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Opioidrezeptoren
Synonym(e)
Definition
V.a. im ZNS, aber auch in vielen anderen Geweben (beispielsweise im Darm oder der Haut) vorkommende Transmembranrezeptoren, die der Familie der Endorphin-Rezeptoren zuzurechnen sind (Dhaliwal A et al. 2019).
Einteilung
Opioidrezeptoren lassen sich in Hauptruppen und einige Untergruppen klassifizieren:
- µ-Rezeptoren (Mü-Rezeptoren: (Mü1, Mü2, Mü3): Stimulation dieser Rezeptoren bewirkt supraspinale Analgesie, Atemdepression, Miosis, Bradykardie und Euphorie. Die antitussiven Effekte und die spastische Lähmung des Darmes, die durch µ-Rezeptoren vermittelt werden, gehören zu den häufigsten Effekten, die man durch die therapeutische Gabe von Opiatderivaten (Codein, Loperamid) erreichen will. Die regelmäßige Stimulation der µ-Rezeptoren führt zu Toleranzentwicklung und Abhängigkeit.
- κ-Rezeptoren (Kappa-Rezeptoren: (kappa1, kappa2, kappa3): Stimulation bewirkt spinale Analgesie, Sedierung, ebenfalls Miosis und unter Umständen auch Dysphorie.
- σ-Rezeptoren (Sigma-Rezeptoren): Bei Reizung erfolgen Kreislaufstimulation und Mydriasis. Es treten Toleranz und Dysphorie/Haluzinationen auf.
- δ-Rezeptoren (Delta-Rezeptoren; delta1, delta2): Reizung ruft eine stressinduzierte und spinale Analgesie sowie Atemdepression, Hypotonie und Toleranzentwicklung hervor
- Opioidrezeptor like-1 (ORL1)
Allgemeine Information
Opiate, Opioide sowie die Endorphine entfalten ihre Wirkung über eine Bindung an die spezifischen Opioidrezeptoren, die unter physiologischen Bedingungen durch entsprechende endogene Liganden (Endorphine) besetzt werden. Alle Opioidrezeptoren sind an inhibitorische G-Protein-gekoppelt und aktivieren diese (Al-Hasani R et al. 2011; Del Vecchio G et al. 2017). Die Rezeptoren bilden homo- und heterodimere Komplexe und induzieren Kinase-Kaskaden.
Opioidrezeptoren werden sowohl im ZNS als auch auf peripheren sensorischen Neuronen exprimiert, aber auch in vielen peripheren Organen wie z.B. dem Magen-Darm-Trakt und der Haut (Stein C 2016). Im ZNS finden sich Opioidrezeptoren in hoher Dichte in spinalen und supraspinalen Ssnapsen des aufsteigenden nozizeptiven und des absteigenden antinosizeptigen Systems. Im Hinterhorn des Rückenmarks bilden die Axone der Aδ-und C-Fasern synaptische Kontakte mit den glutamatergen Neuronen des Tractus spinothalmamicus und spinorecticularis. Sie vermitteln dort eine Hemmung der Transmission in der ersten Synapse des aufsteigenden nozizeptiven Systems. In der Peripherie vemitteln sie an den Nozirezeptoren eine Reduktion der Entladungsfrequenz und hemmen damit die Schmerzperzeption.
Werden die spezifischen Opioidrezeptoren im Zentralnervensystem aktiviert, so führt dies zu einer Aktivierung von Kaliumkanälen und zu einer Inhibierung von spannungsabhängigen Calciumkanälen und damit zu einer Hyperpolarisation der Neurone und zu einer Depolarisationshemmung. Die Folge ist eine Verminderung der Erregbarkeit der Neurone. Die Weiterleitung von neuronaler Aktivität wird gehemmt.
Es ist anzunehmen dass das endogene Opioidsystem eines der wichtigsten schmerzhemmenden Systeme des Körpers ist. Afferente Reize werden so moduliert, dass sie nicht ungehindert in das ZNS weitergeleitet werden. Damit wird verhindert, dass es zu einer neuronalen Übererregung und zu einer übersteigerten Schmerzempfindung kommt.In der Haut beeinflussen Opioidrezetporen die Zellproliferation, -migration und -adhäsion. μ-Opioidrezeptoren wurden in allen Schichten der Epidermis gefunden, während δ-Rezeptoren an Zellkontakten konzentriert sind und die Desmoglein-Expression verringern können.
Inflammation: Unter inflammatorischen Bedingungen werden Opioidrezeptoren hochreguliert. So exprimieren Lympzhozyten und Makrophagen bei entzündlichen oder traumatischen Prozessen Opioidpeptide und exprimieren dann auch Opioidrezeptoren.
Opioide als Liganden der Opioidrezeptoren haben eine immunmodulierende und immunsuppressive Wirkung. Sie können das Infektionsrisiko erhöhen. Opioide unterscheiden sich in ihren klinischen Effekten durch unterschiedliche Affinität zu den einzelnen Rezeptortypen. Die Wirkung von Opioiden an ihren Rezeptoren kann durch die Gabe von Opioid-Rezeptor-Antagonisten (z.B. durch die Medikamente Naloxon oder Naltrexon) aufgehoben werden.
Literatur
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Al-Hasani R et al. (2011) Molecular mechanisms of opioid receptor-dependent signaling and behavior. Anesthesiology 115: 1363-1381.
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Clark AJ (2016) 60 YEARS OF POMC: The proopiomelanocortin gene: discovery, deletion and disease. J Mol Endocrinol 56:T27-37.
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Dhaliwal A et al. (2019) Physiology, Opioid Receptor. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, PMID: 31536249.
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Del Vecchio G et al. (2017) Novel Opioid Analgesics and Side Effects. ACS Chem Neurosci 8:1638-1640.
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Dy SM, Asch SM, Naeim A et al (2008) Evidence-based standards for cancer pain management. J Clin Oncol 26:3879–3885
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Jage J, Jurna I (2001) Opioidanalgetika. In: Zenz M, Jurna I (Hrsg) Lehrbuch der Schmerztherapie, 2. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S 255–280
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Stein C (2016) Opioid Receptors. Annu Rev Med 67:433-451.
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Tishevskaya NV et al. (2017) Sensitivity of T-Lymphocytes to Hormones of the Anterior Pituitary Gland. Usp Fiziol Nauk 48:80-90.
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Valentino RJ et al. (2018) Untangling the complexity of opioid receptor function. Neuropsychopharmacology43: 2514-2520.