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Glycerolnitrat
Synonym(e)
Definition
Glycerolnitrat (GTN) ist ein Wirkstoff aus der Familie der Nitrovasodilatatoren (organisches Nitrat), einer Gruppe von Pharmaka, die in der glatten Muskulatur der Gefäße des großen und kleinen Kreislaufs und der ableitenden Harn- und Gallenwege abgebaut werden und dabei NO freisetzen (NO-Donatoren). Nitrovasodilatatoren sind Basistherapeutika bei der koronaren Herzkrankheit. Die mittlere Halbwertszeit von Glycerolnitrat liegt bei ca. 0.04h.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Glyceroltrinitrat ist ein sehr schnell, aber nur kurz wirksames Nitrat, das sich daher gut zur Behandlung eines akuten Anfalls eignet. Nach Anwendung im Mundraum wirkt es bereits nach Sekunden bis Minuten. Durch die Dilatation von Venen und Gefäßen wird die Vorlast des Herzens gesenkt (Senkung des enddiastolischen Drucks). Dadurch wird die Durchblutung der Koronargefäße während der Diastole verbessert. Erst in hohen, nicht therapeutischen Dosen haben Nitrate auch eine geringe arterienerweiternde Wirkung.
Indikation
- Akutbehandlung und Vorbeugung der Angina pectoris (Stadium der koronaren Herzkrankheit KHK, die durch Koronarsklerose hervorgerufen wird). Distal dieser Engstelle kommt es zu einer Hypoxie des Herzmuskelgewebes, welches sich in den klassischen Symptomen der Angina pectoris wie Druckgefühl auf der Brust, stärkste Schmerzen u. U. mit Ausstrahlungen in den linken Arm, Magen, Unterkiefer und Rücken, Kaltschweißigkeit und Übelkeit äußert. Glyceroltrinitrat kann akut oder vorbeugend angewendet werden, wenn eine Belastung unmittelbar bevorsteht, bei der davon ausgegangen wird, dass sie einen Angina pectoris-Anfall auslösen kann.
- Akute Linksherzinsuffizienz
- Koronarspasmen (Sonderform der Angina pectoris, sie werden nach ihrem Entdecker als Prinzmetal-Angina bezeichnet)
- Akuter Herzinfarkt
Unerwünschte Wirkungen
- Kopfschmerzen
- Blutdruckabfall
- Flush
- Hautirritation
- Toleranzentwicklung
Kontraindikation
- Akutes Kreislaufversagen
- Kardiogener Schock
- Herzklappenstenose
- Ausgeprägte Hypotonie
- Schwangerschaft und Stillzeit
Präparate
Nitroderm® TTS 5 Membranpflaster; Nitroderm® TTS Pflaster; Nitrolingual® Infusionslösung
Hinweis(e)
Alle therapeutisch angewandten Nitrovasodilatatoren entfalten ihre antiischämische Wirksamkeit uniform über den gleichen Mechanismus. Sie setzen, wenn auch über unterschiedliche Bioaktivierungswege radikales NO (Stickstoffmonoxid) frei. Dieses entspricht dem physiologisch in gesundem Gewebe freigesetzten "Endothelium Derived Relaxing Factor", kurz EDRF. NO hat den größten Relaxationseffekt dort, wo der größte Mangel an physiologischem NO besteht. Offenbar besteht eine inverse Korrelation zwischen der Menge an gebildetem NO, das für die Dilatation normalerweise notwendig ist, und der Reaktion auf organische Nitroverbindungen. Verbesserung der Myokardfunktion und Erhöhung des Sauerstoffangebots für schlecht durchblutete Teile des Myokards. NO aktiviert die Guanylatcyclase. Hierdurch steigt der intrazelluläre Gehalt an cGMP. Dieses wiederum senkt die zytosolische Calcium-Konzentration und bewirkt so eine Erschlaffung der glatten Muskelzellen. Wichtig ist, dass in Gefäßen mit verändertem Endothel, z. B. bei Arteriosklerose die EDRF-Freisetzung gestört ist.
Toleranzentwicklung: Alle Nitratverbindungen, aus denen Stickstoffmonoxid (NO) enzymatisch mit Hilfe der Aldehyddehydrogenase-2 freigesetzt wird, unterliegen der Toleranzentwicklung (Glyceroltrinitrat, ISDN, ISMN). Diese Toleranz geht nach Absetzen sehr schnell zurück. Meist genügt ein nitratfreies Intervall von 6-8 h. Die Wirksamkeit in der Akutanwendung ist daher nicht beeinträchtigt.
Aus Molsidomin wird NO nicht enzymatisch freigesetzt sondern erst nach hepatischer Hydrolyse. Es eignet sich zur Überbrückung der Nitratpause der anderen Präparate. Nach längerer Therapie sollte ausgeschlichen werden, Rebound-Effekte sind möglich. Es bestehen Kreuztoleranzen zu den anderen Nitratverbindungen.
Literatur
- Graefe KH et al. Pharma mit Wirkungen auf das Gefäßsystem.In: Graefe KH et al. (Eds) Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart S.177-181
- Reden J (1990) Molsidomine. Blood Vessels 27:282-294