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Autoren:Dr. Nessr Abu Rached , Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. Giannis Chatzimichail, Dr. med. Christian Schuster

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2024

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Synonym(e)

Human monkeypox; Human monkeypox virus infection

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Erstbeschreiber

Seitdem die Affenpocken beim Menschen erstmals 1970 in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) diagnostiziert wurden, hat sie sich auf andere Regionen Afrikas (vor allem West- und Zentralafrika) ausgebreitet.  Seit 2003 hat die einfuhr- und reisebedingte Ausbreitung außerhalb von Afrika gelegentlich zu Ausbrüchen geführt. Interaktionen/Aktivitäten mit infizierten Tieren oder Personen sind Risikoverhaltensweisen, die mit dem Erwerb von Affenpocken in Verbindung gebracht werden. Neuere Untersuchung zeigt eine Eskalation der Affenpockenfälle, insbesondere in der hochendemischen Demokratischen Republik Kongo, eine Ausbreitung auf andere Länder und einen Anstieg des mittleren Alters von Kleinkindern auf junge Erwachsene. Der im Jahr 2022 beobachtete Anstieg der Infektionen in Deutschland betraf laut RKI v.a. Männer, die Sex mit Männern haben (Mitteilung des RKI 2022). 

Definition

Zoonose, die früher sporadisch in ländlichen Gegenden des tropischen Regenwaldes (Kamerun, Liberia, Nigeria, Sierra Leone, Gabun, Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Zentralafrikanische Republik) auftrat und durch ein Orthopoxvirus verursacht wird, die  beim Menschen zu einer pockenähnlichen Erkrankung führt. 

Erreger

Orthopoxvirus, das eine vom Variolavirus unabhängige Evolution durchlaufen hat. 

Vorkommen/Epidemiologie

Inkubationszeit: 5-21Tage, meist 10-14 Tage.

Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt oder durch Aerosol. 28% Mensch-zu-Mensch-Übertragung (die Infektkette reißt schnell ab), ansonsten durch Kontakt mit kranken Tieren. Jährlich ca. 65 gemeldete Infektionen. 30% der Infektionen verlaufen subklinisch. Letaler Ausgang möglich. Vermutlich Schutz durch Pockenimpfung. Im Jahre 2022 wurde ein vermehrtes Auftreten der Infektion bei Männer mit homosexuellen Kontakten beobachtet.   

Bis zum 25.8.2022 verteilte sich der prozentuale Anteil der gemeldeten Affenpocken-Fälle folgendermaßen:

  • 52 Prozent (24.172 Fälle in 29 Ländern und Gebieten) in der WHO-Region Nord- und Südamerika gemeldet
  • 46 Prozent (21.246 Fälle in 43 Ländern) in der Europäischen Region der WHO
  • < 1 Prozent (445 Fälle in 9 Ländern) in der Afrikanischen Region der WHO
  • < 1 Prozent (135 Fälle in 8 Ländern) in der Westpazifischen Region der WHO
  • < 1 Prozent (36 Fälle in 7 Ländern) in der Östlichen Mittelmeerregion der WHO
  • < 1 Prozent (14 Fälle in 3 Ländern) in der Südostasiatischen Region der WHO

Manifestation

Von den bestätigten Fällen mit bekannten Informationen (n=22.154) sind 98,2% (21.757) männlich.

Das Durchschnittsalter liegt bei 36 Jahren.

Bezüglich der sexuellen Orientierung gaben von den 10.785 Fällen mit verfügbaren Informationen 96 Prozent der Männer an, gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte zu haben (MSM). Von den 10.963 Fällen, zu denen Informationen über eine HIV-Infektion vorlagen, waren 44 Prozent HIV-positiv.

 

Klinisches Bild

Das Krankheitsbild ähnelt der Variola-Infektion. Inkubationszeit beträgt etwa 12 Tage. Das klinische Bild beginnt mit Fieber, einem fleckigen Exanthem, starken Kopf- und Rückenbeschwerden und schwerem Krankheitsgefühl. Fast gleichzeitig kommt es zum Ausbruch eines typischen Pockenexanthems. Aus Papeln werden Pusteln mit typischer zentraler Eindellung. Ein hoher Prozentsatz der Patienten entwickelt auch Schleimhautbefall. Die Krankheit dauert 2-4 Wochen. Die Effloreszenzen heilen unter Narbenbildung ab. Nach dem vollständigen Austrocknen der Effloreszenzen sind die Läsionen nicht mehr ansteckend.

Diagnostik

Affenpocken können durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) (läsionaler Abstrich) bzw. Immunhistochemiebestätigt werden. Pustelinhalt mit elektronenmikroskopischem Nachweis der 300x200nm großen Affenpockenviren. Eine Hautbiopsie des vesikulopustulösen Ausschlags oder aus dem Dach einer intakten Vesikulopustel kann dafür analysiert werden.

Ein Tzanck-Abstrich kann behilflich sein, Affenpocken von anderen nicht-viralen Erkrankungen zu unterscheiden, jedoch nicht von Pocken oder Herpesinfektionen.

