Fußsyndrom diabetischesE10.70 oder E11.70

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

DFS; diabetischer Fuß

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Definition

Komplex von krankhaften, an den Füßen lokalisierten Symptomen, die direkt oder indirekt als Folge eines meist langzeitig bestehendes Diabetes mellitus angesehen werden. Die Symptome im Einzelnen: bakterielle und mykotische Infektionen, druckbedingte Ulzerationen (s.u. Malum perforans) und/oder Zerstörung tiefer Gewebepartien, schwere neuropathische Störungen des Fußes bis hin zu komplexen ossären Destruktionen (s.u. Charcot-Arthropathie), komplikative, Diabetes-induzierte periphere arterielle Durchblutungsstörungen unterschiedlichen Grades ( pAVK).

Einteilung

Einteilung nach Wagner:
  • Risikofuß, keine Ulzeration, ggf. Fußdeformität
  • Oberflächliche Ulzeration (meist durch unsachgemäßes Schuhwerk; s.u. Malum perforans)
  • Fußdeformität
  • Tiefes Ulkus bis zur Gelenkkapsel, zu Sehnen oder Knochen
  • Tiefes Ulkus mit Abszess, Osteomyelitis oder Infektion der Gelenkkapsel
  • Begrenzte Nekrose im Vorfuß- oder Fersenbereich
  • Nekrose des gesamten Fußes.

Vorkommen/Epidemiologie

4-10% der Patienten mit Diabetes mellitus leiden unter dem DFS.

Ätiopathogenese

Durch Glyzierung (nicht-enzymatische Glykosylierung) kommt es zu unkontrollierter Einlagerung von  Glukose in zahlreiche Gewebe, so z.B.in Gefäßen, Nerven, Bindegewebe u.a.

Die Folgen sind:

  • autonome, motorische und sensible Nervenstörungen (diabetogene Neuropathien)
  • Immunsuppression durch die Glyzierung immunkompetenter Zellen (v.a. Makrophagen, Leukozyten)
  • Veränderungen der Fließeigenschaften durch Viskositätserhöhung des Blutes
  • Makroangiopahien (Carotis, große Gefäße der Beine: PAVK, in typischer Weise unterhalb des Knies).

Risikofaktoren für das diabtische Fußsyndrom sind:

  • Lange Diabetesdauer:
  • Hohe Blutzuckerwerte
  • Hypercholesterinämie
  • Nikotinabusus
  • Vorhandensein von Retinopathie, Nephropathie oder  Neuropathie
  • Verminderte Sensibilität
  • Schwielenbildung durch Fehlbelastungen (durch Neuropathie nicht oder nur vermindert schmerzhaft)
  • Herabgesetzte Muskelkraft (eingeschränkte Stabilisierung des Fußes)
  • Manifestes Ulcus cruris oder Ulcus in der Anamnese
  • Arterielle Hypertonie
  • Bewegungsmangel
  • CVI (chronische venöse Insuffizienz mit Verminderung der Gelenkmobilität im Sprungegelenk - arthrogenes Stauungssyndrom)
  • Eingeschränkte Gelenkmobilität
  • Plantare Hyperkeratosen
  • Ungeeignetes Schuhwerk.

Klinisches Bild

Initial: warme, trockene, rote Füße bei verminderter Sensibilität, mit meist ausgeprägter Schwielenbildung an Druckstellen.

Fortschreitend: Bildung von polyneuropathischen, schmerzlosen Ulzera an druckexponierten Stellen des Fußes (s.u. Acropathia ulcero-mutilans non-familiaris).

Spätkomplikationen:

  • Infektionen: mykotische und bakterielle Infektionen unterschiedlicher Schweregrade (Erysipel, gramnegativer Fußinfekt, Fußphlegmone, nekrotsisierende Fasziitis, Osteomyelitis)
  • Charcot-Arthropathie
  • Zunehmende krankheitsinduzierte, erzwungende Immobilität der Patienten mit deren Folgesymptomen.

Diagnose

Sorgfältige Inspektion der Füße: neuropathische, nicht schmerzhafte, an Druckstellen auftretende Ulzera sind das typische Leitsymptom des diabetischen Fußsyndroms

Gezielte Anamnese

Prüfung der Berührungssensibilität

Fußpulse

Knöchel-Arm-Index

Ggf. radiologische Diagnostik: DSA oder Angio-MRT.

Therapie

Die Therapie beruht auf mehreren Säulen:

  • Diabetesoptimierung
  • Druckentlastung
  • Infektionskontrolle (bakteriologische Überwachung, auch gramnegative Keime, z.B. Escherichia coli)
  • modernes Wundmangement mit Wundreinigung, ggf. Nekrosektomie
  • Konsequente und Situations-adaptierte Therapie der Gefäßerkrankung.

Bei der Wundbehandlung sind Wundverbände mit Silber-Aktivkohle-Auflagen empfehlenswert. Später kann die Granulation der Wunde mit einer Kalzium-Alginat-Auflage gefördert werden. Je nach Schwere der Schädigung sind u.U. Minoramputationen (geringfügige Amputationen) erforderlich. Schulung des Patienten (Wund- und Diabetesschulung).

Literatur

  1. Hertel T et al (2014) Diabetisches Fußsyndrom. Haut14:190-195
  2. Risse A (2014) Das diabetische Fußsyndrom. Vasomed 26:191-196

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024