Polymyalgia rheumaticaM35.3
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Bruce 1888
Definition
Ätiologisch ungeklärte entzündliche Erkrankung des Bindegewebes und der Muskulatur mit starker Schmerzhaftigkeit der Muskulatur, insbesondere Becken- und Schultergürtel-Schmerzen wie Muskelkater und damit verbundener Morgensteifigkeit (meist >1h), Krankheitsgefühl und Gewichtsabnahme, Nachtschweiß, erhöhter BSG (>40mm/h) und/oder Symptomen der Depression.
Die Polymyalgia rheumatica entsteht in enger Assoziation zur Riesenzellarteriitis (Assoziation in 50-80% der Fälle) oder sie wird als ihre Minusvariante angesehen. Die Erkrankung kann auch als paraneoplastisches Syndrom auftreten.
Vorkommen/Epidemiologie
Inzidenz bei Personen > 50 Jahre (Bundesrepublik Deutschland): 300-700/100.000 Einwohner/Jahr.
Manifestation
Meist nach dem 50. LJ und überwiegend bei Frauen auftretend.
Klinisches Bild
Merke! Charakteristische Trias: Muskelschmerzen, Sturzsenkung (mindestens 40 mm/Std.), Anämie.
Persistierende Schmerzen für mindestens 4 Wochen mit Morgensteifigkeit im Halsbereich, Schultergürtel (70-95%) oder Beckengürtel (50-70%), der meist > 60 Minuten anhält. Häufig bestehen Ödeme an den Streckseiten der Extremitäten (Handrücken, Fußrücken) sowie eine subdeltoidale Bursitis.
Häufig assoziiert (20% der Fälle) ist eine Riesenzellarteriitis (Arteriitis cranialis).
Labor
Diagnose
Polymyalgia rheumatica: ACR/EULAR-Klassifikationskriterien (2012)
Einschlusskriterien: =/> 50 Jahre, neuer Schultergürtelschmerz beidseits, CFP und/oder BSG erhöht. Zusätzlich:
- Morgensteifigkeit =/>45 Min. (2 Punkte)
- Fehlen von Rheumafaktoren-CCP (2 Punkte)
- Schmerzen/Steifigkeit Beckengürtel (1 Punkt)
- Fehlen anderer Gelenkmanifestationen (1 Punkt)
Plus Sonographie:
- 1 Schulterglenk+1 Hüftgelenk (1 Punkt)
- Beide Schultergelenke (1 Punkt)
Ein Score von =/>5 Punkten hat eine Sensitivität und Spezifität 70% für die Diagnose PMR.
Differentialdiagnose
Therapie
Frühzeitig Glukokortikoide wie Prednison (z.B. Decortin) initial 15-20 mg/Tag p.o. Nach 14 Tagen schrittweise Reduktion, Erhaltungsdosis über 1-2 Jahre bei 5-10 mg/Tag p.o. (Faustregel: Therapie mind. 1 Jahr über Beschwerdefreiheit hinaus fortführen).
Hinweis:Höhere Dossen sollten nicht eingeetzt werden: Rezidivrisiko wird erhöht!, GEfahr der Maskierung einer Riesenzellarteriitis.
Bei Versagen einer Glukokortikoidmonotherapie Versuch mit zusätzlicher Gabe von Methotre1xat (10 bis 20 mg/Woche). Nichtsteroidale Antiphlogistika sind nur gering schmerzlindernd.
Niedrigdosiertes ASS (100mg/Tag) verhidert ischämische Komplikationen bei einer evtl. assoziierten Riesenzellarteriitis.
Osteoporoseprophylaxe: Östrogen-Gestagen-Substitution, z.B. Estraderm TTS = 17-β-Östradiol mit einer tgl. Wirkstoffabgabe von 0,05 mg kombiniert mit Gestagen (z.B. Kliogest N). Kontinuierliche Anwendung nach der Menopause.
Ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Versorgung (z.B. Frubiase Calcium forte, Ossofortin).
In therapierefraktären Fällen: Cyclophosphamid; alternativ: Tocilizumab.
Bei bioptisch nachgewiesener Riesenzellarteriitis im Komplikationsfall (Visusverschlechterung) höhere Glukokortikoiddosen (initial 100-500 mg/Tag i.v. mit schrittweiser Dosisreduktion).
Hinweis(e)
Merke! Stets Tumorsuche!
Literatur
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