T-Zell-Leukämie mit großen granulären LymphozytenC91.7
Synonym(e)
Definition
Mit der Bezeichnung „T-Zell-Leukämie mit großen granulären Lymphozyten“ LGL, wird ein Spektrum seltener lymphoproliferativer Erkrankungen von T-Lymphozyten und natürlichen Killerzellen zusammengefasst.
Kennzeichnend für die T-Zell-Leukämien mit großen granulären Lymphozyten (LGL) ist eine Neutropenie und/oder Anämie mit dem Nachweis vergrößerter Lymphozyten, die durch auffällige Granula gekennzeichnet sind. Die T-Zell-Leukämien mit großen granulären Lymphozyten gehen häufig mit Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis einher (das Felty-Syndrom ist eine wichtige Differenzialdiagnose - Steinway SN et al. 2014).
Einteilung
Unterschieden werden zwei Typen von LGL-Leukämien:
- die etwas häufigere T-Zell -LGL-Leukämie
- und
- die seltenere NK-Zell-LGL-Leukämie.
Beide Typen können chronisch (langsam wachsend) oder aggressiv (schnell wachsend) sein.
Vorkommen/Epidemiologie
Die Häufigkeit der T-Zell-LGL- und NK-Zell-LGL-Leukämie liegt zwischen 2 und 5% aller chronischen lymphoproliferativen Erkrankungen. Die Jahres-Inzidenz wird mit 1:250.000/Jahr angegeben.
Die LGL-Leukämie betrifft sowohl Männer als auch Frauen.
Ätiopathogenese
Es wird angenommen, dass die LGL-Leukämien durch eine chronische Antigenstimulation entsteht, die das langfristige Überleben der Zellen durch die Aktivierung von Überlebenssignalwegen und die Unterdrückung von pro-apoptotischen Signalen fördert. Dazu gehören Jak-Stat-, Map-Kinasen-, Pi3k/Akt-, Sphingolipid- und IL-15/Pdgf-Signalwege (Steinway SN et al. 2014).
Manifestation
Das Durchschnittsalter bei der Diagnose liegt bei 60 Jahren. Weniger als 25% der Patienten ist jünger als 50 Jahre.
Klinisches Bild
2/3 der Patienten, bei denen eine chronische T-Zell- und NK-Zell-LGL-Leukämie diagnostiziert wird, weist zum Zeitpunkt der Diagnose Symptome auf. Es sind dies:
Neutropenie, Anämie, und/oder Thrombozytopenie sowie eine moderate Lymphozytose.
Weiterhin können folgende Symptome auftreten:
- Rezidivierende Infektionen
- Fieber
- Nächtliche Schweißausbrüche
- Unbeabsichtigte Gewichtsabnahme
- Splenomegalie (bei 25 bis 50% der Pat.)
- Hepatomegalie (selten)
- Lymphadenopathie (selten)
- Periphere Neuropathie (Saini NY et al. 2018)
Komplikative Begleiterkrankungen:
- Autoimmunerkrankungen (wie rheumatoide Arthritis) werden in etwa 20 % der Fälle vor dem Ausbruch der LGL-Leukämie diagnostiziert.
Diagnostik
Blutbild
Knochenmarkspunktion
Durchflusszytometrie (Differenzierung der Lymphozyten - T-Zellen?/ NK-Zellen?)
Diagnose
Die Diagnose basiert auf dem Nachweis der NK-Zell-LGL-Lymphozytose, einem charakteristischen Immun-Phänotyp und der Bestätigung der Klonalität durch Analyse der Rearrangements im TCRbeta- und TCRgamma-Gen
Differentialdiagnose
Differentialdiagnostisch müssen Krankheiten mit Proliferation CD56-positiver Zellen und Krankheiten mit reaktiver LGL-Proliferation (solide Tumoren, Bindegewebserkrankungen, Hämophagozytose-Syndrome, Idiopathische thrombozytopenische Purpura, Non-Hodgkin-Lymphom (s. dort) und virale Infektionen) ausgeschlossen werden.
Eine wichtige und schweirige Differenzialdiagnose ist chronische lymphoproliferative Störung von NK-Zellen (CLPD-NK).
Wenn die T-Zell-LGL-Leukämie mit rheumatoider Arthritis vergesellschaftet ist, kann eine Unterscheidung vom Felty-Syndrom (rheumatoide Arthritis, Neutropenie und Splenomegalie, s. dort) schwierig sein.
Therapie
Patienten mit chronischer T-Zell- und NK-Zell-LGL-Leukämie benötigen eine ähnliche Behandlung. Bei einigen Patienten kann eine abwartende Haltung in Betracht gezogen werden.
Indikation zur Behandlung sind eine mäßige bis schweren Neutropenie, symptomatische oder transfusionsabhängige Anämie, assoziierte Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis.
Erstlinientherapien: Die Behandlung umfasst traditionell eine Immunsuppression mit niedrig dosiertem Methotrexat, Cyclophosphamid und anderen Immunsuppressiva (Cyclosporin).
Wenn ein Patient auf die Therapie anspricht und die Krankheit unter Kontrolle ist, kann er Methotrexat und/oder Cyclosporin unbegrenzt weiter einnehmen. Eine Cyclophosphamid-Therapie, die über 4 bis 12 Monate verabreicht wird, ist wegen der Toxizität keine Dauerbehandlung. Wenn ein Patient diese Ziele nicht erreicht, sollte eine andere Behandlung begonnen werden. Zu den anderen Behandlungen gehören die folgenden Purinanaloga:
Fludarabin mit Mitoxantron und Dexamethason
Splenektomie: nur begrenzte Erfolge.
Rezidiv der Erkrankung: Fortsetzung der ursprünglichen Behandlung; gfls. Wechsle des Immunsuppressivums.
Patienten, deren Krankheit refraktär ist können mit Purin-Analoga z.B. Alemtuzumab (Campath®)
Verlauf/Prognose
Die LGL-Leukämie ist in der Regel chronisch und indolent, in seltenen Fällen kann sie jedoch auch einen aggressiven Verlauf nehmen (Steinway SN et al. 2014).
Hinweis(e)
Die T-Zell-LGL-Leukämie (T-LGL) ist die häufigste LGL-Erkrankung in der westlichen Welt. Trotz ihres indolenten Verlaufs ist die Erkrankung häufig mit einer deutlichen Neutropenie verbunden, deren Pathogenese multifaktoriell ist und sowohl humorale als auch zytotoxische Mechanismen umfasst.
Bei Patienten mit aggressiver T-Zell- oder NK-Zell-LGL-Leukämie kann es zu einer Vergrößerung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie), Fieber, unbeabsichtigtem Gewichtsverlust und Nachtschweiß kommen. Die aggressiven T-Zell- und NK-Zell-LGL-Leukämien sind therapieresistent.
Die Therapien erfolgen anlog zur Akuten lymphatischen Leukämie (ALL). Eine Induktionschemotherapie, gefolgt von einer Konsolidierung und einer Stammzelltransplantation zum Zeitpunkt der ersten Remission kann eine Option sein.
Literatur
- Pontikoglou C et al. (2011) Pathophysiologic mechanisms and management of neutropenia associated with large granular lymphocytic leukemia. Expert Rev Hematol 4:317-328.
- Saini NY et al. (2018) Large granular lymphocytic leukemia-associated peripheral neuropathy. Ann Hematol 97:1501-1504.
- Steinway SN et al. (2014) The pathogenesis and treatment of large granular lymphocyte leukemia. Blood Rev 28: 87-94.