TRPM4
Synonym(e)
Definition
TRPM4 ist das Akronym für „Transienter Rezeptorpotenzial-Kationenkanal, Unterfamilie M, Mitglied 4“, ein Ca(2+)-aktivierter nicht-selektiver Ionenkanal. Das für diesen Ionenkanal kodierende gleichnamige Gen ist auf Chromosom 19q13.33 lokalisiert. 2 Genprodukte sind bekannt: TRPM4a und das kürzere TRPM4b (Launay et al. 2002). Der Ionenkanal wird durch einen Anstieg von intrazellulärem Ca(2+) aktiviert und wird durch verschiedene Faktoren wie z.B. Temperatur reguliert.TRPM4 lässt bei Aktivierung Na (+) in die Zelle eindringen, ist aber für Ca (2+) völlig undurchlässig. Im Gegensatz zu TRPM5, seinem nächsten Verwandten in der Familie der Transientrezeptor-Potentiale, werden die TRPM4-Proteine im Körper weit verbreitet exprimiert (Mathar I et al. 2014)
Allgemeine Information
TRP-Kanäle sind phylogenetisch gesehen frühzeitig angelegte Signalwege (sie können bereits in Hefezellen nachgewiesen werden). Der erste TRP-Kanal wurde 1989 im Zusammenhang mit der visuellen Wahrnehmung bei Drosophila melanogaster identifiziert. In einer Mutante von Drosophila (trp343) war nachweisbar, dass deren Photorezeptoren auf Lichtreize nur mit einem transienten, d.h. schnell inaktivierenden Membranstrom reagierten. Im nicht-mutierten Wildtyp hingegen persistierte der Stromfluss, solange Licht auf den Photorezeptor traf. Das mutierte Protein –TRP- wurde 1989 kloniert. Somit bezieht sich der Name „transient receptor potential“ – TRP- auf die Beschreibung eines Phänotyps einer Mutante der Fruchtfliege Drosophila melanogaster. TRP-Kanäle üben sowohl bei Vertebraten als auch bei Nicht-Vertebraten wichtige Funktionen in primären Signalwegen für den regulierten Einstrom von Ca2+ in eine Zelle aus. TRP-Kanäle spielen beim Menschen eine wichtige Rolle bei der Empfindung verschiedener Arten von Geschmack (süß, bitter, umami) sowie bei der Wahrnehmung von Schmerz, Wärme, Hitze oder Kälte, von Druck und Lichtes wird angenommen, dass sich einige TRP-Kanäle im Körper wie mikroskopische Thermosensoren verhalten. Bisher wurden bei Säugetieren 28 TRP-Kanal-Gene identifiziert (Nilius B et al. 2011).
TRPMs sind (bis auf TRPM4 und TRMP5) Ca(2+)-permeable Kationenkanäle, die vorwiegend an der Plasmamembran lokalisiert sind. Die strukturelle Maschinerie der TRPM-Kanäle umfasst intrazelluläre N- und C-Termini, 6 Transmembransegmente und eine Porenregion zwischen den Segmenten 5 und 6. Die N-terminale Domäne hat eine konservierte Region, und die C-terminale Domäne enthält ein TRP-Motiv, eine Coiled-coil-Region und, in einigen TRPM-Kanälen, eine enzymatische Domäne. TRPM3 wird, im Gegensatz zu anderen TRPM-Kanälen, durch Sphingosin aktiviert (Farooqi et al. 2011). Ihre Aktivierung löst eine Signaltransduktionskaskade von Mitogen-aktivierten Kinasen und Stimulus-Response-Transkriptionsfaktoren aus.
Pathophysiologie
TRPM4 ist ein Mediator der druckinduzierten Membrandepolarisation und der arteriellen Verengung (Rezension von Farooqi et al. 2011). Die höchsten TRPM4-Expression wurden in Herz (hier bevorzugt in den Purkinje-Fasern), Prostata und Colon festgestellt. Beim Fötus fanden sich die höchsten TRPM4-Expression in der Niere.
Auch die Haut exprimiert reichlich TRP-Kanäle verschiedener Subtypen, die eine wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der Hautfunktionalität spielen (Wang H et al. 2019). Wang et al. (2019) wiesen TRPM4-mRNA in der Epidermis aus normaler dorsaler Fußhaut und in der humanen epidermalen Keratinozyten-Zelllinie HaCaT nach.