 

Labor

Großes Blutbild, CRP, ESR, Leber- und Nierenfunktion. Von Bedeutung wäre Untersuchung von Lues, HIV bzw.  anderen STDs, insbesondere bei MSM Patienten.

Komplikation(en)

Vernarbungsrisiko. Sekundäre bakterielle Infektionen können auftreten. 

Die Sterblichkeit in Afrika liegt zwischen 1 % und 10,6 % bei Personen mit hohem Risiko (z.B. immungeschwächt, unterernährt).

Therapie allgemein

Quarantäne (gilt für die Bundesrepubnlik Deutschland): nach RKI Isolation für 3 Wochen erforderlich, da Infizierte während der gesamten Krankheitsdauer infektiös sind.

Bei immunkompetenten Patienten ist die Krankheit meistens nach 2-4 Wochen selbstlimitierend. Symptomatische und unterstützende Maßnahmen (z.B. Analgesie, topisch antiseptische Therapie- Vorbeugung einer bakt. Superinfektion). Desinfektion von Oberflächen und Gegenständen, entsprechendes Waschen für Textilien.
Untersuchung von Partnern. Nach Risikoexposition sind Impfungen verfügbar.
Besonderes Augenmerk auf HIV-Infektion, auf immunsupprimierte und unterernährte Patienten. Derzeit gibt es keine spezifische Behandlung, die für Affenpockenvirusinfektionen zugelassen ist. Virostatika, die für den Einsatz bei Patienten mit Pocken entwickelt wurden, können sich jedoch als vorteilhaft erweisen. Die folgenden medizinischen Gegenmaßnahmen stehen derzeit zur Verfügung. 

  • Tecovirimat (auch bekannt als TPOXX®) ist ein antivirales Medikament, das von der United States Food and Drug Administration (FDA) zugelassen ist.
  • Cidofovir (auch bekannt als Vistide®) ist ein antivirales Medikament, das von der FDA zugelassen ist.
  • Brincidofovir (auch bekannt als Tembexa) ist ein antivirales Medikament, das am 4. Juni 2021 von der FDA für die Behandlung der menschlichen Pockenerkrankung bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten, einschließlich Neugeborenen, zugelassen wurde. Brincidofovir wurde im Vergleich zu Cidofovir um ein Lipid verlängert, das innerhalb der Zelle abgespalten wird und zum aktiven Wirkstoff Cidofovir-Diphosphat verstoffwechselt wird. Zum Einsatz bei Affenpocken gibt es keine Erkenntnisse. Daten aus In-vitro-Studien lassen zwar auf eine Wirksamkeit bei Affenpocken schließen, tierexperimentelle oder humane Daten fehlen aber bislang. Ursprünglich war Brincidofovir zur Behandlung und Prophylaxe von Zytomegalievirus-Infektionen bei Patienten nach Stammzelltransplantation entwickelt worden. Ferner kam das Breitspektrum-Virostatikum während der Ebola-Epidemie in Westafrika zwischen 2014 und 2016 zum Einsatz.

Verlauf/Prognose

Die Gesamtsterblichkeitsrate lag bei 8,7 %, wobei ein signifikanter Unterschied zwischen den regionalen Kollektiven bestand:

  • Zentralafrika 10,6 % (95 % CI: 8,4 % - 13,3 %) gegenüber
  • Westafrika 3,6 % (95 % CI: 1,7 % - 6,8 %).

Prophylaxe

Zur Prophlaxe von Affenpocken steht (ab 18 Jahren) der Lebendimpfstoff (Imvanex®, 3. Generation) zur Verfügung. Imvanex® ist seit 2013 von der EMA zur Prophylaxe von Pocken zugelassen, 2022 ist die Indikation nach erhöhten Auftreten von Affenpocken in Europa erweitert worden. Ein vollständiger Impfschutz liegt nach zweimaliger Gabe (Abstand von mindestens 28 Tagen) vor.

Postexpostionsprophylaxe: Nach einem Hochrisikokontakt mit engen körperlichen Kontakt soll eine Impfung mit Imvanex® angeboten werden. Insbesondere soll dies bei Patienten mit schweren Verlauf (z.B. HIV-infizierte Patienten/innen) angeboten werden.

Hinweis(e)

Für den Affenpockenvirus besteht sowohl eine ärztliche Meldepflicht als auch eine Labor-Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Literatur

  1. Bunge EM et al. (2022) The changing epidemiology of human monkeypox-A potential threat? A systematic review. PLoS Negl Trop Dis 16:e0010141.
  2. Mukinda VB et al. (1997) Re-emergence of human monkeypox in Zaire in 1996. Monkeypox Epidemiologic Working Group. Lancet 349: 1449-50
  3. Mukinda VB et al. (1997) Re-emerge of human monkeypox in Zaire in 1996. Hautarzt 48:598
  4. Meyer H et al. (2002) Outbreaks of disease suspected of being due to human monkeypox virus infection in the democratic republic of congo in 2001. J Clin Microbiol 40: 2919-2921

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2024