Makrophagen-Aktivierungssyndrom D76.1
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Scott und Robb-Smith, 1939
Definition
Klinisch ist die Erkrankung gekennzeichnet durch plötzlich einsetzendes hohes Fieber (Status febrilis), Hepatosplenomegalie, Bewußtseinstrübung und Exanthem; seltener durch Lymphadenopathie, Purpura, Aszites oder Pleuraerguss; weiterhin durch pulmonale (interstitielle Infiltrate, die sich bis zu einem akuten Lungenödem entwickeln können sowie durch intestinale Symptome (Abdomenschmerzen, Durchfall).
Definition
Seltene, klinisch schwer verlaufende, hyperinflammatorische Systemerkrankung, deren Prognose mit einer Sterblichkeit von 30–50 % sehr schlecht ist. Das Syndrom ist gekennzeichnet durch ein schwerwiegendes, durch Deregulierung zytotoxischer Zellreaktionen ausgelöstes, Entzündungssyndrom.
Einteilung
Man unterscheidet:
- primäre Formen von sekundären, reaktiven Formen, die durch virale - oder bakterielle Infektionen, hämatoonkologische Erkrankungen und bestimmte Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden können.
- Primäres (genetisches) Makrophagenaktivierungssyndrom: tritt vor allem in der pädiatrischen Population auf
- Sekundäres (reaktives) Makrophagenaktivierungssyndrom: ist in jeder Altersgruppe zu finden.
Vorkommen/Epidemiologie
Die Krankheit ist selten, doch wird ihre Prävalenz wahrscheinlich unterschätzt. Für Japan gilt eine jährliche Inzidenz von 1: 800 000 Einwohner. Für das sekundäre MAS das als Komplikation einer Infektion auftritt beträgt die Inzidenz 0,9 Fälle pro 1. 000. 000 Erwachsene. Eine Geschlechtsspräferenz ist nicht bekannt.
Ätiopathogenese
Ursächlich ist eine infektbedingte Aktivierung von Makrophagen.
Ein größerer Teil der sekundären MAS ist auf Virusinfektionen zurückzuführen: Herpesviren (EBV, CMV, HSV, VZV); Hepatitisviren (A, B, C), Parvovirus B19 , Adenoviren, Influenza-A-Virus, Enteroviren, Flaviviren, HIV, COVID-19 (McGonagle D et al. 2020).
Bei bakteriellen Infekten spielen zahlreiche Erreger eine Rolle z.B. Salmonella typhi, Staphylococcus aureus, Streptococcus, Haemophilus influenzae, Pseudomonas, Legionella, Fusobacterium, Enterobakterien, Rickettsia, Brucella, Borrelia burgdorferi, Leptospiren, Coxiella burnetii, Mycoplasmen, Chlamydien, Bartonella, Mycobacterium tuberculosis und andere Mykobakterien
Weiterhin: Parasiten wie Leishmanien, Toxoplasmen, Pilze (Candida, Cryptococcus, Pneumocystis jiroveci, Aspergillus fumigatus).
MAS kann komplikativ bei Neoplasien (T-, B- oder NK-Zell-Lymphome, Hodgkin-Lymphome, akute Leukämien), bei Autoimmunekrankunngen - am häufigsten beim systemischen Lupus erythematodes, beim Still-Syndrom oder nach Medikamenteneinnahme auftreten.
Diagnose
Labor:
- Thrombopenie
- Erhöht: GOT (AST) (>59 U/ml)
- Leukopenie (>4x109 )
- Hypofibrinogenämie (<2,5g/l
Klinische Kriterien
- Dysfunktionen des zentralen Nervensystem (Erregbarkeit, Desorientierung, Lethargie, Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Koma)
- Hämorrhagien (Purpura, schlechte Wundheilung, Schleimhautblutungen)
- Hepatosplenomegalie (>3cm unter dem Rippenbogen)
- Histopathologische Kriterien: Makrophagen-Hämophagozytose in Knochenmarkpunktat.
Bemerkung: die Diagnose eines MAS setzt das Vorhandensein von 2 oder >2 Laborkriterien oder 2 von 3 oder >3 klinische und/oder Laborkriterien voraus. Eine Knochenmarkpunktion für den Nachweis einer Hämophagozytose ist nur in zweifelhaften Fällen notwendig.
Weitere Laborkriterien: Hyperferritinämie (Bemerkung: Ferritin wird durch Makrophagen und Hepatozyten sowie bei der Phagozytose der Blutzellen freigesetzt wird. Eine Ferritinämie von > 10 000 µg/l weist in der pädiatrischen Population mit 90%iger Sensitivität und 96%iger Spezifität auf ein MAS hin).
Therapie
Die Behandlung besteht in der sofortigen parenteralen Gabe von Prednisolon bei gleichzeitigem Absetzen aller applizierten Medikamente.