GewürzallergieT78.1
Synonym(e)
Definition
Gewürzallergien werden in den letzten Jahren zunehmend häufiger beobachtet. Bei oraler Aufnahme stehen oropharyngeale aber auch enterale (Blähungen, Durchfall) Symptome im Vordergrund. Monovalente Sensibilisierungen sind möglich. Kreuzreaktionen scheinen nicht selten zu sein (Jäger L 2001). Ein Beispiel für eine breitere Kreuzreaktivität ist das „Sellerie-Beifuss-Gewürz-Syndrom“ oder auch das „Sellerie-Gewürz-Birken-Syndrom“ (Yagami A et al. 2009). Bei Patienten mit mindestens 1 positivem Pricktest auf Gewürze fanden sich in 80% auch eine Sensibilisierung durch Birkenpollen, in 30% auf Beifußpollen. Nur bei etwa 10% der Patienten war weder eine Birken- noch eine Beifussallergie nachweisbar. Beifusspollen und Birkenpollen scheinen eine gewisse Rolle als Leitallergene einzunehmen (Thiel 1981). Bei berufsbedingter Exposition (Gewürzherstellung, Handel) kann es zu Kontaktdermatitiden kommen; aber auch zur Rhinitis und zum Asthma bronchiale (van der Walt A et al. 2010).
Einteilung
Definitionsgemäß gelten als „Gewürz“ nur Pflanzenteile. Hierzu gehören:
- Blätter (getrocknete Kräuter, Lorbeerblätter u.a.)
- Knospen, Blüten oder Blütenteile (Safran, Gewürznelken, Kapern)
- Rinden (Zimt)
- Pflanzenwurzeln, Rhizome, Zwiebeln (Ingwer, Kurkuma, Meerrettich, Küchenzwiebel, Knoblauch)
- Früchte oder Samen (Muskatnuss, Pfeffer, Paprika, Vanille, Kümmel, Anis)
- Bei einigen Pflanzen, wie Kümmel, Zimt und Muskatnuss können mehrere Bestandteile der Pflanze verwendet werden.
Somit ist der Begriff Gewürz wie der Begriff „Obst“ ein Sammelbegriff für diese Pflanzenteile. Neben ihrem geschmacklichen Nutzen werden Gewürze traditionell auch zur Haltbarmachung von Lebensmitteln und Getränken verwendet. Gewürze enthalten ätherische Öle sowie Irritanzien deren Düfte u.a. Schädlinge vertreiben. Die wichtigsten Vertreter der Gewürzgruppe gehören zu folgenden Familien (Jäger L et al. 2001):
- Piperaceae (Pfeffer)
- Labitae (Majoran, Oreganon, Rosmarin, Salbei, Basilikum, Pfefferminze, Zitronenmelisse, Thymian)
- Umbelliferae (Koriander, Anis, Fenchel, Petersilie, Dill)
- Compositae (Beifuss, Estragon)
- Solanaceae (Paprika, Pfeffer)
- Zingiberaceae (Ingwer, Kardamon)
- Myristicaceae (Muskat)
- Lauraceae (Zimt, Lorbeer)
- Cruciferae (Weißer Senf, Schwarzer Senf)
- Liliaceae (Küchenzwiebeln; Knoblauch)
- Iridaceae (Safran)
Klinisches Bild
Die Symptome bei einer Allergie gegen Gewürze entsprechen zumeist denen einer Lebensmittelallergie, aber auch Symptome einer Kontakt- oder Pollen-Allergie.
Folgende klinische Symptome können bei Gewürzallergikern in Erscheinung treten:
- Urtikaria, Angioödeme und Rhinokonjunktivitis
- Orales Allergie-Syndrom (Juckreiz, Schwellung in Mund, auf der Zunge oder an den Lippen)
- Urtikarielle Exantheme, Urtikaria, Pruritus, kontaktallergische Ekzeme
- Allergische Rhinitis, allergischer Schnupfen, Niesen, jucken der Nase
- Gastroenterale Symptome wie Durchfall, Blähungen und Völlegefühl
- Kreislaufprobleme, starkes Schwitzen, Kopfschmerzen
- In schweren Fällen kann es zu anaphylaktischen Reaktionen bis hin zum allergischen Schock kommen.
Hinweis(e)
Das Wort Gewürz hat seinen Ursprung im mittelhochdeutschen „wurz“ und bedeutete in seinen Ursprungsformen einfach „Wurzel“. Gewürze (z.B. Curry, Paprika, Koriander, Kümmel) verursachen bei Prick- und Scratchtestungen häufig irritative Lokalreaktionen. Diese sollten sehr zurückhaltend interpretiert werden (Dietschi R et al. 1987).
Literatur
Asero R et al. (2018) Allergy to LTP: to eat or not to eat sensitizing foods? A follow-up study. Eur Ann Allergy Clin Immunol 50:156-162.
Dietschi R et al. (1987) So-called "celery-carrot-mugwort-spice syndrome." RAST results with new spice discs. Z Hautkr 62:524-531.
Franke W (1997) Nutzpflanzenkunde: nutzbare Gewächse der gemäßigten Breiten, Subtropen und Tropen. 6. Auflage, Thieme, Stuttgart
Jäger L et al. (2001) Nahrungsmittelallergene. In Jäger L et al (Hrsg) Nahrungsmittelallergien und – intoleranzen. Urban&Fischer Verlag S.148-149
Pastorello EA et al. (1994) Allergenic cross-reactivity among peach, apricot, plum, and cherry in patients with oral allergy syndrome: an in vivo and in vitro study. J Allergy Clin Immunol 94:699-707.
Sánchez-Monge R et al. (1999) Lipid-transfer proteins are relevant allergens in fruit allergy. J Allergy Clin Immunol 103:514-519.
van der Walt A et al. (2010) Work-related allergy and asthma in spice mill workers - The impact of processing dried spices on IgE reactivity patterns. Int Arch Allergy Immunol 152:271-278.
Yagami A et al. (2009) Curry spice allergy associated with pollen-food allergy syndrome and latex fruit-syndrome. J Dermatol 36:45-49.