Klinisches Bild
Mutationen im TRPM4-Gen, das für einen gleichnamigen Ca2+-aktivierten monovalenten Kationenkanal kodiert werden bei 2 Krankheitsbildern nachgewiesen:
- der autosomal dominanten progressiven symmetrischen Erythrokeratodermie (Wang et al. 2019)
und
- dem autosomal rezessiven Brugada Typ 1 Syndrom (Janin A et al. 2019).
Stallmeyer et al. (2012) analysierten das TRPM4-Gen bei 160 nicht verwandten Patienten mit verschiedenen Typen von vererbten Herzrhythmusstörungen und identifizierten 8 Missense-Mutationen bei 8 Patienten.
Bei drei getrennten Familien mit progressiver symmetrischer Erythrokeratodermie identifizierten Wang et al. (2019) 2 Missense-Mutationen (c.3099C>G und c.3119T>C), die beide in der S6-Transmembrandomäne des TRPM4-Proteins lokalisiert sind. Elektrophysiologische Studien an den Mutanten zeigten eine beträchtliche Hyperaktivität, die durch eine ausgeprägte Ausgangsaktivität, eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber intrazellulärem Ca2+ und ein erhöhtes Ruhemembranpotential belegt ist. In vitro zeigte sich eine verstärkte Proliferation in Keratinozyten. Es kann vermutet werden, dass TRPM4 ein wichtiger Akteur in der Pathogenese von TRP-Kanalopathien der Haut. TRPM4 könnte ein potenzielles Ziel für die Behandlung hyperkeratotischer Hautkrankheiten darstellen.
Es wird vermutet, dass TRPM4 bei bestimmten Tumorvarietäten wie dem Prostatakrebs und dem großzelligen B-Zell-Lymphom eine ätiopathogenetische Rolle spielt. Beim Colonkarzinom war eine hohe TRPM4-Proteinexpression mit ungünstigen Tumormerkmalen assoziiert (Kappel S et al. 2019).
Die Expression von TRPM4 könnte bestimmte Verhaltensweisen von Tumorzellen, wie Migration und Invasion beeinflussen. Die Mechanismen sind jedoch bis heute noch unbekannt (Gao Y et al. 2019).
Hinweis(e)
9-phenanthrol ist ein TRPM4-Hemmer. Die Effekte von weiteren selektiven „small molecule inhibitors“ wird abzuwarten sein.
Literatur
- Farooqi A et al. (2011) TRPM channels: same ballpark, different players, and different rules in immunogenetics. Immunogenetics 63: 773-787
- Gao Y et al. (2019) TRPM4 channel and cancer. Cancer Lett 454:66-69.
- Janin A et al. (2019) TRPM4 mutations to cause autosomal recessive and not autosomal dominant Brugada type 1 syndrome. Europ J Med Genet 62: 10352
- Kappel S et al. (2019) TRPM4 is highly expressed in human colorectal tumor buds and contributes to proliferation, cell cycle, and invasion of colorectal cancer cells. Mol Oncol 13:2393-2405.
- Kruse M et al. (2009) Impaired endocytosis of the ion channel TRPM4 is associated with human progressive familial heart block type I. J. Clin Invest 119: 2737-2744
- Launay P et al. (2002) TRPM4 is a Ca(2+)-activated nonselective cation channel mediating cell membrane depolarization. Cell 109: 397-407-2002.
- Launay P et al. (2004) TRPM4 regulates calcium oscillations after T cell activation. Science 306: 1374-1377
- Mathar I et al. (2014) Handb Exp Pharmacol 222:461-487.
- Nilius B et al. (2011) The transient receptor potential family of ion channels. Genome Biol 12:218.
- Stallmeyer B et al. (2012) Mutational spectrum in the Ca(2+)-activated cation channel gene TRPM4 in patients with cardiac conductance disturbances. Hum Mutat 33: 109-117
- Vennekens R et al. (2007) Increased IgE-dependent mast cell activation and anaphylactic responses in mice lacking the calcium-activated nonselective cation channel TRPM4. Nature Immun 8: 312-320
- Wang H et al. (2019) Gain-of-function mutations in TRPM4 activation gate cause progressive symmetric erythrokeratodermia. J Invest Derm 139: 1089-1097