Immundefizienz 57 mit AutoinflammationD81.4
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Cuchet-Lourenco D et al. (2018)
Definition
Die Immundefizienz 57 mit Autoinflammation, kurz IMD57, ist ein seltenes (<20 Patienten sind beschrieben) autoinflammatorisches Immundefizienzsyndrom (s.a. Immundefekte primäre bei Immundysregulationen), das mit einer homozygoten Mutation im RIPK1-Gen (603453) auf Chromosom 6p25 assoziiert ist.
Ätiopathogenese
Bei 4 Patienten aus 3 nicht verwandten konsanguinen Familien mit IMD57 identifizierten Cuchet-Lourenco et al. (2018) waren homozygote Funktionsverlustmutationen (LOF-Mutation) im RIPK1-Gen (603453.0001-603453.0003) nachweisbar. In den Zellen der Patienten fehlt das RIPK1-Protein. Funktionelle Studien an Patientenzellen zeigten eine gestörte Mitogen-aktivierte Proteinkinase-Aktivierung, eine gestörte Phosphorylierung nachgeschalteter Signalmoleküle, eine gestörte proinflammatorische Signalübertragung nach TNFR1 (191190) und TLR3 (603029) sowie eine gestörte Sekretion bestimmter Zytokine. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit einer Dysregulation der T-Zell-Reaktionen. Die Zellen der Patienten neigten auch zur Nekroptose.
Hinweis(e)
Eine heterozygote Mutation im RIPK1-Gen verursacht das AIEFL-Syndrom eine Autoinflammation mit episodischem Fieber und Lymphadenopathie (OMIM: 618852).
Fallbericht(e)
Cuchet-Lourenco et al. (2018) berichteten über 4 Patienten aus drei nicht verwandten konsanguinen Familien nahöstlicher Abstammung mit einer primären Immundefizienz. Die Patienten stellten sich im ersten Lebensjahr mit wiederkehrenden Infektionen vor, darunter bakterielle, virale und Pilzinfektionen. Zu den Merkmalen gehörten Durchfall, Erbrechen, Hepatosplenomegalie, Aphthen der Mundschleimhaut, perianale Abszesse, chronische Lungenerkrankung mit Bronchiektasen und Gedeihstörung. Drei Patienten entwickelten im Säuglingsalter eine Gastritis und Merkmale einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, während der vierte Patient im Alter von 4 Jahren eine entzündliche Darmerkrankung entwickelte.
Biopsien des Magen-Darm-Trakts zeigten eine chronisch aktive Entzündung, Ulzerationen und Kryptaabszesse. Alle Patienten entwickelten auch eine entzündliche Polyarthritis. In einem Fall stellte sich ein Exanthem ein dem eine lymphozytäre Vaskulitis zugrunde lag. Nachweislich waren Infektionen durch Cytomegalovirus, Mycobacterium avium intracellulare, Pseudomonas aeruginosa, Respiratory Syncytial Virus, Herpes simplex, Aspergillus und Candida. Laboruntersuchungen zeigten bei allen Patienten eine variable T-Zell-Lymphopenie, bei 3 Patienten eine verminderte Anzahl von NK-Zellen und bei 2 Patienten eine verminderte Anzahl von B-Zellen mit variabler Hypogammaglobulinämie. Die proliferative Reaktion der T-Zellen und die Aktivität des neutrophilen oxidativen Bursts waren normal.
Therapeutisch unterzogen sich 3 Patienten einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation. 2 Patienten starben im Alter von 12 und 13 Jahren in den Wochen nach der Transplantation. Der dritte Patient galt 5 Jahre nach der Transplantation als geheilt. Der vierte Patient (P4), der sich keiner Stammzelltransplantation unterzog wurde mit IVIG behandelt und überlebte bisher. In einer Familie waren drei Geschwister im Alter von 6 bis 12 Monaten an profusem blutigem Durchfall gestorben.
Literatur
- Cuchet-Lourenco D et al. (2018) Biallelic RIPK1 mutations in humans cause severe immunodeficiency, arthritis, and intestinal inflammation. Science 361: 810-813.
- Lalaoui N et al. (2020) Mutations that prevent caspase cleavage of RIPK1 cause autoinflammatory disease. Nature 577(7788):103-108.