AmöbenkolitisA06.0

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Amöbenruhr; invasive intestinale Amöbiasis

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Definition

Darminfektion mit dem Protozoon Entamoeba histolytica.

Einteilung

Entamoeba histolytica.

Vorkommen/Epidemiologie

  • Weltweite Prävalenz: ca. 50 Mio. Menschen erkranken jährlich weltweit an invasiver Amöbiasis, bis zu 100.000 Todesfälle jährlich (WHO, 1997).
  • Vorkommen: überwiegend in warmen Ländern mit niedrigem hygienischen Standard, autochtone Infektionen in gemäßigten Zonen sehr selten (u.a. Sielarbeiter), Vorkommen bei männlichen Homosexuellen (oral-anale Kontakte, Enddarmspülungen).

Ätiopathogenese

Fäkal-orale Aufnahme von Zysten mit kontaminierten Nahrungsmitteln; Freisetzung von kleineren, vegetativen Formen, sogenannten Minutaformen (Trophozoiten) aus Zysten im Darm. Trophozoiten vermehren sich durch Zweiteilung und bilden Zysten, die im reifen, vierkernigen Zustand mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Wenn Trophozoiten in die Darmwand eindringen und Erythrozyten phagozytieren, werden diese zu sogenannten Magnaformen.

Klinisches Bild

  • Kolon: nach Invasion von Trophozoiten in die Schleimhaut entstehen bis in die Submukosa reichende unterminierte Ulzerationen, sogenannte Flaschenhals- oder Feldflaschen-Ulzera.
  • Bauchschmerzen, Fieber, "himbeergeleeartige", schleimig-blutige Durchfälle, leichtere Formen: breiig-wässrige Durchfälle (häufiger), bis in die Submukosa reichende Ulzerationen (sogenannte Flaschenhals- oder Feldflaschenulzera) schleichende Entwicklung über mehrere Wochen bis Jahre. Chronische Verläufe sind möglich.
  • Perforation
  • Toxisches Megakolon
  • Amöbom.

Diagnose

  • Im Stuhl:
    • Stuhlkultur (zum Ausschluss gleichzeitig auftretender bakterieller Infektionen)
    • Stuhl-Mikroskopie (Sensitivität von 70%): MIFC-Methode im Stuhl (bevorzugt im Nativstuhl, frischer Stuhl/Schleimflocke [in 3 Stuhlproben]): Mikroskopischer Nachweis von Zysten, Minutaformen und Magnaformen im Stuhl. Pathogene und apathogene Darmlumenformen können nicht differenziert werden, Charakteristika der Zysten: E. histolytica größer als 10 µm, E. histolytica maximal 4 Kerne. Nachweis von Magnaformen beweist die Amöbenkolitis.
    • Antigen-Nachweis (ELISA, Sensitivität mit Mikroskopie vergleichbar)
    • PCR (höchste Sensitivität)
  • Im Serum (Hinweis auf Invasion):
    • Serumantikörper (ELISA)
    • Transaminasen, Cholestaseparameter
    • Entzündungsparameter
    • Blutbild
    • Elektrolyte.
  • Bildgebung (Abszess, Perforation, Toxisches Megakolon):
    • Abdomensonographie
    • Computertomographie
    • Koloskopie.

Differentialdiagnose

  • Erkrankungen, die mit ähnlicher Klinik einhergehen können:
    • Bakterientoxin-induzierte Diarrhoe
    • Shigellose
    • Salmonellose
    • Campylobacter-Infektion
    • Yersiniose
    • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
    • Maligne Tumoren.

Komplikation(en)

  • Perforation mit Peritonitis
  • Toxisches Megakolon
  • Amöbom.

Therapie

  • Standard: Metronidazol 3mal/Tag 10 mg/kg KG (max. 3mal/Tag 800 mg) i.v. oder oral über 10 Tage (Dosierung für Erwachsene und Kinder).
  • In leichten Fällen: Tinidazol 2 g/Tag oral für 5 Tage (Kinder: 30 mg/kg KG/Tag, maximal 2 g/Tag). Tinidazol ist nicht mehr in Deutschland zugelassen, aber über Auslandsapotheke zu beziehen ( Off-Label-Use).
  • Anschließend Zystenbehandlung: Paromomycin 3mal/Tag 500 mg/Tag p.o. über 9-10 Tage (Kinder: 10 mg/kg KG/Tag).
  • Alternativ: Diloxanidfuroat, Nimorazol, Chloroquin.
  • Bei Schwangeren: Behandlung indiziert (allerdings sollten 5-Nitroimidazole im 1. Trimester nicht gegeben werden).

Prophylaxe

  • Nahrungsmittelhygiene (Eiswürfel, Salate, Speiseeis, offene Säfte)
  • Vermeidung oral-analer Sexualkontakte und Enddarmspülungen.

Nachsorge

  • Kontrolle des Therapieerfolges: bei schweren Verläufen: Blutbild, Leberwerte, Cholestaseparameter und Entzündungsparameter während und nach der Behandlung, Zeitabstände gemäß Schwere der Erkrankung.
  • Stuhluntersuchung: 6 Wochen nach Abschluss der Behandlung.

Hinweis(e)

Aktuelle Therapieempfehlungen sind den AWMF-Leitlinien zu entnehmen.

Literatur

  1. Annesley J (1828) Researches into the causes, nature and treatment of the more prevalent diseases of warm climates generally. Longman, Rees, Orme, Brown and Green, London, Vol. 2 S. 247
  2. Budd G (1857) On diseases of the liver. Churchill, London, United Kingdom
  3. Burchard GD et al. (2003) Therapy of tropical diseases after returning from travel. Internist 44: 633-642
  4. Kucik CJ et al. (2004) Common intestinal parasites. Am Fam Physician 69: 1161-1168
  5. Losch FA (1975) Massive development of amebas in the large intestine. Translation from the original in Russian. Am J Trop Med Hyg 24: 383-392

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024