Pneumonie, atypischeJ18.9
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Hobart Reimann beschrieb als erster 1938 eine Pneumonie, bei der die typischen Zeichen der (typischen) Lobärpneumonie fehlten und nannte diese „ atypische Pneumonie“.
Definition
Unter einer atypischen Pneumonie versteht man eine akute oder chronisch verlaufende Entzündung des Interstitiums der Lunge.
Erreger
Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen, Pneumocystis jiroveci, Viren
Klinisches Bild
- langsamer Beginn
- Allgemeinbefinden meistens nur leicht bis mäßig beeinträchtigt
- oftmals nur mäßiges Fieber
- unproduktiver Husten
- Kurzatmigkeit (ca. 30%)
- Cephalgien, Myalgien, gastrointestinale Symptome
- selten Tachypnoe und/oder Tachykardie
- Leukozyten im Normbereich (!) bei relativer Lymphozytose
- selten positive Blutkulturen
- erhebliche Diskrepanz zwischen dem geringem Auskultationsbefund und dem Röntgenbild
Bildgebung
Interstitielle Zeichnungsvermehrung; über alle Lungenfelder verteilte, unscharf begrenzte und im Kern akzentuierte Verschattungen.
Labor
- Sputumprobe zur Keimbestimmung auf atypische Erreger (falls kein Sputum erhältlich ist, sollte dieses bronchoskopisch gewonnen werden)
- Urinantigentest auf Legionellen (weist allerdings nur Serogruppe I nach, deshalb zusätzlich Antikörperserologie)
- Erregernachweis (Kultur, PCR)
- serologischer Antikörpernachweis auf atypische Erreger
Diagnose
- Klinik: s.o.
- ausführliche Anamnese: Frage nach zeitnaher Hotelübernachtung, Aufenthalt in der Nähe von Wasseranlagen, Kontakt zu Hausvögeln oder Geflügel
- Auskultation: Nur selten sind klingende Rasselgeräusche zu hören
- Labor: - Sputumprobe zur Keimbestimmung auf atypische Erreger (falls kein Sputum erhältlich ist, sollte dieses bronchoskopisch gewonnen werden)
- Urinantigentest auf Legionellen (weist allerdings nur Serogruppe I nach, deshalb zusätzlich Antikörperserologie)
- Erregernachweis (Kultur, PCR)
- serologischer Antikörpernachweis auf atypische Erreger
Differentialdiagnose
Pneumonien anderer Genese
Interne Therapie
Je nach Erreger können wirksam sein:
- Tetracycline (2x100mg/Tag)
- Makrolide (Clarithromycin 2x500mg/Tag; Azithromycin:1x500mg/Tag; Roxithromycin: 1x300mg/Tag)
-
Ketolide
-
Fluorchinolone (Moxifloxacin: 400mg/Tag; Lefloxacin: 500mg/Tag)
Bei einem schweren Krankheitsbild und dem berechtigten Verdacht auf atypische Erreger sollte man umgehend mit einer dualen Therapie beginnen, da die Diagnostik teilweise zeitaufwändig ist. Nach Erhalt des Erregernachweises Modifizierung der Antibiose.
Verlauf/Prognose
Die höchste Sterberate der atypischen Pneumonie finden wir bei der durch Legionellen ausgelösten Erkrankung. Sie beträgt - selbst bei adäquater Therapie - ungefähr 10 % und steigt bei Immunsupprimierten oder vorbestehenden Herz-Kreislauferkrankungen auf > 50% an.
Die Sterberate der übrigen Erreger ist deutlich niedriger.
Hinweis(e)
Es besteht bundesweit eine namentliche Meldepflicht nach dem IfSG § 7 bei direktem oder indirektem Nachweis von Legionellen, soweit dieser auf eine akute Infektion hinweist.
Darüber hinaus besteht ein Sonderstatus des Landes Sachsen : Namentliche Nennung auf eine akute Infektion mit Mycoplasma species.
Literatur
- Harrison et al. (2015) Internal Medicine: 804-811
- Herold et al. (2017) Innere Medizin: 375-384
- Hof H (2015) Mehr Beachtung für die Pneumocystis Pneumonie – Eine Differenzialdiagnose bei Risikopatienten. Klinikarzt 44: 56-57
- Matthys / Seeger (2008) Klinische Pneumologie: 316-322
- Osterlee U (2016) Bei begründetem Verdacht auf atypische Pneumonie gleich doppelt behandeln. Pneumonews 8: 29
- RKI (2018) Epidemiologischen Bulletin 49/1999
- SächsGVBl. (2002) Nr. 9/187 Fsn-Nr.: 250-6/2 §3
- Suttorp et al. (2004) Infektionskrankheiten: 113
- Wehling M (2011) Klinische Pharmakologie: 526-543