Parodontales Ehlers-Danlos-Syndrom Q79.6

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

This article in english

Synonym(e)

EDSPD2; EDS VIII; Ehlers-Danlos-Syndrom parodontaler Typ; OMIM:130080; OMIM: 617174; Parodontal Ehlers-Danlos syndrome; pEDS; Periodontales EDS; Periodontales Ehlers-Danlos-Syndrom

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Als Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) wird eine heterogene Gruppe von hereditären Bindegewebserkrankungen bezeichnet, deren klinische Hauptmerkmale durch eine  Überdehnbarkeit der Haut sowie eine Hyperreflexität der Gelenke gekennzeichnet ist. Weiterhin sind je nach Erkrankungstyp und den zugrundeliegenden Genmutationen Gefäße, Muskeln, Bänder, Sehnen und innere Organe betroffen (Brinckmann J 2018). 

Bisher sind 19 Genmutationen bekannt, die EDS auslösen. Die verschiedenen Mutationen führen zu einer Veränderung der Struktur, der Produktion oder der Verarbeitung von Kollagen oder von Proteinen, die mit Kollagen interagieren. Die Häufigkeit des Auftretens in der Bevölkerung wird mit 1:5.000 bis 1:10.000 angenommen, somit handelt es sich beim EDS um eine seltene Erkrankung (Orphan disease).

Das sehr seltene Parodontale Ehlers-Danlos-Syndrom (pEDS) wird durch autosomal-dominant vererbte Mutationen in den Genen  C1R bzw. C1S ausgelöst (pEDS Typ I; pEDS Typ II), die beide auf Chromosom 12p31 lokalisiert sind. C1R kodiert für das Komplement C1r, das C1S-Gen für das Komplement C1s. Die Mutationen in diesen Genen führen zu schwerwiegender, hartnäckiger Parodontitis, die bereits in der Kindheit oder im Jugendalter auftritt. Das Zahnfleisch liegt oft nicht ausreichend am Zahn an (fehlendes Attachment des Zahfleisches) (Brady et al. 2017; Kapferer-Seebacher I et al. 2016).

Ätiopathogenese

Ein wichtiges Gen, das mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom, parodontaler Typ, 2, assoziiert ist, ist das C1S-Gen (Complement C1s).

Klinisches Bild

Major-Symptome:

  • Haut: Prätibiale Hyperpigmentierungen
  • Zahnfleisch: schwere therapeutisch nicht beherrschbare Parodontose (Auftreten in Kindheit und Adoleszenz)
  • Sonstiges: positive Familienanmnese 

Minorsymptome:

  • Haut: Hämatombildung, vermehrte Fragilität, atrophe Narben, Akrogerie, vermehrte Venenzeichnung
  • Skelettsystem:  Hypermobilität v.a. der distalen Gelenke, marfanoides Gesicht

Sonstiges: Hernien, vermehrte Infektionen

Diagnose

  • Nachweis des Gendefektes
  • Majorkriterium: schwere therapeutisch kaum beeinflussbare Parodontose

oder

  • Majorkriterium: fehlendes Attachement des Zahnfleisches + zwei weitere Majorkriterien + 1 Minorkriterium

Fallbericht(e)

Kapferer-Seebacher et al. (2016) untersuchten 2 Familien mit Ehlers-Danlos-Syndrom und Parodontitis. In der ersten Familie wies die 45-jährige Probandin eine leicht überdehnbare Haut, leichte Hämatome, leicht verletzbare Haut mit prätibialen hämosiderotischen Pigmentierungen und eine früh einsetzende Parodontitis auf, die im Teenageralter zu Zahnverlust führte. Der Vater, 1 Schwester und 1 Bruder sowie 2 der Söhne wiesen einen ähnlichen Phänotyp auf. Zu den weiteren Merkmalen der Probandin und ihrer betroffenen Schwester gehörten eine ausgeprägte Wirbelsäulenarthrose, verletzbare Haut an den Fingern und Beinen, Reizdarmsymptome und grippeähnliche Symptome ohne Fieber. Bei drei der betroffenen Personen wurde Malignome diagnostiziert, darunter ein Wilms-Tumor.

In der zweiten Familie war der Proband ein 75-jähriger Mann mit Merkmalen eines parodontalen EDS, einschließlich hyperelastischer leicht verletzbarer Haut, leichter Blutergüsse, atrophischer Narben, prätibiale Verfärbungen und Skoliose. Im Alter von 60 Jahren hatte er bereits 20 Zähne verloren. Acht von 9 betroffenen Verwandten hatten ebenfalls eine früh einsetzende Parodontitis, Zahnfleischrückgang, frühen Zahnverlust und prätibiale Verfärbungen. Weiterhin entwicklten 4 betroffene Verwandte Malignome, darunter Gebärmutter-, Brust- und Dickdarmkrebs sowie ein lymphatisches Lymphom der Lunge.

Literatur

  1. Brady A et al. (2017): Ehlers-Danlos Syndromes, rarer types. In: Ehlers-Danlos Society. American Journal of Medical Genetics 175C:70-115
  2. Bowen et al. (2017): Ehlers-Danlos Syndrom, classical type. American Journal of Medical Genetics 175C:17-39
  3. Brinckmann J (2018) Hereditäre Bindegewebserkrankungen. In. Plewig et al. (Hrsg) Braun-Falco`s Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer Reference Medizin S 883-890
  4. Byers PH et al. (2019): Diagnosis, natural history and management in vascular Ehlers-Danlos Syndrome. American Journal of Medical Genetics 175C:40-47
  5. Kapferer-Seebacher I et al. (2016) Periodontal Ehlers-Danlos syndrome is caused by mutations in C1R and C1S, which encode subcomponents C1r and C1s of complement.Am J Hum Genet 99: 1005-1014
  6. Reinstein, E., Wang, R. Y., Zhan, L., Rimoin, D. L., Wilcox, W. R. Ehlers-Danlos type VIII, periodontitis-type: further delineation of the syndrome in a four-generation pedigree. Am. J. Med. Genet. 155A: 742-747, 2011Reinstein E et al. (2011) Ehlers-Danlos type VIII, periodontitis-type: further delineation of the syndrome in a four-generation pedigree. Am J Med Genet 155A: 742-747

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024