Studie, klinische

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autoren:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Klinische Prüfung; Klinische Studie; Klinische Studien

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Definition

Zentrales Instrument der Forschung in den klinischen Bereichen von Diagnostik, Therapie und Prävention (§4, Absatz 23 Arzneimittelgesetz, AMG). Klinische Studien sind ein essentieller Teil der Innovationskette von der Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Anwendung in der Patientenversorgung (s.u. Leitlinien, Evidenz-basierte). Sie sind unverzichtbar für den Transfer von Forschungserkenntnissen, die in der Grundlagenforschung generiert werden, in den medizinischen Anwendungsbereich. Klinische Studien ermöglichen damit die Bereitstellung von innovativen neuen Medikamenten, die geeignet sind, Krankheiten effektiver und erfolgreicher als zuvor zu behandeln.

Hinweis(e)

Durchführung einer klinischen Studie

  • Klinische Studien der pharmazeutischen Industrie werden von den Pharmakonzernen selbst oder von hierzu mit der notwendigen Expertise ausgestattete Dienstleistern (Contract Research Organisations) durchgeführt. Die erhobenen Daten werden in geeignete Klinische Datenbankmanagement-Systeme (Clinical Database Management System, CDBMS) eingegeben. Haben alle Patienten eine Studie durchlaufen (es gibt auch Drop Outs, die aufgrund verschiedener Ereignisse die Teilnahme an Studien abbrechen), so wird das CDBMS für Eingaben gesperrt (Database Lock). Danach werden die zuvor geplanten statistischen Analysen durchgeführt und entsprechende Berichte (Reports) generiert. Je nach Zweck der Studie (Marketingstudie, Phase-I- oder -III-Studie) dient der Report als Grundlage zur Publikation oder ist Bestandteil eines Zulassungsantrages.

Planung und Durchführung

  • Festlegung eines Studienprogrammes, Zielrichtung und grobe Planung der Abfolge mehrerer Studien hintereinander; Erstellung eines Studienprotokolls, das u.a.:
    • die Ziele und zu überprüfende Hypothese,
    • das Studiendesign,
    • die Behandlung (Medikament, Dosierung usw.),
    • die statistischen Auswertemethoden,
    • die Ein- und Ausschlusskriterien für Patienten,
    • die zu erhebenden Messwerte (Standardlaborwerte wie Blutwerte, Urinuntersuchungen, Leberwerte sowie spezielle Messwerte von Biomarkern etc.)
    • die Visitenplanung (an denen Messwerte erhoben werden)
    • Abbruchkriterien für einen Patienten enthält.
  • Das Studienprotokoll muss von Behörden genehmigt werden.

Sponsor:

  • Natürliche oder juristische Person, die die Verantwortung für die Veranlassung, Organisation und Finanzierung einer klinischen Prüfung bei Menschen übernimmt (§ 4 Abs. 24 AMG).

Träger:

  • Meist die pharmazeutische Industrie (siehe auch Pharmaforschung), Universitätsinstitute und angegliederte Forschungseinrichtungen, die nicht selten über Drittmittel von der pharmazeutischen Industrie gesponsert werden, sowie staatliche, halbstaatliche und sonstige gemeinnützige Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Prüfer:

  • In der Regel ein für die Durchführung der klinischen Prüfung bei Menschen in einer Prüfstelle verantwortlicher Arzt. Wird eine Prüfung in einer Prüfstelle von mehreren Prüfern vorgenommen, so ist der verantwortliche Leiter der Gruppe der Hauptprüfer. Wird eine Prüfung in mehreren Prüfstellen durchgeführt, wird vom Sponsor ein Prüfer als Leiter der klinischen Prüfung benannt (§ 4 Abs. 25 AMG).

