Chagas-KrankheitB57.2

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Amerikanische Trypanosomiasis; Chagom; Trypanosomiasis amerikanische

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Erstbeschreiber

Chagas, 1909

Definition

Durch Raubwanzen übertragene Trypanosomeninfektion (s.u. Protozoen).

Erreger

Trypanosoma cruzi, obligat intrazellulärer Parasit.

Vorkommen/Epidemiologie

  • 16-20 Millionen Infizierte in Zentral- u. Südamerika, davon ca. ein Drittel in Brasilien. Inzidenz (weltweit): 200.000-300.000 Neuerkrankungen/Jahr.
  • Geographische Verbreitung: Mexico, Mittel- und Südamerika (die südliche Grenze liegt auf der Höhe der nördlichen Provinzen Argentiniens), vereinzelt wurden Erkrankungsfälle in den Südstaaten (insbes. Texas) u. im mittleren Westen der USA beschrieben.

Ätiopathogenese

  • Übertragung durch Insektenstiche der Familie der Triatomiden (Raubwanze). Als Erreger-Reservoir dienen zahlreiche Tiere, insbesondere Hunde, Katzen, Affen und Schweine. Im Gewebe Invasion des retikuloendothelialen Systems u. Ausbreitung über das Lymphgefäßsystem, später auch über die Blutbahn. Mit zunehmender Erkrankungsdauer Befall der inneren Organe, insbes. Herz, Muskeln, Nervensystem.
  • Übertragung auch durch Bluttransfusion, intrauterin oder mit der Muttermilch möglich.

Klinisches Bild

  • Inkubationszeit: 5-21 Tage nach Übertragung durch Raubwanzen, 30-40 Tage nach Bluttransfusion.
  • Akute Phase: Nur ca. 30-50% der neuinfizierten Patienten entwickeln akute Krankheitssymptome (die akute Phase wird zumeist bei Kindern gesehen!). Etwa 5 Tage nach dem Stich kommt es zur entzündlichen Schwellung in der Umgebung der Inokulation (Chagom), z.B. einseitige Gesichtsschwellung oder entzündlicher Tumor am Rücken oder Bein (mehrere Wochen persistierend). Bei Stich in die Lidhaut: Lidödem mit Konjunktivitis und einseitiger Gesichtsschwellung = Romana-Zeichen (läßt sich bei etwa 80% der Patienten nachweisen, bei denen dieser Infektionsweg eintrat).
  • Juckreiz, später regionale Lymphknotenschwellungen.
  • Vergrößerung der oberen äußeren Tränendrüse. Entwicklung rezidivierender multiforme-artiger Erytheme.
  • Weiterhin:
  • Fieber, generalisierte Ödeme, Hepatosplenomegalie, allgemeine Lymphknotenschwellung, Konvulsionen, Erbrechen, Diarrhoe,
  • Dilatative Kardiomyopathie (Chagas-Krankheit = häufigste Ursache einer DCM in Zentral-und Südamerika)
  • Muskuläre und nervale Degeneration des Gastrointestinaltraktes - Zerstörung des Auerbach-Plexus (Megaösophagus, Megacolon)  
  • Latenzphase: Lang andauernd (Monate-Jahre). Die Patienten sind meist symptomfrei. Selten kann es bei Patienten, die unter Erkrankungen leiden, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen ( HIV-Infektion), zum Wiederauftreten von akuten Krankheitssymptomen kommen.
  • Chronische Krankheitsphase ( Chagasleiden): Subakut oder chronisch kommt es zur Entwicklung von Myokarditis, Kardiomegalie, Reizleitungsstörungen, Herzinsuffizienz, Achalasie, Enzephalomyelitis, Megaösophagus, Megakolon.

Diagnose

  • Der Parasitennachweis gelingt hauptsächlich in der akuten Krankheitsphase und ist aufgrund der niedrigen Parasitendichte in der Latenzphase u. der chronischen Krankheitsphase seltener erfolgreich!
  • Akute Phase: Parasitennachweis im Chagompunktat, der Lymphknotenbiopsie oder dem Blutausstrich (dicker Tropfen, nativ oder Giemsafärbung).
  • Chronische Phase: Klinik; KBR; Hautreaktion mit Antigen aus Trypanosoma cruzi; Tierversuch mit infektionsfreien Raubwanzen (Nachweis der Erreger mehrere Wochen später im Raubwanzenkot); Nachweis von Antikörpern mit ELISA, oder IFT (6 Monate nach Infektion nahezu 100% Serokonversion (Kreuzreaktionen mit Leishmaniosen sind möglich!).

Differentialdiagnose

Interne Therapie

Nur in der akuten Krankheitsphase zeigte die medikamentöse Therapie gute Ergebnisse (kurativ in 80-95%); bereits in der Latenzphase ist diese sehr umstritten. In der chronischen Krankheitsphase konnte der Nutzen einer medikamentösen Therapie noch nicht belegt werden.

  • Medikament der 1. Wahl ist Nifurtimox (z.B. Lampit). Erwachsene 8-10 mg/kg KG/Tag p.o. in 4 ED, Kinder 15-20 mg/kg KG/Tag über 4 Monate, Cave! Toxizität!
  • Alternativ: Benznidazol (z.B. Radanil, Rochagan, Ragonil) 5-7 mg/kg KG/Tag für die Dauer von mindestens 2 Monaten. Abheilung in 6 Wochen bis zu 3 Monaten, ansonsten Übergang in das chronische Stadium (s. Chagasleiden).
  • Zusätzlich ggf. fiebersenkende Therapie mit Paracetamol (z.B. Ben-u-ron Tbl.) 3mal/Tag 500 mg. Regelmäßige internistische Kontrollen auf Mitbeteiligung der inneren Organe, ggf. intensivmedizinische Betreuung.

    Cave! Meningoenzephalitis ist häufig Todesursache bei erkrankten Kindern!

Prophylaxe

Maßnahmen zur Schaffung hygienischer Wohnverhältnisse. Bekämpfung der Raubwanzen mit Insektiziden. Individueller Schutz vor Raubwanzen (Moskitonetz, Fliegengitter). Raubwanzen sind nachtaktiv!

Literatur

  1. Chagas C (1909) Über eine neue Trypanosomiasis des Menschen. Archiv für Schiffs - und Tropen-Hygiene 13: 351-353
  2. Chagas C (1909) Nova tripanosomiase humana. Estudos sobre e morfologia e o ciclo evolutivo do Schizotrypanum cruzi n. gen. n. sp. agente etiologico de nova entidade morbida do homem. Mem Inst Oswaldo Cruz 1: 159–218
  3. Kirchhoff LV (2003) Changing Epidemiology and Approaches to Therapy for Chagas Disease. Curr Infect Dis Rep 5: 59-65
  4. La Forgia MP (2003) Cutaneous manifestation of reactivation of chagas disease in a renal translant patient: Long term follow-up. Arch Dermatol 139: 104–105
  5. Prata A (2001) Clinical and epidemiological aspects of Chagas disease. Lancet Infect Dis 1: 92-100

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