KryptokokkoseB45.9

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Busse-Buschke-Krankheit; Cryptococcose; Cryptococcosis; Cutaneous cryptococcosis; Europäische Blastomykose; Kryptokokkenmykose; Kryptokokkusmykose; Morbus Busse-Buschke; Torulose

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Erstbeschreiber

Busse 1894; Buschke 1895; Sanfelice 1894

Definition

Weltweit verbreitete, z.T. tödlich endende Systemmykose des Menschen durch den sehr virulenten, diploiden Hefepilz Cryptococcus neoformans.

Die Infektion tritt v.a. bei immunsupprimierten Personen auf (z.B. bei Organtransplantierten, bei malignen Grunderkrankungen, bei HIV-Infektion: die Kryptokokkose ist eine AIDS-definierende Infektion) durch Inhalation von kontaminiertem Staub.

Die weltweit wichtigste Infektion durch Cryptococcus neoformans ist die Menigoenzephalitis. Diese ist fast immer die Folge einer meist blande verlaufenden pulmonalen Kryptokokkose.

Folgende Organe werden bevorzugt befallen: Lunge, Nieren, Meningen und seltener (10% der Fälle) Haut (kutane Kryptokokkose).

Auch die kutane Kryptokokkose entsteht überwiegend sekundär durch hämatogene Streuung. Nur selten ensteht die Infektion durch eine Inokulation des Erregers aus der Umwelt.   

Erreger

Die beiden Hefepilze Cryptococcus neoformans (Kapsel-Serotyp A,D und AD) und Cryptococcus gattii (Serotypen A und C) sind Verursacher der Kryptokokkose. Charakteristisch sind die schleimigen, glänzenden Kolonien in der Kultur. Cryptococcus neoformans tritt in 2 Varianten auf:

  • Cryptococcus neoformans variatio neoformans wird vorzugsweise bei Patienten mit AIDS isoliert.
  • Cryptococcus neoformans variatio grubii verursacht kutane Kryptokokkose.  

Cryptococcus gattii befällt auch immunkompetente Menschen.  

Der Erreger kommt in der Umwelt vor in Erde und Staub. Sein natürliches Habitat hat der Hefepilz in vermoderten Baumstämmen. Auch in Vogelkot v.a. von Tauben und Papageien. Durch Inhalation gelangt der Erreger in die Lunge, wo er bei immunkompetenten Menschen asymptomatische Infektionen hervorruft, die problemlos abheilt. Bei immuninkompetenten Menschen verbreitet sich der Pilz hämatogen und verursacht unterschiedliche Organmanifestationen..   

 

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit verbreitet. Gehäuft bei HIV-Infizierten (80-90% aller Infektionen weltweit; 6-30% aller HIV-Infizierten, in Afrika bis zu 80%, erkranken an Kryptokokkose).Das Vorkommen von Cryptococcus gattii zusammen mit Eukalyptusbäumen ist bekannt.

Inzidenz (Allgemeinbevölkerung): 0.2-1/100.000 Einwohner/Jahr.

Inzidenz (HIV-Infizierte in Europa): 200-500/100.000 Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

Die Infektion erfolgt über Inhalation von erregerhaltigem Staub. Besonders häufig kommt C. neoformans in Vogel-, insbes. Taubenmist sowie im Erdboden vor.

Manifestation

Vor allem Männer zwischen 30 und 60 Jahren.

Lokalisation

Eintrittspforte ist die Lunge; hämatogene oder lymphogene Erregeraussaat mit Befall von ZNS, Skelett, Herz, Augen, Testes und Haut (10–15% der Fälle).

Klinisches Bild

Eintrittspforte ist das Lungenparenchym. Durch hämatogene Streuung können nahezu alle Organe beteiligt sein.

Systemische Erscheinungen:

  • Lungenbefall (durch Inhalation der Pilzsporen): Pneumonie; seltener sind tumorartige Knoten (Kryptokokkome) im Lungenparenchym.
  • Durch hämatogene Ausbreitung kommt es zu einem disseminierten Organbefall.
  • Kryptokokkus-Meningitis: der Erreger weist einen starken Neurotropismus auf. Zeichen einer ZNS-Manifestation können Kopfschmerzen und andere neurologische Auffälligkeiten sein sowie psychische Alterationen. Neben einer subakuten Meningoencephalitis kann auch eine chronische Meningitis auftreten.  Die ZNS-Beteiligung ist eine der wichtigsten opportunistischen Infektionen, die weltweit und v.a. bei AIDS-Patienten auftritt.  