Leiter der klinischen Prüfung (LKP):

  • Die GCP-Richtlinie sieht die Person des Leiters der klinischen Prüfung nicht vor. Die Umsetzung durch die 12. AMG-Novelle erfolgte jedoch, ohne auf die Person des Leiters der klinischen Prüfung zu verzichten. Im Falle von multizentrischen Studien soll einer der teilnehmenden Prüfer die Position des Leiters der klinischen Prüfung einnehmen. Bei monozentrischen Studien wird dieser ersetzt durch den Hauptprüfer bzw. den einzigen Prüfer. Bzgl. der Qualifikation des Leiters ist nach § 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 AMG eine mindestens zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Arzneimitteln Voraussetzung.

Prüfpräparat:

  • Darreichungsformen von Wirkstoffen oder Placebos, die in einer klinischen Prüfung am Menschen getestet oder als Vergleichspräparate verwendet oder zum Erzeugen bestimmter Reaktionen am Menschen eingesetzt werden. Hierzu gehören Arzneimittel, die nicht zugelassen sind, und zugelassene Arzneimittel, wenn diese im Rahmen einer klinischen Prüfung am Menschen in einer anderen als der zugelassenen Darreichungsform oder für ein nicht zugelassenes Anwendungsgebiet oder zum Erhalt zusätzlicher Informationen über das zugelassene Arzneimittel eingesetzt werden (§ 3 Abs. 3 GCP-V).

Ethik-Kommission:

  • Unabhängiges Gremium aus im Gesundheitswesen und in nichtmedizinischen Bereichen tätigen Personen, dessen Aufgabe es ist, den Schutz der Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen von betroffenen Personen im Sinne des Absatzes 2a zusichern und diesbezüglich Vertrauen der Öffentlichkeit zu schaffen, indem es unter anderem zu dem Prüfplan, der Eignung der Prüfer und der Angemessenheit der Einrichtungen sowie zu den Methoden, die zur Unterrichtung der betroffenen Personen und zur Erlangung ihrer Einwilligung nach Aufklärung benutzt werden und zu dem dabei verwendeten Informationsmaterial Stellung nimmt. (§ 3 Abs. 2c GCP-V).

Good Clinical Practice (GCP)

  • Nach der EU-Richtlinie 2001/20 Art. 1 Satz 2 wird die "gute klinische Praxis" folgendermaßen definiert: Sie umfasst einen Katalog international anerkannter ethischer und wissenschaftlicher Qualitätsanforderungen, die bei der Planung, Durchführung und Aufzeichnung klinischer Prüfungen an Menschen sowie der Berichterstattung über diese Prüfungen eingehalten werden müssen. Die Einhaltung der Bestimmuingen gewährleistet, dass die Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen der Teilnehmer an klinischen Prüfungen geschützt werden und dass die Ergebnisse der klinischen Prüfungen glaubwürdig sind.

Phasen in der Entwicklung eines Arzneimittels:

  • Die Entwicklung eines Arzneimittels wird in verschiedene klinische Phasen unterteilt (Phase 0 bis Phase IV). Diese Unterteilung geht auf den "Code of Federal Regulations" der US-amerikanischen Behörde FDA (US Food and Drug Administration) zurück. Die Genehmigung zu einer Studie einer bestimmten Phase wird von der entsprechenden Aufsichtsbehörde dann erteilt, wenn die vorausgegangene Studienphase mit Erfolg abgeschlossen wurde.

Präklinische Phase (Phase-0-Studie: Pharmakokinetische Studie, Pharmakodynamik, Tests mit subtherapeutischen Dosen, z. B. Microdosing)

  • Ein Wirkstoff hat, hat bevor er die Phase I durchläuft, eine präklinische Phase zu bestehen. Nur etwa 8 % der präklinisch getesteten Wirkstoffe haben auf Grund vielfältiger Mängel (z.B.mangelnde Wirksamkeit oder ungünstige Pharmakokinetik des neuen Wirkstoffs im Menschen) eine Chance eine Zulassung, bzw. Marktreife zu erlangen. .

