Norovirus

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Humanes Norovirus, Norwalk virus; Noroviren; Norwalkvirus; NV; NwV; NWV

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Noroviren gehören zur Gattung Familie der Caliciviridae (Caliciviren), die ihren Namen von den kelchförmigen Vertiefungen (calix, lat. = Kelch), die sich auf der Kapsidoberfläche nachweisen lassen. Humanpathogene Noroviren gehören zu einer Gruppe von unbehüllten einzelsträngigen RNA-Viren mit positiver Polarität, zu denen eine Reihe von Enteroviren gehören, so das Parechovirus und das Hepatitis-A-Virus (Robilotti E et al. 2015).

Erreger

Das Virus hat einen Durchmesser von 35 bis 39 nm. Es besitzt ein ikosaedrisches (zwanzigflächiges) Kapsid und ein ca. 7,3 bis 7,7 kB großes Genom. Noroviren sind wie die meisten einzelsträngigen RNA-Viren sind Noroviren in ihrer Genomsequenz sehr variabel. Die Variabilität bedingt zahlreiche unterschiedliche Subtypen. Noroviren zeigen Antigendrift sowie auch einen saisonalen Antigenshift durch genetische Rekombination.

Eine Adsorption des Virus findet mittels Rezeptoren auf den Epithelzellen des Gastrointestinaltraktes statt. Von der positivsträngigen genomischen RNA wird zunächst ein Polyprotein translatiert, das jedoch nur den Bereich der nichtstrukturellen Proteine umfasst. Nach autokatalytischer Spaltung dieses Polyproteins wird auch die RNA-abhängige RNA-Polymerase freigesetzt, die antigenomische RNA-Moleküle negativer Polarität von der genomischen RNA schreibt. Nach mehreren RNA-Replikationszyklen und der Translation der strukturellen Proteine VP1 und VP2 werden die neuen Genome wiederum verpackt. Die neu entstandenen Viruspartikel verlassen die Zelle (Schnitzler P et al. 2019).

Vorkommen/Epidemiologie

Fäkal-orale Kontamination, auch Tröpfcheninfektion möglich:  Das Virus wird in der Regel fäkal-oral durch Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser übertragen. Es gibt Hinweise, dass auch die Kontamination der Umwelt durch Erbrochenes eine Infektionsquelle sein kann. Hier spielt die Aerosolbildung bei Erbrechen eine Rolle, die zur Oberflächenkontamination oder zur oralen Aufnahme von feinen Tröpfchen führt. Obwohl eine Virusausscheidung in der präsymptomatischen Phase möglich ist, beginnt die massive Freisetzung von infektiösen Viren erst mit dem Auftreten der klinischen Symptome. Eine Häufung der Norovirus-Infektionen ist in den Wintermonaten zu beobachten („winter vomiting disease“).

Die Prognose ist günstig. Jedoch kann die Infektion bei alten, bei sehr jungen oder bei immungeschwächten Patienten letal enden.

Klinisches Bild

Noroviren sind Erreger von Durchfallerkrankungen: Noroviren sind neben den Rotaviren (Familie der Reoviridae) für die Mehrzahl der nicht bakteriell verursachten Durchfallerkrankungen (sog. Magen-Darm-Grippe) bei Kindern (ca. 30 % der Fälle) und Erwachsenen (ca. 50 % der Fälle) verantwortlich. Besonders oft sind Kinder < 5 Jahre und ältere Erwachsene betroffen. Das Virus ist hoch kontagiös; bereits 10 infektiöse Partikel reichen aus, um ein Individuum zu infizieren. Infektionen können in Form von Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen und Kliniken aber auch sporadisch auftreten (Karst SM et al. 2016).

Inkubationszeit: ca. 10–50 Stunden.

Hohe Resistenz gegen Umwelteinflüsse: Humane Noroviren weisen die für unbehüllte Viren typische Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen auf. Sie können in Wasser mehrere Tage bis Wochen bei 25 °C überstehen: Noroviren überstehen Temperaturschwankungen von −20 bis +60 °C und zeigten ihre „Überlebensfähigkeit“ auf einem kontaminierten Teppich noch nach 12 Tagen.

Diagnose

Der Erregernachweis erfolgt durch Antigennachweis (EIA) oder durch RT-PCR im Stuhl. Bei besonderen Fragestellungen zur Epidemiologie kann eine Sequenzierung der Virus-RNA nützlich sein.

 

Prophylaxe

Hoher Hygienestandard:  Nur ein hoher Hygienestandard kann die Infektionskette unterbrechen. Dies bedeutet, dass bei Ausbrüchen Patienten zu isolieren sind und neben einer konsequenten Hände- und Flächendesinfektion verstärkte Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Handschuhen und u. U. eines geeigneten Atemschutzes ergriffen werden sollten (s.u. Norovirus-Infektionen).

Hinweis(e)

Meldepflicht: Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz besteht für die Leiter von diagnostischen Laboratorien bei direktem Virusnachweis und für Ärzte, wenn die erkrankte Person im Sinne von § 42 des Infektionsschutzgesetzes in der Lebensmittelherstellung und/oder Lebensmittelzubereitung in Gaststätten tätig ist.

Literatur

  1. Karst SM et al. (2016) Recent advances in understanding norovirus pathogenesis. J Med Virol 88:1837-1843.
  2. Karst SM et al. (2014) Advances in norovirus biology. Cell Host Microbe 15:668-680.
  3. Karst SM et al. (2015) What is the reservoir of emergent human norovirus strains? J Virol 89´:5756-5759.
  4. Koromyslova A et al. (2017) Human norovirus inhibition by a human milk oligosaccharide. Virology 508:81-89.
  5. Robilotti E et al. (2015) Norovirus. Clin Microbiol Rev 28:134-164.
  6. Schnitzler P et al. (2019) Viren mit positivsträngigem RNA-Genom. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S 205-206

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024