Hauterscheinungen:

  • Akneiforme rot-braune oder rot-bläuliche Papeln, Plaques und Knoten. Die Erhabenheiten sind meist zunächst oberflächenglatt, können aber auch schuppend und krustig sein. Einschmelzende und ulzerierende Knoten und Plaques in Haut und Unterhaut sind möglich. Lymphadenitis ist begleitend zu erwarten.
  • V.a. bei immunsupprimierten Patienten können auch generalisierte papulöse oder kleinknotige  Krankheitsbilder auftreten mit nicht-juckenden, schmerzlosen rot-lividen Erhabenheiten. Seltener sind Papulo-Vesikeln.  

Diagnose

  • Histologie: Histologischer Nachweis von knospenden, mit einer Kapsel umgebenen, 5-15um große, PAS-positiven  Zellen aus einer Probeexzision
  • Mikroskopie: mikroskopischer Direktnachweis bekapselter Hefen im Tuschepräparat aus Liquorsediment , Urin, Biopsat oder BAL. Liquor-Tuschepräparat nach Burri
  • Anzucht in Kultur (Sabouraud-Glukose-Agar; kein Wachstum bei Cyclohexemid-Zusatz); Nachweis i.d.R. innerhalb von 3-5  Tagen möglich. Zur Differenzierung gegen andere Hefen sind Spezialmedien nötig: z.B. Guizotia abyssinica-Kreatinin-Agar, auch "Staib-Agar" genannt. Ein kultureller Nachweis von Cryptococcus neoformans sollte stets erfolgen.  Quantitative Kulturen vor- und 2 Wochen nach Beginn einer antimykotischen Therapie können hilfreich ein Therapieansprechen zu dokumentieren.
  • Serologie: Antigennachweis. Dieser wird vorrangig im Serum und Liquor durchgeführt. Herkömmliche kommerzielle Antigen-Nachweistests besitzen eine hohe Spezifität und Sensitivität (>95%) bei HIV infizierten mit hoher Keimzahl. Cave: ein zytologisch und serologisch unauffälliger Liquorbefund schließt eine Kryptokokkose nicht aus und sollte bei begründetem Verdacht durch ein Antigen-Screening im Serum ergänzt werden. Bei lokalisierten Infektionen (z.B. Pneumonie) nicht immunsupprimierter liegt die Sensitivität niedriger.

 

Differentialdiagnose

Karzinom; Basalzellkarzinom; Tuberkulose; bakterielle Erkrankungen.

Interne Therapie

Krypotokokken-Meningitis: 

Amphotericin B (Tag 1: 0,1 mg/kg KG, Tag 2: 0,2 mg/kg KG, Tag 3: 0,3 mg/kg KG, dann 0,5-0,7 mg/kg KG/Tag i.v.) kombiniert mit 5- Flucytosin (z.B. Ancotil) 100-150mg/kgKG/Tag auf 4 ED  verteilt.  Danach wird die Behandlung für mindestens 12 Wochen mit Fluconazol (400mg/Tag) fortgesetzt. Die Elimination der Pilze aus dem Liquorraum erfordert hnäufig eine lebenslange Behandlung mit Fluconazol.  Bemerkung: In vitro Resistenzen der Erreger gegen Antimykotika (insbesondere Fluconazol, 5-Flucytosin) kommt in Deutschland bislang selten vor. Sie kann aber mit Rezidiven und progredienten Infektionen mit Persistenz kultureller Nachweise unter Therapie einhergehen.

Alternativ: Fluconazol (z.B. Diflucan) in einer Dosierung von 400-600 mg/Tag.

Alternativ: Voriconazol  (z.B. Vfend®) in einer Dosierung von 400-600 mg/Tag;  bei Pat. > 40 kg KG: 2x200mg p.o.; bzw. bei Pat. < 40 kg KG2mal/Tag 100 mg p.o.

Therapie je nach klinischer Symptomatik über mehrere Wochen. Anschließend Fluconazol (z.B. Diflucan), 200 mg/Tag, als Rezidivprophylaxe. S.u. HIV-Infektion.

Verlauf/Prognose

Es wird angeommen, dass rund 1,0 Millionen Menschen jährlich an einer systemischen Kryptokokkose sterben. Die durch Kryptokokken ausgelöste Enzephalitis verläuft unbehandelt tödlich. 

Prophylaxe

Eine spezifische Primärprophylaxe ist selten indiziert. Patienten mit HIV-Infektion wird jedoch empfohlen, bekannte Risiken zu meiden (siehe zuvor).

Bei HIV-infizierten aus Ländern mit hoher Kryptokokkose-Inzidenz (Afrika, Südostasien) kann vor Beginn einer antiretroviralen Therapie mittels GM-Assay eine latente Infektion ausgeschlossen werden.

Bei Personen mit Immunsuppression muss eine lebenslange Sekundärprophylaxe erörtert werden.

Literatur

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