Phase-I-Studie (Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, Verträglichkeit und Sicherheit des Medikaments)

  • In einer Phase-I-Studie wird die Verträglichkeit des Arzneimittels zunächst an einer kleinen Gruppe von Studienteilnehmern überprüft. Untersucht wird außerdem, in welcher Dosierung das neue Medikament am besten verabreicht werden kann, wie der Wirkstoff im Körper aufgenommen und ausgeschieden wird und wie er sich verteilt.

Phase-II-Studie (Phase II Überprüfung des Therapiekonzepts (Proof of Concept, Phase IIa), Findung der geeigneten Therapiedosis (Dose Finding, Phase IIb), positive Effekte der Therapie sollten zu beobachten sein)

  • Auf den Informationen und ersten Erfahrungen aus der Phase-I-Studie baut die Phase-II-Studie auf. Hierbei wird der optimale Dosierungsbereich festgelegt (Dosisfindung). Bei Phase-II-Studien zur Dosisfindung werden oft 4 oder mehr Dosierungen gleichzeitig überprüft (z. B. randomisiert, doppel-verblindet und placebokontrolliert).

Phase-III-Studie (Signifikanter Wirkungsnachweis (Pivotal Study) und Marktzulassung der Therapie; nach Marktzulassung werden laufende Studien dann zu IIIb-Studien)

  • Ziel einer Phase-III-Studien ist der Beleg für die Wirksamkeit eines neuen Medikaments. An einer Phase III Studie ist eine größere Zahl von Patienten (>100 bis 1000), die bestimmte Ein- und Ausschlusskriterien erfüllen müssen beteiligt. Das Resultat der Phase-III-Studie sit ausschlaggebend für die abschließende Entscheidung des BfArM (Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte), ob eine Zulassung erteilt wird.

Phase-IV-Studie (Erfolgen mit bereits zugelassenen Medikamenten in der zugelassenen Indikation. Zulassungsbehörden verlangen oftmals derartige Studien, z. B. zur Feststellung sehr seltener Nebenwirkungen, die erst in großen Patientenkollektiven erkennbar sind. Häufig werden Phase IV Studien aber auch zu Marketingzwecken verwendet)

  • Nach erfolgter Zulassung kann ein Arzneimittel in einer Phase-IV-Studie weiterhin untersucht werden. Hierbei kann ein wesentlich größerer Kreis von Patienten studienmäßig erfasst werden. nehmen, und zwar auch solche, die bisher ausgeschlossen waren wie z.B. ältere Patienten oder Patienten mit Zweit-oder Mehrfacherkrankungen.

Besonderheiten Es gibt Situationen bei denen kontrollierte und randomisierte Studien nicht oder nur schwer durchführbar sind . Die Gründe hierfür sind z.B.:

  • Seltenheit der Krankheit (orphan disease)
  • Ausschluss einer Kontrollgruppe aus ethischen Gründen (es ist davon auszugehen, dass der zu testende Wirkstoff einen gravierenden therapeutischen Vorteil besitzt)
  • invasive Therapien (es müßte z.B. eine Scheinoperation durchgeführt werden)

Für diese Fälle sieht der Gesetzgeber alternative Studientypen vor:

  • Fall-Kontroll-Studie
  • Kohorten-Studie
  • Prä-Post-Studie.

Die Aussagen derartiger Studien lassen nur eingeschränkte Aussagen über die untersuchte Therapieform zu. Im Rahmen der evidenzbasierten Medizin ist man bestrebt, für jedes Therapieverfahren eine möglichst gute wissenschaftliche Grundlage herzustellen. Therapie-Optimierungs-Prüfungen (TOP)

  • Hierbei werden meist verschiedene Behandlungsmethoden mit erwiesener Wirksamkeit in anderer zeitlicher Abfolge oder mit anderen Dosierungsschemata angewendet oder neu kombiniert. Der Unterschied zur allgemein üblichen Therapie ist nicht sehr groß, das Risiko für den beteiligten Patienten ist gering.

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