Kamille echte
Synonym(e)
Definition
Niedrigwachsendes, immergrünes Korbblütengewächs das in Europa und den angrenzenden Zonen in mittleren Höhenlagen bis 1000m weit verbreitet ist. Inzwischen auch in USA und Australien kultiviert. Die echte Kamille (Matricaria recutita) stellt eine der am häufigsten verwendeten Arzneipflanzen dar.
Matricaria recutita ist Stammpflanze der offizinellen Matricariae flos der Kamillenblüte, Ph.Eur.8.
Oleum chamomillae: Aus Matricariae flos wird durch Wasserdampfdestillation das offizinelle Kamillenöl (Oleum chamomillae) gewonnen (auch Matricariae aetheroleum genannt).
HMPC-Monographie: Kamillenblüten und Kamillenöl: Traditional-use: Symptomatische Behandlung von leichten, krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden, Flatulenz
ESCOP-Monographie: Kamillenblüten intern: Magen-Darm-Beschwerden, leichte Krämpfe, Flatulenz, Aufstoßen; extern: leichte Entzündungen, Reizungen der Haut und Schleimhaut, Mundhöhle und Zahnfleisch (als Mundspülungen), Atemwege (als Inhalation), Anal- und Genitalbereich (als Bäder, Salben).
Kommission E-Monographie: Kamillenblüten extern: Haut- und Schleimhautentzündungen, bakterielle Hauterkrankungen und Schleimhauterkrankungen: Mundhöhle, Zahnfleisch; entzündliche Erkrankungen und Reizzustände der Luftwege (Inhalationen), Erkrankungen im Anal- und Genitalbereich (Bäder, Spülungen); intern: Gastro-intestinale Spasmen. entzündliche Erkrankungen des Gastro-Intestinal-Trakts.
Erfahrungsheilkunde: akute, nässende Dermatosen, oberflächliche Wunden, Dekubitus, Ulcus cruris, Spülung infizierter Wunden, Sonnenbrand, Verbrennungen 2. Grades, adjuvant bei Infektionen der Mundhöhle und genital (Candida), Mamillenpflege in Schwangerschaft und Stillzeit, Sebostase
Anwendungsgebiet/Verwendung
Aufgüsse für Wund- u. Mundspülungen sowie Verwendung in Leber-Galle-Präparaten. Die wohl am weitesten verbreitete Anwendung erfolgt in Kosmetika und Toilettenartikeln, z.B. Salben, Cremes, Lotionen, vor allem Haarwasch- und -pflegemitteln. Gelegentlich auch wegen der Bitterstoffe als Aroma in Kräuterlikören verwendet.
HMPC: leichte, krampfartige Magen-Darm-Beschwerden einschließlich Blähungen bei Jugendlichen, Erwachsenen auch älteren Menschen.
Dosierung
Kräutertee: 3 x täglich 1-4 g der Kräutersubstanz oder zerkleinerten Kräutersubstanz in 100-150 ml kochendem Wasser als Kräutertee zwischen den Mahlzeiten.
Flüssigextrakt: 1-4 ml 3-mal täglich. Die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird nicht empfohlen
Die Sicherheit während der Schwangerschaft und Stillzeit wurde nicht nachgewiesen. In Ermangelung ausreichender Daten wird die Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen. Keine Daten zur Fertilität verfügbar.
Kontraindikation
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff und andere Pflanzen der Familie der Korbblütler (Compositae)
Rezeptur(en)
Wässrige Kamillen-Blütenzubereitungen (z.B. Kamillentee): Zubereitung: 3 g Kamillenblüten werden mit heißem Wasser (ca. 150ml) übergossen und nach 5-10 min. durch ein Teesieb abgesiebt (Alternative: Fertigteebeutel). Bei Mund-Rachenentzündungen mehrfach täglich spülen bzw. gurgeln.
Umschläge: Der zubereitete Tee kann 10% für feuchte Umschläge genutzt werden.
Alkoholische Blütenextrakte (enthalten höhere Anteile des ätherischen Öls) werden in unterschiedlichen Konzentrationen in Kamillenöl, Salben, Cremes und Badezusätze angewendet.
Handelsnamen
Anisan® Hämorrhoidal-Salbe S, Arnica Kneipp® Salbe, Arnikamill® Wund- und Heilsalbe, Azulon® Kamillen-Puder, Befelka®-Oel, Casrasanol®, Chamo® Bürger Salbe, Chamo® Bürger Puder, Dr. Klinger´s Magentee, Dr. Klinger´s Gallentee, Eukamillat®, Fugacid® Gallentee, Gerner Cholagogum N, Gerner Nervivum N, Helago-oel®, Hevert Majocarmin-Tee, Hewekzem novo Salbe, Hocura®-Spondylose Salbe, Kamillen-Bad N "Ritsert", Kamillen-Bad-Robugen, Kamillencreme-ratiopharm® N, Kamillenextrakt Steierl®, Kamille-Spritzner®, Kamillosan®, Kamillosan® Creme, Kamillosan® Mundspray N, Kamillosan® Salbe, Kamistad® Gel, Kneipp® Gastropressan, Magen-Darm-Tee, Magen-Tee Stada®, Matmille® Salbe, Matmille® Bad, Sagitta Kamillbad, Transpulmin® Kinderbalsam N, Trauma-cyl-Salbe, Varicylum® S Salbe, Vier-Winde-Tee, Wund-Heilsalbe S
Hinweis(e)
Die Sensibilisierungspotenz der echten Kamille ist sehr gering. Hauptursache für Kontaktallergien ist das Sesquiterpenlacton Anthecotulid, das in der Echten Kamille nur in geringen Spuren, in der „stinkenden Hundskamille“ in hoher Konzentration vorhanden ist. Daneben besteht jedoch ein Risiko an Typ I – Sensibilisierungen durch Kamillenpollen. Ko-Sensibilisierungen zwischen Kamillenpollen mit Beifuß- und Birkenpollen sind dagegen nicht selten. Ursächlich scheint Bet v1 der Birkenpollen zu sein.
Literatur
- Aberer W (2008) Kontaktallergie und Arzneipflanzen. JDDG 6:15-24
- Hausen BM, Vieluf K (1997) Allergiepflanzen, Pflanzenallergene. Ecomed Verlag Landsberg/München S. 90–91
- Paulsen E (2002) Contact sensitization from Compositae-containing herbal remedies and cosmetics. Contact Dermatitis 47: 189-198
- https://www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-monograph/final-community-herbal-monograph-chamaemelum-nobile-l-all-flos_en.pdf
- https://arzneipflanzenlexikon.info/kamille.php
- Wenigmann M. (2017) Phytotherapie Arzneidrogen, Phytopharmaka, Anwendung. Urban & Fischer, S. 137-138
- https://pflanzen.fnr.de/industriepflanzen/arzneipflanzen/pflanzen-datenbank