendore-Hoeppli-Phänomen" bezeichnet wird.    

Fallbericht(e)

Bei dem 72 Jahre alten Patienten ist ein schweres atopisches Ekzem seit der Kindheit bekannt, das einer ständigen großflächigen Behandlung mit Glukokortikoidexterna bedurfte. Mehrfach waren stationäre Behandlungen notwendig - wegen eines Ekzema herpeticatum, wegen rezidivierender Pyodermien und auf Grund des immer wieder exazerbierten schweren atopischen Ekzems.

Seti etwa 4 Jahren bildeten sich am linken Oberschenkel wenig symptomatische, kaum schmerzende, rote Papeln und Pusteln, auch tiefliegende abszedierende Knoten, die immer wieder gespalten werden mussten.

Die mehrfach aus Eiter gewonnenen Kulturen ergben stets den Nachweis von Staphylokokkus aureus. Mykologische Untersuchungen verliefen stets negativ. Erst die histologische Untersuchung einer tiefreichenden Exzsionsbiopsie ergab die Diagnose der "Botrymokose" (Nachweis von eosinophilen Granula in einem zentralen Abszessabschnitt). Nach konsequenter 8-wöchiger Therapie mit Flucloxacillin erfolgte eine Abheilung des Prozesses.   

 

Literatur

  1. Ahdoot-D et al. (1995) Botryomycosis in the acquired immunodeficiency syndrome. Cutis 55: 149-152
  2. Askari K et al. (2014)  Cutaneous botryomycosis caused by Staphylococcus aureus in a patient with diabetes. Int J Dermatol 53: 413-415
  3. Bashline B et al. (2014) Disseminated botryomycosis: a rare presentation. J Drugs Dermatol 13:976-978
  4. Bollinger O (1870) Mycosis der Lunge beim Pferde. Virchows Arch 49: 583-586
  5. Bonifaz A et al. (1996) Botryomycosis. Int J Dermatol 35: 381-388
  6. Calegari L (1996) Botryomycosis caused by Pseudomonas vesicularis. Int J Dermatol 35: 817-818
  7. de Vries HJ et al. (2003) Botryomycosis in an HIV-positive subject. J Eur Acad Dermatol Venereol 17: 87-90
  8. Elas D et al. (2014)  Botryomycosis of the vulva: a case report. J Low Genit Tract Dis 18: e80-83
  9. Karthikeyan K et al. (2001) Cutaneous botryomycosis in an agricultural worker. Clin Exp Dermatol 26: 456-457
  10. Mechow N et al. (2014) Cutaneous botryomycosis diagnosed long after an arm injury. J Am Acad Dermatol. 71:e155-156
  11. Misri R et al. (2019) Atypical manifestations of disseminated cutaneous botryomycosis mimicking dermatitis herpetiformis in an immunocompetent adult woman. Indian J Dermatol Venereol Leprol 85:511-513.
  12. Opie EL (1913) Human botryomycosis of the liver. Arch Intern Med 11: 425-439
  13. Singh A et al. (2020) Acute cutaneous botryomycosis of the hands. IDCases. 19:e00709.

  14. Sirka CS et al. (2019) Cutaneous Botryomycosis in Immunocompetent Patients: A Case Series. Indian Dermatol Online J 10:311-315.
  15. Spitz G et al. (1903) Contribution a l'etude des affections connues sous le nom d'actinomycose. Arch Parasitol 7: 428-431
  16. Yencha MW et al. (2001) Cutaneous botryomycosis of the cervicofacial region. Head Neck 23: 594-598

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024