HMV
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Im Jahre 1870 beschrieb Adolf Eugen Fick erstmals eine Methode zur Messung des CO2- Gehaltes beim Menschen (Kobe 2019).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannte Ernest Starling, dass das Herz nur das herauspumpen kann, was zu ihm fließt. Arthur Guyton und Solbert Permutt entwickelten diese Methode später weiter. Dadurch konnte gezeigt werden, dass mechanische Eigenschaften des Kreislaufs wichtige Bestimmungsfaktoren des HZV sind (Magder 2016).
Die Thermodilution, eine weitere Methode zur Messung des HMV, wurde im Jahre 1970 eingeführt (Kobe 2019).
Definition
Als HMV (Herzminutenvolumen) bezeichnet man das vom linken Ventrikel ausgeworfene Blutvolumen pro Minute (Hajdugal 2020). Es stellt das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz dar und ist ein entscheidender Faktor für die Sauerstoffversorgung (Saugel 2021).
Allgemeine Information
Der untere Wert des HMV bezogen auf die Körperoberfläche liegt in Ruhe bei > 2,5 l / min / m2 (Herold 2022). Ein direkter Normwert existiert nicht, das HMV abhängig ist von Größe, Gewicht, Geschlecht, Alter und Stoffwechsellage. Bei gesunden Erwachsenen finden sich in Ruhe i. d. R. Werte zwischen 6 – 8 l / min (Krakau 2005). Bei Belastung kann das HMV allerdings um das Vierfache ansteigen (Krist 2024).
- Die Formel für das HMV lautet: Herzminutenvolumen (l / min) = Herzfrequenz x Schlagvolumen (Krist 2024).
Einfluss auf das HMV nehmen:
- Kontraktilität
- Vorlast
- Nachlast
- Größe des Ventrikels
- Herzwanddicke
- Funktion der Klappen (Krist 2024)
Die Bestimmung des HMV kann inzwischen durch zahlreiche Methoden erfolgen (Saugel 2021). Die am längsten bekannten sind die Fick- Methode und die Thermodilutionsmethode. Beide Untersuchungsmethoden erfolgen während einer Herzkatheteruntersuchung (Kasper 2015). Eine weitere Form zur Bestimmung des HMV stellt die angiographische Methode dar (Krakau 2005).
- Fick- Methode
Die Fick- Methode beruht darauf, dass das Herzzeitvolumen gleich dem Lungenzeitvolumen ist (Speckmann 2019).
Man verwendet hierbei Sauerstoff als Indikator. Die Methode basiert auf dem Prinzip, dass die Menge einer Substanz die von einem Organ aufgenommen bzw. abgegeben wird, gleich dem Produkt aus seinem Blutfluss (HZV) und der Konzentrationsdifferenz der Substanz im venösen und arteriellen Kreislauf sein muss.
Die Fick- Methode gilt insbesondere bei einer niedrigen Herzleistung bzw. bei Vorliegen einer Trikuspidalklappeninsuffizienz als sehr zuverlässig (Kasper 2015).
- Thermodilutions- Methode
Hierbei wird eine zuvor ins Blut injizierte Substanz - z. B. Kochsalzlösung - gemessen. Als Indikator dient hierbei die Temperaturmessung (Kasper 2015).
- Angiographische Methode
Diese erfolgt ebenfalls während der Linksherz- Katheterisierung. Als Messgröße dient ein Laevokardiogramm (Krakau 2005). Diese Methode ist allerdings nicht bei Aortenklappen- und Mitralklappeninsuffizienz verwertbar. Grundvoraussetzungen für die angiographische Methode sind:
Vollständige Kontrastierung
- Während der Durchführung dürfen keine Extrasystolen auftreten
- Genaue Eichung der Aufnahme zur Bestimmung der linksventrikulären Volumina (Lapp 2005)
Weitere Untersuchungsmethoden zur Schätzung des HMV sind:
- Echokardiographie
Echokardiographisch ist lediglich die Abschätzung des HMV möglich. Da in der klinischen Routine eine direkte Messung des HMV sowohl im systemischen als auch im arteriellen Kreislauf nur bedingt möglich ist, wird i. d. R. das HMV mit Hilfe einer Echokardiographie lediglich abgeschätzt (Michel- Behnke 2020).
- Pulswellenanalyse
Die Pulswellenanalyse kann invasiv, minimal- invasiv und auch nicht- invasiv durchgeführt werden. Durch die Pulswellenanalyse ist eine Schätzung des HMV auf der Grundlage einer kontinuierlichen Analyse der Wellenform des arteriellen Blutdrucks möglich. (Saugel 2021).
- Kardiales MRT
Die kardiale MRT stellt ein nicht invasives Verfahren dar, mit dem neben dem Schlagvolumen und der Ejektionsfraktion auch das HMV bestimmt werden kann (Hajduga 2020).
Literatur
- Hajdugal S (2020) Kardiale Magnetresonanztomografie. Radiopraxis 13 (03) 125 - 141
- Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 158
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 265e 9, 1462 – 14638-7
- Kobe J, Mishra N, Arya V, Al- Moustadi W, Nates W, Kumar B (2019) Cardiac output monitoring: Technology and choice. Ann Card Anaesth. 22 (1) 6 – 17 doi: 10.4103/aca.ACA_41_18.
- Krakau I, Lapp H (2005) Das Herzkatheterbuch: Diagnostische und interventionelle Kathetertechniken. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 102, 105
- Krist J, Güler I (2024) Herzminutenvolumen. DocCheck Flexikon. doi: https://flexikon.doccheck.com/de/Herzminutenvolumen
- Lapp H, Krakau I (2005) Das Herzkatheterbuch: Diagnostische und interventionelle Kathetertechniken. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 118
- Magder S (2016) Volume and its relationship to cardiac output and venous return. Crit Care. 20 (1) 271 doi: 10.1186/s13054-016-143
- Michel- Behnke I, Thul J, Murin P, Miera O (2020) Akute Herzinsuffizienz und mechanische Kreislaufunterstützung. S2k- Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler.
- Saugel B, Kouz K, Scheeren T W L, Greiwe G, Hoppe P, Romagnoli S, de Backer D (2021) Cardiac output estimation using pulse wave analysis-physiology, algorithms, and technologies: a narrative review. Br J Anaesth. 126 (1) 67 – 76, doi 10.1016/j.bja.2020.09.049
- Speckmann E- J, Hescheler J, Köhling R (2019) Physiologie: Das Lehrbuch. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland e10